Im Spätsommer, wenn die Knollen noch klein und zart sind, schmeckt die Rote Bete am besten.
Es soll Leute geben, die kennen Rote Bete immer nur süss-sauer
eingelegt, aus dem Glas - als Farbklecks auf der
Wirtshaus-Salatplatte oder vom pink gefärbten Heringssalat.
Ansonsten weiss man hierzulande mit der Roten Bete nicht allzuviel anzufangen.
In Osteuropa gelten die kugeligen roten Rüben mit dem wundervoll erdigen Geschmack als Basis für einen
typischen Eintopf, den herzhaften Borschtsch, für den es wahrscheinlich ebenso viele Rezepte wie
Hausfrauen gibt. In Frankreich liebt man Rote Bete als Teil der gemischten Rohkostplatte, crudites genannt
- sinnigerweise
übrigens als einzige gekochte Zutat. In Italien immerhin verarbeitet man sie zu den verschiedensten
Gerichten und nimmt sie zum Färben von Nudelteig. Wie gründlich der Saft färbt, beweist die weisse
Bluse, aus der sich Saft nur schwer herauswaschen lässt; auch die Hände bleiben tagelang davon
eingefärbt, wenn man sie zuvor nicht mit Zitrone eingerieben hat. Wenn die Rote Bete Farbe bekennen soll,
darf man sie nicht anschneiden oder verletzen. Die Blattansätze stehenlassen, auch das Wurzelende nicht
kappen - erst die garen
Knollen schälen.
Vermutlich hat es mit Sparsamkeit zu tun, dass man bei uns Rote Bete nicht dann verspeist. wenn sie
sich auf ihrem geschmacklichen Höhepunkt befindet: nämlich im Sommer. Die kleinen, etwa
tischtennisballgrossen Knollen könnten ja noch wachsen! Auf Bauernmärkten werden sie jedoch auch in
diesem Zustand angeboten, wie überdimensionierte Radieschen mitsamt ihrem Laub gebündelt.
Dann heisst es zugreifen, denn so sind sie zart und köstlich, ein herrlicher Genuss. Übrigens schmecken
derart jung auch die noch zarten Blätter - entweder, wie Spinat mit Zwiebeln und Knoblauch
gedünstet, als Gemüse oder blanchiert als Hülle um eine Hackfleischfarce; eine Variation zur altbekannten
Kohlroulade.