Auch Schnäpse mit einer alten Tradition können in unserer Zeit mithalten. In dieser Hinsicht ist Mexiko mit
seinem Tequila ein grosser Coup gelungen.
Tequila ist das heilige Wasser der Azteken-Gottkönige und existierte
bereits vor den europäischen Schnäpsen. Hergestellt wird dieses Göttergetränk auf der Basis einer etwas
ausgefallenen Pflanze: der
blaugrünen Agave, die nur in Mittelamerika vorkommt und ausschliesslich von den Mexikanern als Rohstoff
verwendet wird.
Diese eigenartige, einem Kaktus gleichende Pflanze erfordert vom Züchter vor allem Geduld: Unter der
glühenden Sonne hält sie sich
zehn Jahre lang in einem vegetativen Zustand und blueht dann ein einziges Mal. Während der Bluete findet
man die Frucht - die pina -
inmitten der langen grünen Blätter.
Den Brenner interessiert allein die Frucht, die Blätter werden von der Textilindustrie als Fasern verarbeitet.
Die pinas werden 36 Stunden lang gekocht. Nach dem Zerkleinern und Pressen erhält man einen
Zuckersaft, der in einigen Stunden gärt.
Die mexikanische Schnapsbrennerei hat eine lange Tradition. 1758 baute Don Jose Antonio de Cürvo auf
dem Stück Land, das ihm der spanische König zugewiesen hatte, Agaven an und verkaufte seit 1795 einen
daraus gebrannten Schnaps. Er lebte in der Nähe des Dorfes Tequila, und so erklärt sich der Name seines
Schnapses, der sich immer besser absetzen liess. Heute ist Jose Cürvo der meistverkaufte Tequila auf der
Welt.
Der internationale Siegeszug des Tequila begann in den USA, wo er bei den Besuchern der vielen
mexikanischen Restaurants erste Freunde fand, bevor er zu einer echten Modeerscheinung wurde. Dann
schwappte die Begeisterung auch nach Europa über, und es entstanden viele neue Marken. Einige unter
ihnen erinnern an die Ursprünge dieses Schnapses, wie der Jalisco, dessen Name sich von dem
mexikanischen Bundesstaat ableitet, in dem er zunächst hergestellt worden war, oder der Herradura,
Sauza, Olmeca und andere grosse traditionelle Marken.
Wie beim mexikanischen Bier, das sich in Mitteleuropa zum Dauerbrenner entwickelte, diente auch beim
Tequila die ungewohnte Fremdartigkeit als ein gutes Verkaufsargument. Markennamen wie Mariachi,
Montezuma, San Jose oder Yucatan geben diesem Schnaps das folkloristische Flair und die
geheimnisvolle Aura der Exotik Mexikos. In den Flaschen einiger Marken schwimmt ein kleiner weisser
Wurm, der durch den Alkohol konserviert wird.
Ausserdem weckten spezielle Trinkriten die Neugier der Aussenstehenden. Traditionell wird der Tequila in
einem kleinen, hohen und engen Glas serviert. Auf einer Untertasse befinden sich Salz und einige
Limonenscheiben. Man streut etwas Salz auf den Handrücken, träufelt etwas Limonensaft darüber, leckts
es auf und trinkt sein Glas in einem Zug leer. Eine andere Art, Tequila zu trinken, heisst rapido: Man
bestellt einen Tequila mit Tonic, bedeckt
das Glas mit der Hand, schlägt es kurz gegen den Tisch, wodurch das Tonic aufschäumt, und trinkt es in
einem Zug aus.
Die Cocktails werden weniger spektakulär getrunken, haben aber dem Tequila ebenfalls zu Ansehen
verholfen. Gesellschaftsfähiger Cocktailklassiker ist der Tequila Sunrise, der mit Orangensaft und
Grenadinesirup gemixt wird.
Margarita besteht aus Tequila, einem Triple-Sec (oder Cointreau) und
Limonensaft und wird auf Eis serviert. Wieviel Tequila man in den Shaker gibt, ist reine Geschmackssache.
Margarita wird in einer Cocktailschale serviert, die in einem Zitronenviertel gedreht und auf eine mit Salz
gefüllte Untertasse gestülpt wurde. Viele europäische Mixer servieren Margaritas immer noch randvoll.
Gläser, die Salz- oder Zuckerränder haben, sollten aber niemals bis obenhin
aufgefüllt werden, da sich sonst Salz oder Zucker mit dem Drink vermischen, ausserdem sieht es
unansehnlich aus. Und wie für alles, gilt auch hier: Das Auge geniesst mit.