Keine Angabe
Ernährung: Warum wir essen, was wir essen 1/2
Für
1
Info
Zutaten
Ist die Lust auf Schokolade angeboren? Warum mögen so viele Menschen fetten Braten lieber als
gesunde Möhren? Warum fruchten all die gutgemeinten Ernährungsratschläge so wenig? Wir essen zuviel,
zu fett und zu ballaststoffarm. Obgleich sich leicht positive Tendenzen abzeichnen hin zu mehr Gemüse,
Obst und Fisch, stellt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung fest, dass sich die Deutschen bei Eiweiss,
Fett und Cholesterin immer noch zu wenig zurückhalten und damit ihrer Gesundheit schaden.
An mangelnder Aufklärung kann das nicht liegen: Seit Jahrzehnten
versucht ein Heer von Ernährungsberatern und Ernährungsmedizinern die Menschen zu gesünderer
Ernährung zu bewegen - mit mässigem
Erfolg.
Was aber bestimmt unser Essverhalten? Warum entwickelt sich eine Vorliebe für fetten Braten? Ist Kindern
die Lust auf Schokolade und die Abneigung gegen Spinat angeboren? Warum liebt der eine Sellerie,
während es dem anderen schon übel wird, wenn er ihn nur riecht? Fragen, die die Ernährungspsychologie
zu beantworten versucht, ein Wissenschaftszweig, den es seit etwa 25 Jahren gibt.
Gibt es die "Instinkternährung"?
:Viele glauben, dass der Appetit auf bestimmte Speisen der beste
Wegweiser ist, weil "die Natur" schon wisse, was gut ist. Das Motto lautet: "Wenn ich Lust auf Bananen
bekomme, braucht mein Körper
genau die Stoffe, die eben in der Banane sind." Ein Experiment, das bereits 1926 im Mt. Sinai Hospital in
Cleveland/Ohio, durchgeführt wurde, scheint diese Meinung zu bestätigen. Dr. Clara Davis liess damals 15
Babys, zwischen 6 und 11 Monate alt und gerade der Muttermilch entwöhnt, mehrere Monate lang ihre
Nahrung selbst auswählen.
Auf einem Tablett wurden ihnen jeweils eine grosse Auswahl verschiedener tierischer und pflanzlicher, frisch
zubereiteter Lebensmittel angeboten: von Milch über Früchte und Gemüse bis zu
gegartem Rindfleisch, Lamm und Fisch. Sie bekamen stets, worauf sie deuteten. Alles wurde genau
protokolliert, die enthaltenen Nährstoffe berechnet und die Entwicklung der Kinder festgehalten.
Das Ergebnis war eindeutig: die von den Kleinen gewählte Diät war
optimal für Wachstum, Gewichtszunahme, Knochenentwicklung, Muskulatur, Gesundheit und Wohlgefühl -
die Babys gediehen prächtig.
Allerdings, so gibt die amerikanische Psychologie-Professorin
Alexandra W. Logü zu bedenken, war das Süsseste, was den Babys angeboten wurde, Milch und Früchte,
und die wurden besonders häufig gewählt. Erwiesen ist, dass die Vorliebe für Süsses angeboren ist und
erst mit der Zeit nachlässt. Was passiert wäre, wenn die Kleinen auch Schokolade und Kekse hätten
aussuchen können, weiss man nicht. Vermutlich aber wären die Süssigkeiten recht gefragt gewesen.
Vorlieben und Abneigungen werden schon im Kindesalter geprägt
:Ein weiterer Grund macht den Appetit als einzige Richtschnur
fragwürdig: Im Lauf der Kindheit, besonders zwischen 6 und 12
Jahren, werden Vorlieben und Abneigungen geprägt durch das, was wir vorgesetzt bekommen, durch
Beobachten, Probieren und Nachahmen.
Studien haben gezeigt, dass beispielsweise Kinder, deren Mütter keine Äpfel mögen, auffallend oft
ebenfalls keine Äpfel mögen.
Das mag auch daran liegen, dass es dann einfach weniger oft Äpfel gibt und sich die Kinder nicht an den
Geschmack gewöhnen.
Zum anderen wissen die Ernährungspsychologen, dass auch Gefühle, die mit dem Essen in Verbindung
gebracht werden, eine Rolle spielen.
Gilt Schokolade als Belohnung, schmeckt sie fortan gleich doppelt so gut. Die gute Stimmung mit den
Freunden im Fast-food-Restaurant
macht den Hamburger noch leckerer.
Zu den Instinkten und zum "Esstraining" in der Familie kommen im Erwachsenenalter noch bewusste
Entscheidungen. Prof. Dr. rer. nat.
Volker Pudel, Leiter der ernährungspsychologischen Forschungsstelle der Universität Göttingen, und Prof
Dr. Joachim Westenhöfer listen in ihrem Buch "Ernährungspsychologie" zwanzig mögliche Motive für die
Lebensmittelwahl auf, und eine 1989 in Deutschland durchgeführte, repräsentative Studie untersuchte,
welche Motive für den einzelnen besonders wichtig sind. Laut Pudel und Westenhöfer liessen sich dabei
vier Gruppen von "Esstypen" unterscheiden:
Der preisbewusste Esspraktiker (20% der Befragten): Am wichtigsten
sind ihm Geschmack, Preis, Haltbarkeit und Aussehen des Lebensmittels. Eher uninteressant findet er
Fettgehalt und Kalorien.
Der Natur-Fan (30%): Er legt grossen Wert auf gesundes Essen, hohen
Vitamingehalt und frische und naturbelassene Lebensmittel. Unwichtig sind ihm Haltbarkeit,
Zubereitungsaufwand und Verpackung.
Der moderne Gourmet (25%): Geschmack und appetitliches Aussehen
rangieren an erster Stelle, aber auch Vitamin- und Fettgehalt spielen
eine Rolle. Zubereitungsaufwand, Verpackung und Naturbelassenheit sind belanglos.
Der Diätbewusste (25%): Gesund und fettarm muss es sein. Niedriger
Fettgehalt und viele Vitamine sind oberstes Gebot. Geschmack, Preis und Verpackung sind unwichtig.
Fortsetzung 2
Titel - Rubrik - Stichworte