Die Linsen selbst waren so neudeutsch wie Se und ich. Natürlich handelte es sich um die winzigen,
blaugrünen Linsen mit der Appellation "Lentil de Puy", und um die hellroten aus Marokko. Mit den
altdeutschen braunen Linsen ist nun mal kein Staat zu machen; was allerdings die jeweiligen Hotelköhe
nicht davon abgehalten hat, die mehlige, hellbraune Sorte zu verwenden. Zu ihren Linsen passte nach
Ansicht der Moser-Brothers am besten eine römische Sauce, Garum oder
Liquamen genannt. Wer bei Apicius oder anderen Schriftstellern jener Zeit nachfrscht, wird dieser Sauce
mit Schaudern begegnen. Denn sie bestand hauptsächlich aus von der Sonne zersetzten Fischen. Deren
Gammelgeschmack wurde verständlicherweise durch Kräuter, Gewürze und Honig überdeckt. Sie war sehr
beliebt und gehörte zur römichen Alltagsküche wie bei uns Maggi, Ketchup und Sojasauce. Man kann
Liquamen heute sogar in Spezialgeschäften kaufen. Die österreichische Version der Brüder Moser hat mit
dem römischen Original nichts zu tun und geht so (einschließlich Linsen):
Linen über Nacht quellen lassen. Die Gewürze mit Essig, Honig, Salz (ersatzweise 1 Esslöffel Liquamen)
und Olivenöl zu einer würzigen Sauce verrühren. Die grünen Linsen in reichlich Wasser 15 Minuten kochen,
die roten separat nicht ganz so lange. Abgießen Maronen vierteln und garen, dass sie noch bissfest sind.
Die Würzsauce mit den Kastanien und den getrennten Linsen vermischen und mit Öl abschmecken. Die
grünen in der Tellermitte platzieren, darum herum einen Kreis von roten Linsen legen. Dieses Gemse kann
vielen Fleisch-
und Fischsorten als prächtige Unterlage dienen. Udo und Volker Moser entschieden sich für kleine
Lammkoteletts und gebackenes Kalbsbries.
Womit wir uns rasend schnell den Hauptgerichten der nächsten Woche nähern.