Backen
Wissenswertes über Sauerteig
Für
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Rezept
: Projekt-Kurzbericht
: AiF-FV 11771 N
"Einfluß der sauerteigspezifischen Mikroflora auf die Aromabildung bei Weizenbrot" Koordinierung:
Forschungskreis der Ernährungsindustrie e.V. (FEI),
Bonn Forschungsstelle 1: Universität Hohenheim, Institut für
Lebensmitteltechnologie Prof. Dr. W. P. Hammes Forschungsstelle 2: Deutsche Forschungsanstalt für
Lebensmittelchemie (DFA), Garching Prof. Dr. P. Schieberle/Dr. M.
Czerny
:Industriegruppe: Verband der Deutschen Backmittel- und
Backgrundstoffhersteller e.V., Bonn
: Projektkoordinator: Dr. G. Böcker, Ernst Böcker KG, Minden
: Projektzeitraum: 1998 - 2001
: Zuwendungssumme: DM 419.750,-- (Förderung durch BMWi via AiF/FEI)
Ausgangssituation:
Brot und andere Backwaren, die mit Hilfe von geeigneten Sauerteigfermentationen hergestellt werden,
zeichnen sich durch eine hohe Qualität aus. Während bei Roggenmahlerzeugnissen eine Teigsäürung
erforderlich ist, um die Backfähigkeit zu gewährleisten, dient die Sauerteigführung bei Brot und Kleingebäck
aus Weizen vorrangig der Verbesserung der sensorischen Qualität, insbesondere des Aromas.
Arbeitstechnisch vorteilhaftere, direkte Hefeteigführungen führen zu Produkten, die den
Qualitätsansprüchen des Verbrauchers nicht immer gerecht werden. Die Entwicklung von arbeitssparenden
Sauerteigführungen und die Formulierung von Backmischungen, die eine vergleichbare Wirkung haben, sind
deshalb im Sinne einer verbesserten Produktqualität von vorrangigem Interesse.
Die Aromabildung bei der Brotherstellung aus dem aromaarmen Rohstoff Mehl ist Resultat getreideeigener
Emzymaktivität, der physiologischen Aktivität der charakteristischen Fermentationsflora und chemischer
Umsetzungen von Aromavorläufern während des Backprozesses. Der Einfluß der Sauerteigmikroflora wurde
dabei bisher nur unzureichend vom Einfluß der Backhefe, der Teigführung und des Backprozesses
abgegrenzt.
Ziele des Forschungsvorhabens waren daher:
1. die Erfassung der Bildung von Aromastoffen- und Aromavorläufern
während des gesamten Herstellungsprozesses, 2. die Ermittlung des Einflusses von Prozeßparametern
und der Rohware in Wechselwirkung mit den physiologischen Leistungen der Fermentationsflora auf das
Weizenbrotaroma, 3. die Erstellung von Selektionskriterien für Milchsäurebakterien und Hefen, die zur
Erzeugung von Backwaren besonders geeignet sind, 4. die Beschreibung von Prozeßparametern und
Rohstoffen, die zu einer optimalen Ausbildung des Brotaromas führen. Schlussendliches Ziel sollte sein,
eine Sauerteigführung mit definierter Mikroflora zu entwickeln, die sich in der Bäckereipraxis wirtschaftlich
einsetzen läßt.
Forschungsergebnis:
Fast alle ausgewählten Stämme zeigten ein zügiges Säürungsverhalten und sind somit prinzipiell als
Starter für die Weizensauerbereitung geeignet. Die Stämme verfügen über ein sehr unterschiedliches
Potential in der Freisetzung von Aminosäuren. Eine Bildung des Aromavorläufers Ornithin in Teigen wurde
ausschließlich bei Anwendung von Laktobazillen nachgewiesen.
Weiterhin zeigte sich, daß freigesetzte Aminosäuren unter den praktischen Bedingungen der
Teigfermentation von Hefen wiederverwertet werden. Mit Hilfe ausgewählter Stämme wurden mikrobiologisch
definiert Brote erzeugt und diese aromaanalytisch erfaßt. Sensorische Untersuchungen, die an diesen
sauerteiggeführten Weizenbroten durchgeführt wurden, ergaben zunächst, daß die Lactobazillenstämme L.
pontis LTH 4471, L. sanfranciscensis LTH 2581 sowie Lactobacillus pontis LTH 4467 sowohl die
intensivsten Aromen in der Kruste als auch in der Krume solcher Weißbrote führten.
Als Vergleich dienten chemisch-gesäürte sowie mit einem
kommerziellen Starter geführte Weißbrote (Mehltype 550). In der Kruste beider Brote mit LTH 4471 und
LTH 2581 waren 3-Methylbutanal
(malzig), Methional (gek. Kartoffel), 4-Vinyl-2-methoxyphenol
(würzig) sowie (E,Z)-2,4-Nonadienal (fettig, frittiert) die
aromastärksten Verbindungen unter den 29 geruchsaktiven Krustenverbindungen.
In der Kruste der Brote mit Lactobacillus pontis LTH 4467 wiesen nahezu alle Aromastoffe signifikant
höhere Geruchsaktivitäten auf, als in den Krusten von chemisch-gesäürtem Brot sowie mit
kommerziellen Startern gesäürtem Brot.
In den Krumen der Brote dominierten neben den mikrobiellen Stoffwechselprodukten 2- und 3-
Methylbutanol, 2- und 3-
Methylbuttersäure und 2,3-Butandion, Verbindungen, die aus der
Lipidperoxidation stammen, z.B. (E)-2-Nonenal und (E,Z)-2,4-
Nonadienal. Deutliche Einflüsse auf das Aroma ergaben sich aus der eingesetzten Mehltype.
