Tausende Pilzarten gedeihen in jedem Wald. Die allermeisten sind winzig, viele kaum grösser als ein
Markstück. Sie thronen auf Baumstümpfen, wachsen an den Stämmen alter Bäume, besiedeln Äste und
Moospolster oder sitzen am Boden inmitten der Laubstreu. Der Pilzsammler schenkt ihnen gemeinhin
keine Beachtung. Sein Augenmerk gilt den sogenannten Grosspilzen, insbesondere jenen Exemplaren, die
er sich genussvoll auf der Zunge zergehen lassen kann.
Auf Nummer Sicher gehen Mitunter aber ist es um das Wissen über Pilze nicht zum Besten bestellt. Ja,
eine Marone, die können die meisten noch sicher erkennen. Unter ihrem kastanienbraunen Hut trägt sie ein
schwammartiges, mal gelbliches, mal grünliches Gewebe. Drückt man es, läuft es blau an.
Nimmt man es heraus und bricht es durch, sieht man zahllose lange Röhren, die parallel angeordnet sind.
Das ist das Kennzeichen aller Röhrlinge. Zu ihnen gehören so hervorragende Speisepilze wie der Stein-
und der Birkenpilz, die Rotkappe und der Butterpilz. In
Deutschland sind die meisten Mitglieder dieser Pilzgruppe essbar. Nur wenige sind ungeniessbar. Sie
schmecken aber derart bitter, dass man sie meist gar nicht erst verzehrt. Gefährlich giftig ist bei uns kein
Röhrling. Hingegen gibt es besonders unter jenen Pilzen, die Lamellen unter dem Hut tragen, zahlreiche
tödlich giftige Arten.
Im Zweifel sollten Sammler da her stets auf Nummer Sicher gehen.
Gefährliche Doppelgänger Vorsicht ist allerdings immer geboten: Wer sich nicht genau auskennt
und sich nicht hundertprozentig sicher ist, um welche Pilzart es sich handelt, sollte auf jeden Fall die
Finger davon lassen. Zumindest aber empfiehlt es sich, eine der zahlreichen Pilzberatungsstellen
aufzusuchen. Sie sind meist Naturkundemuseen oder Botanischen Instituten von Universitäten
angeschlossen. Ungeuebte sollten sich nicht scheuen, dort fachkundigen Rat einzuholen, denn es gjbt
zahlreiche Doppelgänger im Reich der Pilze. So kann man beispielsweise das leckere
Stockschwämmchen, das meist auf modern-den Baumstümpfen wächst, mit dem ungeniessbaren
Grünblättrigen Schwefelkopf oder dem leicht giftigen Nadelholz-Schüppling verwechseln. Noch schwieriger
und selbst für
Experten mitunter kaum möglich ist die Unterscheidung des geniessbaren Perlpilzes vom hochgiftigen
Pantherpilz. Zuweilen wachsen beide Arten auch noch dicht nebeneinander. Es reicht also nicht, nur einen
Perlpilz zweifelsfrei zu identifizieren. Man muss auch alle anderen, die im Umfeld gedeihen, präzise
bestimmen, bevor man sie eventuell nach Hause trägt. Grundsätzlich sollten jedoch auch essbare Pilze
niemals in zu altem Zustand oder roh verzehrt werden.
Fliegenpilz - Augenweide im Unterholz
Leider gibt es immer noch einige rücksichtslose Zeitgenossen, die sich bei der Pilzsuche wie die Axt im
Walde benehmen. Sie treten alles um, was sie nicht in die Pfanne hauen können. Nehmen wir zum
Beispiel den Fliegenpilz. Für viele ist der Rotschopf mit den weissen Schuppen auf dem Hut der Giftpilz
schlechthin. Dabei sind seine Verwandten, die Knollenblätterpilze, um vieles giftiger noch.
Wer gibt uns eigentlich das Recht, diese leuchtend rote Zierde des Herbstwaldes zu zerstören? Solch ein
Frevel ist zu Recht verboten.
Er schadet nämlich dem Waldökosystem. Alle Pilze, ob giftig oder nicht, gehören zum Naturhaushalt. Sie
leisten einen enorm wichtigen Beitrag im biologischen Kreislauf des Waldes. Zum Beispiel zersetzen sie
totes Holz und altes Laub. Die dadurch freigesetzten Nährstoffe kommen allen Pflanzen des Waldes
zugute. Viele Baumarten sind sogar auf das enge Zusammenleben mit Pilzen in einer sogenannten
Symbiose angewiesen. Uber ihre Wurzeln halten sie Kontakt zu den im Erdboden ausgebreiteten
Pilzmycelien und tauschen so Nährstoffe und Mineralien aus. Wo Pilze wachsen, ist der Wald gesund und
im Durchschnitt um zwanzig Prozent ertragreicher. Bedauerlicherweise geht die Zahl der heimischen
Pilzarten mehr und mehr zurück.
Hauptgrund ist die Beeinträchtigung, Veränderung und Vernichtung ihrer Lebensräume beispielsweise durch
intensive Waldwirtschaft. In Naturschutzgebieten ist das Sammeln von Pilzen deshalb untersagt.
Wahre Naturfreunde halten sich daran.
Der wahre Pilz wächst unterirdisch Was der Mensch erntet, um es zu verspeisen, ist nur der Fruchtkörper
des Pilzes. Den wahren Pilz bekommt man nicht zu Gesicht. Er breitet sich als feines Fadengeflecht
(Mycel> unterirdisch aus und zwar oft über mehrere, gelegentlich sogar über hunderte Quadratmeter
Fläche. Kein Wunder, dass der grösste Organismus auf Erden ein Pilz ist, wenn auch kein heimischer.
Kenner wissen, wo sich ein Fruchtkörper aus dem Boden schiebt, ist der nächste meist nicht weit. Es
lohnt sich also immer, auch die nähere Umgebung einer Fundstelle unter die Lupe zu nehmen. Ist man
fündig geworden, sollte man den Pilz entweder mit einem Taschenmesser dicht über dem Boden
abschneiden oder ihn behutsam aus dem Erdreich herausdrehen. Auf diese Weise bleibt das wertvolle
Mycel weitgehend unbeschädigt. Es kann dann neue Fruchtkörper bilden, wenn vielleicht auch nicht mehr
in diesem Jahr, dann wenigstens im nächsten.