Überirdisch sollte es schon schmecken, oder besser noch: politisch
korrekt.
Ohne Brösel, dafür mit viel Getöse -so zergehen die Süssigkeiten
der Zukunft auf der Zunge. Die Hersteller haben erkannt: Mit einfacher
Tafelschokolade oder simplen Butterkeksen lassen sich keine pfundigen Gewinne mehr ranschaffen. Wer
mit Süssem Kasse machen will, muss sich Ausgefallenes einfallen lassen. Welche zuckrigen Erfindungen
die Schleckermäuler demnächst auf den Geschmack bringen sollen, zeigen auf der 29. Internationale
Süsswaren-Messe in Köln (vom 31. Januar
bis zum 4. Februar) rund 1.400 Aussteller aus 70 Ländern. Die Messe ist nur für Fachbesucher geöffnet.
Heikel sind die Verbraucher geworden aber nicht unbedingt sparsam: Im
vergangenen Jahr sorgten laut Handel "Neuheiten aus dem höherpreisigen Bereich wie Mini-Gebäckstücke"
für ein Umsatzplus
in der Süsswarenabtei-lung.
Eine besonders dankbare und konsumfreudige Zielgruppe sind seit jeher auch die kleinen Käufer. Sie
können demnächst am "dreidimensionalen Kopf eines Ausserirdischen in acht Farben und
Geschmacksrichtungen" nuckeln. Möglich machen's die Lutscher "Alien Pops" eines britischen
Herstellers. Nichts für schwache Nerven ist das Modell "Dr. Doofus" der- selben Firma. Im Inneren des
Lollies ist
eine Sirene eingebaut, die laut Aubieter "bei Drehung des Handgelenks einen ohrenbetäubenden Lärm
auslöst".
Alle emanzipatorischen Erziehungsziele von Eltern macht eine französische Firma mit einem Biss
zunichte: In ihren
Überraschungseiern verbergen sich "Action Man"-Figuren für Jungen
und "Barbie-Püppchen" für Mädchen.
Politisch korrekt dagegen kommt das breite Sortiment an Bio-Zuckerwaren daher. Etwa mit "Prebiotischen
Toffees", die, laut
Schweizer Produzent, "durch das Zusammenspiel von bibidogenen Nahrungsfasern und antioxidativen
Vitaminen das Wohlbefinden verbessern". Allerdings nur bei eifrigem Bonbon-Konsum: "Sie
entfalten ihre spezifische Wirkung bereits ab sechs Toffees täglich", teilt die Firma mit. Wem das zuviel ist,
der kann mit Hilfe von Hanf-Gummis Entspannung suchen. Die "Hempy Gunis" sind nach
Herstellerangaben "witzig, spritzig und grasgrün". Es geht aber auch auf herkömmliche Art und Weise,
etwa mit einer Tasse "Bio Schmidt Cacao"' dessen Rohstoffe aus kontrolliertem ökologischen Anbau
stammen - zugegeben:
"Plantagentrank" hört sich irgendwie exotischer an.
Die jungen, dynamischen Trendsetter halten die Bio-Welle ohnehin
längst für kalten Kaffee. Aber auch diese kaufkräftige Zielgruppe kommt bei der Süssigkeitenindustrie nicht
zu kurz. Der Computer-Freak mit Appetit auf Knabbergebäck braucht sich künftig
keine Sorgen um die Tastatur mehr zu machen. Der sogenannte Internet-Snack "Browser" eines saudi-
arabischen Herstellers verfügt
über eine sogenannte "Krümelbremse": "Das Zerbröseln
des Produkts beim Hineinbeissen wurde auf ein absolutes Minimum reduziert", verspricht das
Unternehmen.
Und auch der Börsenhändler braucht zum Kaffee keine hoffnungslos veralteten Schokoladentaler mehr zu
schlucken. Aus Italien kommt schon pünktlich im ersten Jahr der Währungsunion der Schoko-Euro.