Noch zu Zeiten unserer Grosseltern kannte man Knollenziest (Stachys affinis) auch unter dem Namen
Stachys oder Japanische Kartoffel. Die Engländer nennen ihn Japanische oder Chinesische Artischocke,
und in Frankreich gelten Crosne du Japon seit fast 250 Jahren als Delikatesse. Knollenziest stammt aus
China, wird aber seit alters her auch in Japan und Indien angebaut. Ein französischer Gärtner brachte die
ersten Knollen aus Asien mit in seine Heimatstadt Crosne und von dort fanden die Pflanzen ihren Weg quer
durch Europa.
Knollenziest gehört wie Rosmarin, Lavendel, Basilikum, Pfefferminze, Salbei und viele andere Duftkräuter
zur Familie der Lippenbluetler.
Die Pflanze wird 30-40 cm hoch, sie besitzt ähnlich wie manche
Minzearten dicke, nesselartige Blätter. Ihre Blueten locken zahlreiche Insekten an. Neues Terrain erobert
sie mit Hilfe unterirdischer Ausläufer, deren Enden sich im Herbst zu länglichen, geringelten Knollen
verdicken. Die zarten, saftigen Knöllchen sind weiss bis perlmuttfarben, dünnhäutig, 3-8 cm lang, 1-2 cm
dick.
Nach den ersten Frösten im Herbst sterben die Triebe ab, die Knollen dagegen sind winterhart. Wie
Topinambur überwintern sie im Freien, ohne Schaden zu nehmen.
Am besten gedeiht der Knollenziest auf nährstoffreichen, lockeren, gleichmässig feuchten Böden. Er
reagiert empfindlich auf Trockenheit, deshalb sind reine Sandböden nur bedingt geeignet. Ob man ihm
einen Platz an der Sonne oder im Halbschatten zuweist, beeinflusst den Ertrag nicht. Kühle Witterung
behagt den Pflanzen mehr als tropische Hitze. Die Triebe entwickeln sich am besten um 23GradC, die
Temperaturen um 15GradC fördern die Knollenbildung.
Wechsel von Wärme und Kälte verursacht ungleichmässig geformte Knöllchen, da je nach Temperatur das
oberirdische bzw. das unterirdische Wachstum gefördert wird.
Man legt die Knöllchen im April 6-15 cm tief in die Erde (je
schwerer der Boden ist, desto höher); der Abstand in der Reihe beträgt etwa 30 cm, zwischen den Reihen
etwa 40 cm. Kompost im Pflanzloch hilft dem Knollenziest auf die Sprünge. In den folgenden Wochen
heisst es 2- oder 3mal jäten, bis der Bestand geschlossen ist
und weiteren Wildwuchs unterdrückt. Die Pflege beschränkt sich auf Anhäufeln, Mulchen, Giessen.
Hitze und Trockenheit begünstigen den Befall mit Spinnmilben.
Ausserdem saugen Blattläuse gerne an den samtigen Blättern. Die paar Tröpfchen Pflanzensaft neidet
ihnen niemand, doch leider transportieren sie in ihrem Speichel Viren, die den Anbau von Crosne vor allem
in Frankreich vor einiger Zeit fast zum Erliegen gebracht hätten. Infizierte Pflanzen haben verfärbte und
verformte Blätter und liefern geringe Erträge. Über infizierte Knollen gelangen die Erreger auf neue Beete.
Inzwischen ist virusfreies Pflanzgut im Handel und Crosne steht in den Feinschmeckerlokalen wieder auf
der Karte.
Alle 2-3 Jahre will dieser Ziest auf ein neues Beet umsiedeln, weil
mit der Zeit der Ertrag nachlässt.
Die Ernte beginnt ab November, Dezember, sobald das Laub abgestorben ist. Sie dauert bis zum Frühjahr,
sofern kein Frost die Arbeit behindert. Unter einer dicken Mulchschucht bleibt die Erde lange frostfrei.
Der Ertrag liegt bei 1-3 kg/qm. Man hebelt die Wurzeln mit der
Grabegabel aus dem Boden und rupft die Knollen ab. An der Luft verbräunen die dünnhäutigen Knöllchen
sehr schnell, trocknen ein und verlieren an Aroma. Deshalb sollte man sie nur portionsweise ernten. In
feuchtem Sand bei 0-2GradC eingelagert bleiben sie einige
Zeit lang frisch. Zu warm aufbewahrte Knollen treiben aus.
Statt Stärke enthält Knollenziest leicht verdauliche Stachyose. Die Knöllchen werden nicht geschält,
sondern nur sauber gebürstet gebraten, (im Wok) gedünstet, 5-10 Minuten lang gedämpft,
süsssauer eingelegt oder roh in Salate geschnitten. Einige Tropfen Zitrone im Kochwasser sorgen dafür,
dass die Knollen ihren hellen Teint behalten. Feinschmecker übergiessen die Knöllchen mit heisser Butter,
andere bevorzugen Sojassauce oder Kräuterjoghurt.