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Auskünfte aus Küche und Leben: Vom Krebsessen
Für
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Rezept
Die Monde ohne r sind gut zum Reisen, zum Hochzeitmachen und zum Krebse speisen: Leider sind die
Zeiten der großen Krebsessen vorbei.
Rabelais läßt den Gargantua vor fünfhundert Jahren in Paris noch Krebse fangen. Goethe erzählt von
"ellenlangen" Krebsen auf dem elterlichen Tisch. Und Fontane läßt in "Frau Jenny Treibel" auf einem
Herrenabend von den guten alten Zeiten schwärmen: "Damals gab
es so viele Krebse, da sie durchs ganze Bruch hin, wenn sich im Mai das Überschwemmungswasser
wieder verlief, von den Bäumen geschüttelt wurden, zu vielen Hunderttausenden." Auch wir lockten als
Kinder noch manchen Krebs aus dem Bach im Frankenwald, mit der Taschenlampe ging es am besten.
Und im Urlaub im Haus der Freunde an den Ufern der Yonne in Burgund reichten zwei Stunden, um die
Vorspeise für vier Personen herauszufischen.
Nun hat man nicht immer Zeit zu fischen oder nach Burgund zu reisen.
Doch einmal im Jahr sollte man sich ein schönes Krebsessen leisten.
Am einfachsten sind Krebse im Wurzelsud. Dazu bereitet man eine Court-Bouillon aus einem Liter
Geflügelbrühe oder Fischfond und
einem Liter Weißwein, die mit Lauch, Karotten, Sellerie, Petersilie, Dillblüten, Kümmel, Pfefferkörnern und
Salz 15 Minuten gekocht wird.
Diese Bouillon durch ein Sieb gießen und wieder kräftig aufkochen.
Die lebenden Krebse in Portionen in die sprudelnde Brühe geben. Fünf Minuten Kochzeit genügen. Ich
koche Julienne mit, das sind feine Streifen von Lauch, Karotten und Sellerie, und serviere die Krebse im
Gemüsesud mit Petersilie und Dill bestreut.
Und nun die große Serviette fest hinterm Hals verknotet, denn die Mutter sagte immer: "Vorsicht, die
Flecken gehen nie mehr raus!"
Heute haben wir moderne Waschmittel, aber keine deutschen Edelkrebse mehr. Also den türkischen
Ersatzkrebsen nach dem Kochen zuerst die zentrale Schwanzflosse mit dem Darm ziehen. Dann den
Schwanz aus dem Körper drehen und das Fleisch herauslösen. Am besten gelingt dies, wenn Sie die
Schwanzflossen und den ersten Ring des Panzers entfernen. Sehr gut schmeckt das "Fett" oder Corail im
Körper. Dazu die Krebsnase von der Beinpartie abheben. Magensack und Kiemen sind wie beim Hummer
nicht genießbar. Der Kenner saugt die Kammern über den Beinen aus. Und es lohnt auch, die Scheren zu
knacken. Dazu wird der gute Sud gelöffelt. Satt wird man allerdings von zwei Dutzend Krebsen noch nicht.
Tips aus der hohlen Hand Sollten Sie Ihren Gästen das Knacken der Krebse am Tisch nicht zumuten
wollen: Pro Person 15 schöne Krebse
wie beschrieben in Court-Bouillon kochen, die Schwänze ausbrechen,
das Corail entfernen und aufbewahren. Die Panzer und Schalen zerstoßen, in ÖI und Butter anrösten,
Knoblauch, Schalotten, Suppengrün mitrösten, auch einen Löffel Tomatenmark. Einen Schuß Cognac
angießen und abflammen, mit unserer Bouillon und der gleichen Menge Sahne 1/8 Liter pro Person)
auffüllen und eine halbe Stunde kochen lassen. Durch ein feines Sieb gießen, gut ausdrücken. Diese
Krebssauce vielleicht noch weiter einkochen, mit Salz, Pfeffer und Cayenne abschmecken, das Corail und
etwas Butter mit dem Mixstab einarbeiten. Pro Portion 15 mittlere Pfifferlinge mit gehackten Schalotten
braten, die geschälten Krebsschwänze dazugeben und mit der Sauce übergießen. Einen Löffel frisch
gehackten Schnittlauch darüber.
Der Flußkrebs, Asiocus nobilis Huxley, war früher in ganz Europa verbreitet. Meister Eltzholz berichtet
1682 von den gewaltigen Fängen in der Mark Brandenburg. Von dort gingen große Transporte auf den
Pariser Markt. "Die besten Krebse der Welt", schrieb Baron von Värst in seiner Gastrosophie 1851, "gibt
es in Eichstätt in Bayern.
Sie sind so groß, daß dreie ein Pfund wiegen." Aber 1880 vernichtete die Krebspest den europäischen
Edelkrebs in Deutschland und Frankreich fast vollständig. Später wurden nordamerikanische Flußkrebse,
Oronectus limosus, als Ersatz ausgesetzt. Die meisten der heute bei uns angebotenen Krebse stammen
von dieser Art, kommen aber aus der Türkei. Da der Süßwasserkrebs auf der ganzen Welt vorkommt,
begegnen uns Krebse aus Kenia, dunkel wie die französischen Pattes rouge, Krebse aus Australien, hell,
mit seltsam abgerundeten Scheren. Aus Kalifornien kommen Signalkrebse zu uns.
Diese Art erreicht beachtliche Größen, ist von schöner Farbe und kommt auch im Geschmack dem
Edelkrebs am nächsten. In Skandinavien, Österreich und auch bei uns gibt es erfolgreiche Zuchten dieser
Spezies, und zu meinem Glück habe ich einen Züchter im nahen Taunus kennengelernt.
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