Die Region im Rheinknie zwischen Bingen und Worms ist das grösste Weinbaugebiet Deutschlands. Mit
26.000 Ha unter Reben und einer jährlichen Produktion von etwa 2,5 Mio Hektolitern. Für jeden Deutschen
gibt`s im Jahr 3 Liter Rheinhessenwein. Das Gebiet ist gar nicht so gross, aber mehr als 20% sind
Weinbergsfläche. Im Süd-Osten, im sogenannten Wonnegau, reihen sich die Rebstöcke sogar
hügelauf-hügelab über viele Kilometer aneinander. Im gesamten
Gebiet sind es 120 Millionen Reben.
Die Rebsorten: Mengenmässig an der Spitze steht die
Müller-Thurgau-Rebe mit rund einem Viertel der Anbaufläche. An
zweiter Stelle folgt der Silvaner, der lange Zeit die bedeutendste Sorte war, dann zugunsten anderer
vernachlässigt wurde und jetzt eine Renaissance erlebt. Rheinhessen verfügt über die grösste Silvaner-
Anbaufläche der Welt. Auf Platz drei liegt der Riesling,
gefolgt vom Kerner und von der Scheurebe (Kreuzung aus Silvaner und Riesling). Zusammen mit weiteren
"Neuzüchtungen" wie Morio-Muskat,
Bacchus, Faber- und Huxelrebe machen sie einen grossen Teil der
Weinproduktion in Rheinhessen aus. Rotweinsorten sind stark im Kommen und machen knapp ein Fünftel
der Rebfläche aus. Portugieser, Spätburgunder und in jüngerer Zeit vor allem Dornfelder werden immer mehr
angebaut.
Die Weine: Rheinhessen ist eine Region, die schon immer auf den Absatz
ausserhalb ihrer eigenen Grenzen angewiesen war. Traditionell ging ein guter Teil der Produktion zu den
Kellereien an der Mosel, die ihre Produkte mit dem Rheinhessenwein "streckten" als das noch erlaubt war
(da gab es den schönen Satz "die 'Zeller Schwarze Katz' hat einen Schwanz bis nach Rheinhessen). Noch
heute verlieren sich ein Drittel der Produktion in den "Liebfraumilch-Weinen" für den Export.
Ausserdem entstehen hier liebliche Spätlese-Weine für den
Lebensmittelhandel (aus den Neuzüchtungen, die leicht den natürlichen Zuckergehalt für diese
Qualitätsstufe erreichen). Aber das Gebiet ist gross und gerade in jüngerer Zeit gibt es parallel zu diesen
Massenweinen erstaunliche Qualitäten. Viele Winzer aber auch Genossenschaften und Kellereien
bemühen sich um ein besseres Image.
Und das nicht ohne Erfolg: das höchstdekorierteste deutsche Weingut,
Keller in Flörsheim-Dalsheim, arbeitet hier und findet viele
Nachahmer und Konkurrenten. Deutsche Rieslingpreise sind nach Rheinhessen gegangen. Dabei kann die
Region - wegen des insgesamt
niedrigen Preisniveaus - durchaus als Schnäppchen-Lieferant gelten.
Und das auch für ambitionierte Weintrinker.
Spezialitäten: Der Silvaner ist sicherlich eine rheinhessische
Spezialität. Um ihn hervorzuheben haben die Weinwerber der Region schon vor Jahren den "Rheinhessen-
Silvaner" mit einer einheitlichen
Ausstattungslinie geschaffen, der einer strengen Prüfung unterliegt.
Auch im Spitzensegment war das Gebiet 1992 weit vornedran mit der "Rheinhessen-Selektion" einem
kleinen aber feinen Programm von
trocknen Top-Weinen aus traditionellen Rebsorten. Ausserdem bieten
die zahlreichen Neuzüchtungen - richtig behandelt und betreut- das
Potential für hervorragende edelsüsse Beeren- und
Trockenbeerenauslesen.
Die Winzer: Davon gibt es mehr als 4000 in Rheinhessen. Viele haben
Gemischtbetriebe, also betreiben nebenbei auch Landwirtschaft. Sie erzeugen in vielen Fällen nur
sogenannte Fassweine, die sie im Tankwagen an Kellereien verkaufen. Das ist wegen der internationalen
Konkurrenz und dem grossen Angebot ein schwieriges Geschäft. Derzeit erhalten sie für einen Liter
Weisswein nur rund 40 Cent. Viel zu wenig, um die Kosten zu decken. Bei dieser Marktsituation denken
die Winzer oft mehr an die Menge als an die Qualität. Immer mehr aber suchen ihr Heil auch in der
Flaschenweinvermarktung, also im direkten Verkauf von abgefüllten Weinen an die Kunden. Parallel dazu
gibt es Versuche, in festen vertraglichen Bindungen an Kellereien bessere Qualitäten zu erzeugen und sich
dafür auch einen besseren Preis zu sichern.