Es geht schnell, kostet wenig und ist urgemütlich: Raclette, das
typische Schweizer Käsegericht, kann aber noch mehr. Wir zeigen Ihnen, wie es in neuen gluschtigen
Variationen auf den Tisch gebracht werden kann und angenehme Abwechslung in den Speisezettel bringt.
Wie gut, dass es Raclette gibt. So konnten die urchigen Walliser Sennen im Val d'Illiez, im Val de Bagnes
und im Goms immer wieder frische Kräfte schöpfen. Denn das karge Dasein auf der Alp setzte den tapferen
Berglern hart zu. So hart, dass ihnen die würzige Käsespeise mehr bedeutete als bloss Nahrung: Sie gab
ihnen
Geselligkeit und Wärme, entweder draussen in den ungastlichen Bergen oder drinnen in der heimeligen
Stube. Und so führte der rahmige, kräftig schmeckende Bergkäse sie immer wieder zusammen und liess
sie - schon seit dem 16. Jahrhundert - ihren Znüni gemeinsam am
offenen Feuer schmelzen.
Bis zur Jahrhundertwende blieb der Raclettegenuss den Sennen und Bauern vorbehalten, bis das Gericht
anlässlich einer Landwirtschaftsausstellung erstmals an eine breitere Öffentlichkeit gelange. Von da an war
sein Siegeszug nicht mehr aufzuhalten. Dazu beigetragen hat wohl auch, dass der zartschmelzende Käse
- ob nun
das kräftige Walliser Original oder eine der zahlreichen milderen Nachahmungen aus einem Grossbetrieb
der übrigen Schweiz - nicht mehr
nur am offenen (Cheminee-)Feuer zubereitet werden muss, sondern auch
bequem in einem der vielen elektrischen Öfelchen schön portioniert und in unzähligen Variationen mitten
auf dem Tisch von den Gästen selbst geschmolzen werden kann. Die Tischsitte erlaubt es dabei
ausdrücklich, dass man sofort zu essen beginnt, ohne warten zu müssen, bis alle bedient sind, denn heiss
und mit bräunlicher Kruste obenauf schmeckt der Käse am allerbesten. Was die Lockerheit eines
Racletteanlasses noch unterstreicht und der Runde wie beim Fondue ihre so vielgerühmte Gemütlichkeit
verleiht.
In seiner Originalzubereitung am offenen Feuer muss der rahmige vollfette Käse mit dem tiefen
Schmelzpunkt nach dem Abschaben der Rinde (ja nicht wegschneiden!) halbiert und mit der Schnittfläche
gegen die Glut gehalten werden, bis der Käse zu fliessen beginnt.
Das Geschmolzene ergibt jeweils eine Portion, die auf einen heissen Teller abgestrichen und mit den
klassischen kleinen Kartoffeln, die auch Raclettekartoffeln genannt werden, Cornichons, Silberzwiebelchen
und eventuell Mixed Pickles serviert wird. Für eine vollständige Mahlzeit rechnet man dabei mit rund 200
Gramm Käse und 200 bis 250 Gramm Kartoffeln pro Person. Eine kräftige Prise frischer, grob gemahlener
Pfeffer und allenfalls Paprika gehören dazu, und für Liebhaber sollte ein trockener Schweizer Weisswein
nicht fehlen, es könnten aber durchaus auch ein spritziger Rose oder ein kühles helles Bier sein. Wie beim
Fondue empfehlen Kenner auch zum Raclette Schwarztee, weil dieser die Verdauung anregt. Und sollten
Reste übrigbleiben, sind diese keineswegs verloren, denn der zarte Käse eignet sich auch hervorragend als
Käseschnitten oder Gratins, verleiht Fonduemischungen einen besonderen Schmelz und bereichert -
zusammen mit Trockenfleisch, Rohschinken, Tomaten und Cornichons -
den Walliser Teller oder die Käseplatte.
Wie aufbewahren? Kleine Reste sind gut verpackt in Klarsichtfolie im Kühlschrank ohne weiteres ein bis
zwei Wochen haltbar. Falls Sie gleich einen halben Laib gekauft haben und davon ein oder mehrere grosse
Stücke von über einem Kilogramm übrigbleiben, verpacken Sie diese ebenfalls in Klarsichtfolie und
bewahren Sie sie wenn möglich im kühlen Keller (oder im Kühlschrank) auf. Der Käse hält sich so bis vier
Wochen; schon deswegen lohnt es sich, einen halben Laib anzuschaffen, der dann in mehreren Malen
aufgebraucht werden kann. Der Käse sollle aber wöchentlich einmal kontrolliert werden; falls nötig mit
einem feuchten Tuch abreiben, trocknen lassen und wieder in frische Folie einwickeln.