Kaum einer kennt den Namen dieser Rebsorte - und wieder einmal liegt
das daran, dass nach der französischen Tradition Rebsorten auf dem Etikett nicht angegeben werden.
Jedoch sind viele Weissweine am Fluss Loire, in den Regionen Anjou und Touraine, ganz oder teilweise
aus Chenin hergestellt. Darunter solche mit klingenden Namen wie "Vouvray", "Bonnezeau", "Coteaux de
Layon" oder "Saumur". Die Rebsorte selbst ist sehr alt und wurde wahrscheinlich schon im 9.
Jahrhundert angebaut. Dass sie ein hohes Alter hat, beweisen alleine die vielen Synonyme, unter denen sie
regional bekannt ist. Der Chenin ist einer der vielfältigen Sorten (wie etwa auch Riesling oder Sauvignon
blanc) aus denen ganz verschiedene Weinstile gekeltert werden.
_Die Rebe_ Der Chenin treibt früh aus. Das macht ihn empfindlich gegen Frühjahrsfröste. Er reift dafür
umso später, muss also lang am Stock hängen. An der Loire sind die klimatischen Bedingungen eher
randständig für Chenin (so wie die Mosel für Riesling). Und dennoch kommen gerade aus solchen
Randlagen oft die besten Weine (allerdings bei grossen Jahrgangsunterschieden!) Die Sorte ist extrem
ertragreich- wenn man sie lässt.
_Weltweiter Anbau_ Rund 50.000 Ha Chenin sind etwa im Anbau (das entspricht der halben deutschen
Rebfläche). Das meiste davon gar nicht an der Loire -
sondern in Südafrika. Dort steht der Chenin auf einem Viertel der Rebfläche. Er kam wahrscheinlich schon
- mit vielen anderen Reben -
1655 ins Land. Aber erst seit wenigen Jahrzehnten wissen die Südafrikaner, die die Sorte "Steen" nennen,
dass sie identisch mit dem Chenin ist. Erst in neuerer Zeit nutzen auch die Südafrikaner den französischen
Namen, vor allem, um neue, bessere Weinqualitäten abzuheben gegen die anspruchlose Massenware, die
sie früher unter "Steen" vermarktet haben.
Auch in Kalifornien, Neuseeland und Australien - in fast allen
Weinbauländern der Welt - gibt es Reben dieser Sorte. Meist
erscheint der Name aber nicht auf dem Etikett, weil die Weine anderen Sorten beigemischt werden - in der
Regel, um denen einen
zusätzlichen Schuss Frische und Säure zu geben.
_Die Weine_ Chenin eignet sich für viele verschiedene Weintypen. Seine deutliche Säure macht ihn gut
geeignet für die Sektproduktion. Und die Cremant de Loire oder auch die Vouvray pétillant sind beachtliche
Schaumweine. Bei hohen Erträgen werden leichte, oft belanglose, Landweine ohne ausgeprägten Charakter
eingefahren. In schlechten Jahren kann dann auch die Säure durchaus zum Problem werden. Wenn man
Chenin beim Ertrag aber im Zaum hält, bringt er reiche, trockne Weine, die an Pfirsiche, Aprikose und
Haselnüsse erinnern.
Er eignet sich aber auch sehr gut für die Erzeugung edelsüsser Weine. Davon gibt es zwei Typen: näher
am Meer, in Saumur z.B. und
in den Coteaux de Layon, ist es oft im Herbst feucht genug, um die Edelfäule (Botrytis cinera) auftreten zu
lassen. Der Chenin hat den Vorteil, dass er sehr empfänglich dafür ist, weil er nur sehr dünne Beerenhäute
hat! Dann faulen die Beeren und trocknen dadurch aus. Das konzentriert den Saft, gibt den Weinen aber
auch typische "Botrytis-Töne" mit (Malz, Marzipan und Pfirsich).
Weiter im Osten, etwa in Vouvray, ist es trockner und die Beeren schrumpeln ohne Edelfäule ein. Dann
entwickeln sich Aromen von Honig, Quitten und Akazien. Wegen der Kombination von Süsse und Säure in
diesen edelsüssen Weinen, gehören z.B. die Weine der Coteaux de Layon zu den am besten lagerfähigen
Weissweinen überhaupt.
Chenins der neuen Welt werden kälter vergoren als in Frankreich. Das fördert in ihnen die Noten von
exotischen Früchten. Negativ kann der Schwefel im Chenin zum Vorschein kommen. Gerade bei edelfaulen
Trauben müssen Winzer etwas mehr von diesem Konservierungsstoff einsetzen, um die Weine stabil zu
halten. Der Chenin lässt aber überdosierten Schwefel sehr viel deutlicher in der Nase hervortreten als
andere Weinsorten.