Als Noah nach verflossener Sündenflut die Arche verliess, wurde ihm sozusagen von höchster Instanz
auch der Genuss von Fleisch erlaubt.
Im ersten Buch Mose heisst es: "Alles, was sich regt und lebt, das
sei eure Speise." Der alte Menschenvater dachte kulinarisch weiter.
Er legte einen Weinberg an und betrank sich an der ersten Ernte. Das haben Moralprediger später
zuernend als Verlust des rechten Masses gebrandmarkt. Dies kann man generöser, genüsslicher sehen
und Noah als ersten Gourmet hochleben lassen: Er pflanzte Reben, weil er
ahnte, dass Essen erst in Verbindung mit Wein zu einem abgerundeten Stück Kultur wird.
Das braucht nicht langmächtig belegt zu werden, dafür gibt es in der Praxis viele Beispiele, darunter auch
puristische. Kombinationen wie z.B. Chablis und Austern, Weissburgunder und Fisch, Silvaner und
Sauerkraut, Sauvignon blanc und Gemüseauflauf.
Das Kombinieren von Speisen und Wein gehört zu den einfachsten und zugleich schwierigsten Übungen
der Kulinarik - je nach Anspruch. Simpel ist
es, wenn man sein Essen angenehm, aber nicht unbedingt perfekt begleitet haben will, denn es gibt Joker
unter den Weinen, die sich sauber jedem Menü anpassen. Und man mache sich den Spass, blind mit dem
Zeigefinger in eine Weinkarte zu tippen: In der Mehrheit der Fälle
wird der Zufallstreffer passen, vorausgesetzt, man isst nicht gerade Forelle blau und hat die Seite mit den
roten Bordeaux aufgeschlagen.
Kompliziert kann die Partnersuche werden, wenn absolute Harmönie zwischen Speise und Getränk
gewünscht ist, egal, ob es um die Inszenierung der grossen Gourmet-Oper geht oder nur um ein Gericht.
Da helfen Erfahrung, mehr noch die praktische Übung am Objekt und die Unbekümmertheit, auch mal
wider alle Regeln zu verstossen. Aus Büchern und Magazinen kann man sowieso nichts lernen, weil
allgemeingültige Gesetze viel zu weit gefasst sind.
Natürlich gibt es einfache Verbindungen, die immer stimmen:
Muskateller und Honigmelone, Mèdoc und Lamm, Cote-Rotie und geschmorter Hasenrücken
oder Rehpfeffer, Mersault und Fisch in Buttersauce, Madrian und gratinierter Fleischeintopf, Ros#-
Champagner und Ziegenkäse, in
Rindsbrühe pochierte Gänseleber und ausgereifter Riesling. Das sind reintönige Akkorde, sofern nach
klassischen Rezepturen gekocht wurde und die Weine sauber ausgebaut worden sind.
Neue kulinarische Ufer erreicht man mit dem Mut zum Ungewöhnlichen.
Zu karamelisiertem Apfelkuchen (leicht mit Zimt gewürzt) passt ein alter roter Burgunder. Pralinen - wie
überhaupt Schokoladiges - harmonieren
bestens mii Portwein. Stilton verheiratet sich schön mit altem Solera Cream Sherry. Und man probiere zum
Auftakt der Saison einmal Muscheln in Tomatensauce mit einem kernigen Ros# (wie z. B. dem Tavel von
Guigal oder von Chäteau d'Aqueria, beides Rhône-Weine). Das sind reintönige
Akkorde, die dem Gaumen schmeicheln und uns dem Zustand des vollkommenen Glücks näher bringen.