Das Problem mit der Weinkarte hat bestimmt schon jeder persönlich erlebt: man findet dicke, dünne,
grosse und kleine Weinkarten,
solche mit Ledereinband oder einfacher in eine Plastikfolie gesteckt.
Woran aber erkennt man die Qualität? Diese Frage lässt sich leider nicht in drei Sätzen beantworten, aber
wir können heute mehrere Aspekte beleuchten, um der Sache näher zu kommen.
Für wichtig halte ich das Angebot der "offen ausgeschenkten" Weine.
Hier findet man in der Regel Billigprodukte, wie zum Beispiel Weine aus der Literflasche, während
Qualitätsweine aus 0,75l Flaschen nie oder nur selten als Viertel oder glasweise angeboten werden. Als
Einzelgast oder als Autofahrer kann man eine ganze Flasche Wein auf keinen Fall trinken. Ich finde es
ärgerlich, wenn man in dieser Situation auf Müller-Thurgau oder Lambrusco verwiesen wird. Eine
gute Weinkarte hat auch diesen Aspekt zu berücksichtigen Eine gute Weinkarte sollte Angebote in allen
Preislagen und für jedes Portemonnaie enthalten. Das heisst, dass es auch gute Weine unter 50.- DM gibt
und nicht nur 200-300.- DM Flaschen. Ich habe selber
öfter die Beobachtung gemacht, dass sich kaum ein Gast getraut den billigsten Wein zu bestellen. Dabei
könnten Sie davon ausgehen, wenn der preisgünstige Wein schon gut schmeckt, so handelt es sich
gewiss um eine gute Weinkarte.
Mein Freund freut sich immer sehr, wenn auf den Weinkarten die Weine kurz beschrieben sind. Das ist
zwar für den Wirt mit einigem Aufwand verbunden, aber der Gast erkennt gleich, ob ihn ein leichter und
fruchtiger Wein oder umgekehrt ein üppiger barriquegereifter Wein erwartet.
Ähnlich verhält es sich mit der Angabe "im Barrique gereift". Ich empfinde eine solche Charakterisierung in
jedem Fall als sehr angenehm. Sollte in dem Restaurant ein guter Sommelier zur Verfügung stehen, kann
er dieses natürlich persönlich vermitteln.
Ein grosser Unterschied zwischen einer deutschen Weinkarte und einer Weinkarte aus Frankreich, Italien
oder Spanien ist, dass in Deutschland meist Weine aus der ganzen Welt angeboten werden. In unseren
Nachbarländern ist es dagegen üblich, Weine aus der Region oder nationale Weine zu trinken. Ein gutes
Sortiment der regionalen Weine halte ich für absolut zwingend, würde mich aber freuen, auch Weine aus
Chile oder Spanien kennenlernen zu können.
Wenn Sie eine Weinkarte nun wirklich absolut kritisch betrachten möchten, sollte der Sommelier sowohl
Klassiker unter den Weinen anbieten, als auch Geheimtipps und gute Qualität zu erschwinglichen Preisen.
Die Sommeliers haben im Gegensatz zu einem normalen Verbraucher viele Möglichkeiten neue Weine zu
verkosten und neue Entdeckungen zu machen. Auf der anderen Seite gibt es auch Weine, an die man gar
nicht so ohne weiteres herankommt. Ich weiss aus eigener Erfahrung, dass ich mich bei einigen Winzern
regelrecht hochdienen musste, um die besonderen Weine erwerben zu können. Wenn ich derartige
Raritäten auf einer Weinkarte entdecke, dann kann ich sicher sein, eine gute Weinkarte zu lesen.