Mein Garten ist in diesem Jahr noch leicht vergammelt. Keine Zeit gehabt im letzten Herbst, Verbluehtes,
Vertrocknetes und Verdorrtes abzuschneiden. Doch die Natur ist gnädig. Tulpen, Narzissen, Tränendes
Herz bluehen, als ob sie gepflegt worden wären. Ich kann Petersilie und Schnittlauch schneiden.
Pfefferminze zeigt sich bereits pflückbereit. Und Sauerampfer. Und fünf Sorten Thymian.
Salbei sowieso; der bleibt mir jeden Winter treu und kann immer frisch geerntet werden. Genauso wie der
Rosmarin.
Doch jetzt ist Handlungs- beziehungsweise Pflegebedarf. Der
Schnittlauch wird bald von den Pfingstrosen in den Schatten gestellt, die Petersilie von den Hortensien. Es
gibt viel zu tun; ich sollte alles anpacken! Gartenarbeit ist angesagt. Am nächsten Wochenende muss es
sein. Wetter hin oder her. Schliesslich könnte ich mir auch Gummistiefel, eine wetterfeste Jacke und einen
dicken Hut anschaffen.
Die Wetterprognose sieht ein wenig Regen vor, aber immerhin achtzehn Grad. Sollte es kühler werden,
werde ich den letzten Tee Rum des Frühlings trinken, bei Wärme ein grosses Glas eiskalten Champagner.
Für alle erwähnten Kräuter, die bald keinen Platz mehr haben und deshalb in der Küche verarbeitet werden
müssen, habe ich drei Rezepte: klein hacken, mit Halbfettquark mischen, gut würzen mit
Salz und Pfeffer und zu jungen, ganz kleinen "Gschwellti" servieren.
Das war die erste, zugegeben nicht sehr phantasievolle Idee. Die zweite: alles klein hacken und separat
einfrieren. Ja, da steckt noch
weniger Phantasie dahinter.
Die dritte Idee ist dafür Spitzenklasse: Frittata! Das ist
eigentlich die italienische Version eines Omeletts. Dabei werden die Eier nicht separat gebacken und
nachher gefüllt, sondern mit allen Zutaten gleichzeitig gegart.
Für vier Personen braucht es sechs Eier, hundert Gramm Ricotta (nicht Quark, aber eine Art Quark), einen
Esslöffel gehackte Kräuter (oder nur eine Sorte), Salz und Pfeffer. Dann geht es fix weiter. Die Eier in einer
Schüssel verquirlen, die Ricotta mit einer Gabel zerpflücken und darunterziehen. Mit den Kräutern, Salz
und reichlich Pfeffer abschmecken. In einer Bratpfanne zwei Esslöffel bestes Olivenöl sehr heiss werden
lassen, die Eimasse hineingiessen und setzen lassen. Die Temperatur zurücknehmen. Entweder
beherrschen Sie den Trick mit dem Wenden eines riesigen Omeletts oder nicht. Auf jeden Fall muss die
Frittata umgedreht werden, sobald ihr Boden durchgebacken ist. Wenn Sie das nicht schaffen, nehmen Sie
einen Pfannendeckel, legen ihn auf die Bratpfanne, kippen den Inhalt um und versuchen, die Frittata mit der
gebratenen Seite nach oben sanft in die Pfanne zurückgleiten zu lassen und die helle Seite wiederum
goldbraun zu backen. Ohne Übung gelingt keine der beiden Methoden.
Macht nichts. Sie servieren die Frittata bereits aufgeschnitten auf heissen Tellern. Niemand sieht die
Furchen und Täler und unschönen Kanten, die sich bei Wenden gebildet haben könnten. So, mit Salat
serviert, ist dies ein vegetarisches Hauptgericht. Sie können, wie ich dies tü, unter die Eimasse auch
Schinkenstreifen mischen.
Wenn Ihnen das ganze Drehen und Wenden total misslingt, dann schneiden Sie alles am Schluss in kleine
Häppchen, lassen sie auskühlen, und servieren Sie sie als Amuse-bouches mit kühlem
Weisswein.