Untersuchungen der flüchtigen Fraktionen aus einem Weizenvollkornmehl (VKM) und einem Weizenmehl
der Type 550 (TM) aus der gleichen Weizencharge ergaben 31 aromaaktive Verbindungen, unter denen
jeweils (E,E)- und (E,Z)-2,4-Decadienal, 4,5-Epoxy-(E)-
2decenal, Vanillin und Hexanal die höchsten Geruchsaktivitäten aufwiesen. Quantitative Studien, die
anhand von Isotopenverdünnungsanalysen durchgeführt wurden, zeigten, daß im VKM, das sich sensorisch
deutlich von TM unterschied, insbesondere die Mengen von (E,Z)-2,4-Decadienal, (E,Z)-2,6-Nonadienal
sowie (E,Z)und
(E,E)-2,4-Nonadienal, deutlich höher waren.
In Sauerteigen, die aus den oben genannten Mehlen unter Verwendung kommerzieller Starterkulturen
hergestellt wurden, konnte der signifikante Aromaunterschied ebenfalls auf unterschiedliche
Konzentrationen bestimmter Aromastoffe zurückgeführt werden. So waren die Gehalte an den oben
genannten Aldehyden auch im Vollkornsauerteig deutlich höher als im Typ-550-Sauerteig. Daneben
waren aber auch die Konzentrationen der "Streckeraldehyde" im Sauerteig aus VKM deutlich höher.
Messungen des Konzentrationsverlaufs einiger Aromastoffe im Verlauf der Fermentation ergaben, daß
deren mikrobielle Metabolisierung zu signifikanten Konzentrationsveränderungen führte. Es konnte u.a.
gezeigt werden, daß Aldehyde aus der Lipidperoxidation, die bereits im Mehl vorliegen, sehr stark durch
mikrobiologische Aktivität abgebaut werden. Die Stämme verfügen dabei über eine beeindruckende
Variabilität im Potential der Umsetzung von aromaaktiven Aldehyden in die entsprechenden, anders
riechenden Alkohole. Der Metabolismus niedermolekularer Kohlenhydrate wurde in Abhängigkeit von der
eingesetzten Mikroflora untersucht.
Es zeigte sich, daß die Bildung des bei Roggenteigen erforderlichen, bei Weizenteigen eher
unerwünschten Aromastoffs Essigsäure vom Wachstum von Hefen abhängt, da sie durch ihre
Invertaseaktivität Fructose aus Fructosanen freisetzen können. Fructose kann von heterofermentativen
Laktobazillen als Elektronenakzeptor verwendet werden und die Bildung von Essigsäure wird möglich.
Weitere, die Brot- und Verarbeitungseigenschaften betreffende
Parameter, wie z. B. Klebrigkeit und Dehnbarkeit der gesäürten Teige, wurden ebenfalls untersucht. Beide
Faktoren sind im wesentlichen vom pH-Wert bzw. dem Säuregrad abhängig. Eine Ausnahme
davon bildet Lactobacillus sanfranciscensis LTH 2590. Bei diesem Stamm war die Klebrigkeit, auch bei
tieferen pH-Werten, signifikant
geringer als bei anderen Stämmen. Auch der Einsatz unterschiedlicher Sauerteighefen ergab eine große
Variabilität in der Bildung verschiedener Aromen, z. B. zeichnete sich ein Stamm von Brettanomyces spec.
durch fruchtiges Aroma aus.
Wirtschaftliche Bedeutung:
Die Hersteller von Backmitteln und Backgrundstoffen verzeichnen eine gestiegene Nachfrage an
Sauerteigen und Backmitteln für Weizenprodukte, nicht nur am deutschen Markt, sondern auch aus
Ländern, in denen traditionell Backwaren aus Weizen verzehrt werden, wie z.B. Italien und Frankreich.
Zu Beginn des Forschungsvorhabens lagen noch wenige Daten vor, die Aufschluss darüber geben, wie im
Verlauf der Sauerteigführung von Weizenteigen Aromastoffe oder -vorläufer entstehen. Die Optimierung
von Teigführungen sowie die Starterselektion und Zusammenstellung der Backmittel auf Sauerteigbasis
erfolgte deshalb bislang weitgehend empirisch. Die im Rahmen des Forschungsprojektes durchgeführten
Untersuchungen führten zur Selektion von Starterkulturstämmen und geben klaren Aufschluß über den
zeitlichen Verlauf der Bildung von Aromastoffen und -vorläufern in Teigen sowie
über die Stoffwechselleistungen der Starterkulturen unter dem Aspekt der Bildung einzelner Aromastoffe.
Diese Erkenntnisse bilden nunmehr die Basis für eine gezielte Produktentwicklung von Sauerteigen und
Sauerteigpräparaten in traditionellen und neuen Produkten. Dadurch wird vor allem die
Wettbewerbsfähigkeit von kleinen und mittleren Betrieben erhöht.
Publikationen (u.a):
1. FEI-Schlußbericht 2001.
Weiteres Informationsmaterial:
: Deutsche Forschungsanstalt für Lebensmittelchemie (DFA)
: Lichtenbergstr. 4, 85748 Garching
: Tel. 089/2891-4170, Fax 089/2891-4183
: E-Mail peter.schieberle@lrz.tum.de
Gefördert aus Mitteln der industriellen Gemeinschaftsforschung (Bundesministerium für Wirtschaft und
Technologie/AiF) über den Forschungskreis der Ernährungsindustrie e.V. (FEI), Projekt Nr.
11771 N
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