Champagner ist nicht nur der Festklassiker unter den grossen Weinen dieser Welt, sondern auch eine
prickelnde Einladung zur zärtlichen Verführung, zum genüsslichen Zelebrieren besonderer Zeiten und zum
Verfeinern exklusiver Rezepte. Ihn nur auf das unsägliche "Cüpli" undefinierbaren Inhalts zu reduzieren ist
für die aufwendige "Assemblage" geradezu eine Beleidigung.
"Ach wie herrlich perlt die Blase der Witwe Clicquot in dem Glase!" schwärmte reimend einst Wilhelm
Busch.
Tatsächlich trugen nicht wenige Witwen den Ruhm des Champagners in alle Welt: So auch die Veuves
Bollinger, Devaux, Guerin. Heute geht
Caroline Krug für ihren Champagner auf Promotionstournee, soll Anne Claire Taittinger ihre Familienfirma
vor einer unfreundlichen Übernahme bewahren. Frauen also heg(t)en und pfleg(t)en Champagner, den sie an
Männer verkauf(t)en, damit diese Frauen verführen können...
Wie überall im Weinbau, mischelten auch in der Champagne die Mönche kräftig mit - und haben der
Legende nach sogar den Champagner
erfunden. Etwa Dom Perignon (1638 - 1715) in der Abtei von
Hautvillers oder der bescheidenere Frere Oudart in Pierry. Beide halfen jedenfalls tatkräftig bei der
Verwandlung eines stillen (Rot-)Weins in einen prickelnden Weisswein mit. Als "Miterfinder"
gelten sogar die Engländer. Als sie einst ein Fass des damals an allen Königshöfen geschätzten "Vin d'Ay"
aus Epernays Nachbardorf bei stürmischer See über den Kanal schipperten, soll der Wein beim Öffnen
prächtig schaumig gewesen sein. Tat- und Hauptsache ist: Der
Champagner wurde erfunden. Denn was wäre die Welt ohne ihn? Natürlich liessen die cleveren
Champenois ihre Erfindung patentieren: Nur Wein aus ihrer genau umschriebenen Region darf sich
weltweit Champagner nennen - der Champagne aus dem gleichnamigen
Waadtländer Dorf war Chirac bei seiner herbstlichen Schweizer Stippvisite ein präsidiales Stirn runzeln
wert. Dabei hat dieser sortenreine stille Weisse mit seinem berühmten grossen Bruder rein gar nichts
gemein: Champagner perlt nicht nur, sondern ist eine
klassische assemblage (weniger schön: ein gepanschter Wein), der aus
bis zu 120 verschiedenen Traubensäften bestehen kann! Erstens aus drei verschiedenen Traubensorten:
weissem Chardonnay, rotem Pinot
noir und Pinot Meunier. Es sind ja die blauen Häute, die den Wein rot färben; trennt man sie genügend früh
vom Saft, bleibt er weiss. Zweitens aus Trauben verschiedenster Lagen: Am teuersten sind
die sogenannten Hundertprozenter von der Montagne de Reims. Und drittens aus Trauben verschiedener
Jahrgänge: Wählt ein Haus nur
einen - besonders guten - Jahrgang aus, erhebt es diesen Champagner
zum Millesime, Jahrgangswein. Assembliert wird jedes Jahr neu; die Kunst der Önologen besteht darin,
aus dem Naturprodukt Traubensaft ihren unverwechselbaren "Haus-Champagner" in stets derselben
Qualität zu mixen.
Besonders originell finden wir die vor kurzem in der Champagne geborene Idee, die schäumenden
Edelweine sozusagen nach Charaktereigenschaften einzuteilen. Danach präsentiert sich der "Champagne
d'esprit" (Geist) fein und spritzig, der "Champagne de coeur" (Herz) elegant und rund, der "Champagne du
corps" (Körper) kräftig und fruchtig und der "Champagne d'ame" (Seele) verführerisch und langanhaltend.
Champagner mit seiner natürlichen Kohlensäure belebt nicht nur die Geister und mancht manche Körper
schwach, sondern begleitet auch edle Tafelfreuden von Aperitif bis Dessert - im Glas und in der Küche.
Damit Ihr Genuss kein getrübter
sei, sollten Sie Champagner und Gerichte feinsinnig aufeinander abstimmen. So verlangt leichter, spritziger
Champagner (wie Blanc de Blancs aus rein weissen Trauben) nach fein duftenden Gerichten wie delikaten
Vor- und Fischspeisen. Körperreiche Champagner (Bruts,
Roses) passen zu Kräftigerem, stärker Gewürztem wie Grilladen oder zum Risotto. Säurebetonte,
preisgünstige Champagnes de Taille (aus der letzten Pressung) oder Blanc de Noir (nur aus roten Trauben)
gesellen sich zu säurehaltigen Gerichten wie unserem Perlhuhnbrüstchen mit Sauerkraut. Grosse, teure
Jahrgangs-Champagner
sind ebenbürtigen Delikatessen wie Foie gras, Kaviar, Meeresfrüchten vorbehalten. Und beim Dessert hängt
alles von seinem Säuregrad (Früchte!) ab: Je süsser die Nachspeise, desto süsser
darf auch der Champagner sein.