Stammvater der Gattung ist Lepus europäus, in England, Mittel- und
Südeuropa und dem Kaukasus beheimatet und Nichtlateinern als Feldhase bekannt. In nördlicheren
Gefilden, in Schottland, Skandinavien, Nordeuropa und Nordasien, auf der Kamtschatka und in Japan lebt
der kleinere Schneehase oder Lepus timidus, der im Sommer ein braunes, im Winter ein weisses Fell
trägt. In Irland, wo der Feldhase nicht vorkommt, ist der Schneehase unter dem Namen Lepus hibernicus
jahrein, jahraus im braunen Sommerfell anzutreffen, und in Spanien nennt er sich Lepus granatensis; in
italienischen, schweizerischen und französischen Gebirgsgegenden besitzt er wieder je eigene
Bezeichnungen.
Hasen sind von jeher beinahe weltweit verbreitet, und nur in Australien, Neuseeland und Madagaskar
wurden sie erst durch den Menschen eingeführt; letzteres gilt auch für Südamerika, denn der dort lebende
Goldhase, das Aguti, ist kein Hase, sondern ein dem Meerschweinchen verwandter Nager. In Nordamerika
gibt es, von Norden nach Süden, den Polarhasen Lepus arclictis samt seinem Nachbarn Lepus
grönlandicus; der Polarhase teilt mit dem europäischen Schneehasen die Wandelbarkeit der Färbung
seines Fells, das im Winter hell, im Sommer dunkel ist. Lepus americanus ist ein Hase, der die
Temperaturen in Alaska dank einer Besonderheit seiner Behaarung verträgt, die darin besteht, dass die
Haare innen hohl sind und dadurch mehr Volumen haben. Weiter südlich in den USA kommen Lepus
californicus und Lepus townsendii vor. Die amerikanische Unart, Hasen als Kaninchen zu bezeichnen, hat
nicht einmal vor dem altehrwürdigen Osterhasen halt gemacht, der in den USA inzwischen Osterkaninchen
heisst.
Die Verbindung zwischen Hase und Ostern ist älter als das Osterfest selbst. Im alten Ägypten brachte man
den Hasen mit dem Mond in Verbindung. Lange vor seiner christlichen Bedeutung war das Osterfest der
Erneuerung der Vegetation im Frühling geweiht. Im alten Ägypten hiess der Hase un, und un war zugleich
das Wort, welches 'Wiederkehr' und 'Erbluehen' bedeutete; da der Hase in der ganzen Antike für seine
Fruchtbarkeit berühmt war, ist es einleuchtend, dass die Ägypter ihn mit demselben Begriff bezeichneten
wie die Fruchtbarkeit an sich. Die Griechen waren von der Fruchtbarkeit des Hasen so beeindruckt, dass
sie sogar eine Fortpflanzung ohne Begattung für möglich hielten; das Vorkommen von Embryonen im
männlichen Hasen, dem 'Rammler', war jedoch selbst ihnen als krassestes Jägerlatein suspekt. Wie
Meister Lampe ist und war das Ei zu allen Zeiten ein Fruchtbarkeitssymbol, und das Aufeinandertreffen
beider im Osterkult erklärt hinreichend, wie sie zur Fabel vom eierlegenden Osterhasen verschmelzen
konnten.
Hasenknochen kennen wir aus prähistorischen Küchenabfällen so weit auseinanderliegender Gegenden wie
Neuengland, Russland und Afrika. Den Hebräern des Alten Testaments galt Hasenfleisch als unrein,
während die Griechen glaubten, der Genuss verursache Schlaflosigkeit. Davon unbeeindruckt und obwohl
der Hase bei Apicius keine Erwähnung findet, frönten die Römer dem Genuss dieses Wildes, dessen
Verzehr Schönheit verleihen sollte, und sie hielten Hasen in Wildgehegen.
Die Gallier, die Kaninchenfleisch als fade ablehnten, schätzten den Hasen, vorausgesetzt er war nicht zu
alt.
Berghasen gelten als wohlschmeckender als ihre Verwandten aus dem Tiefland, was daran liegen kann,
dass die ihnen zur Verfügung stehenden Gräser aromatischer sind als die Nutzpflanzen, von denen sich der
Flachlandhase ernährt. Dass es Unsinn ist, Hasen 'abhängen' zu lassen, muss ich hoffentlich nicht eigens
betonen. Die Natur hat dem hocharomatischen dunkelroten Hasenfleisch allen Wildgeschmack verliehen,
dessen es bedarf. Leider kommen die meisten Hasen (und Wildkaninchen) heute nicht bei der Jagd ums
Leben, sondern auf Autobahnen und Landstrassen.