_Geschichte_ Im Hochmittelalter wuchs Wein bis Königsberg in Ostpreussen, in England bluehten
Rebenmeere. Damals war es im Schnitt deutlich wärmer als heute. Die Nordgrenze des Weinbaus
schwankt mit dem Klima. Die Meinungen gehen auseinander, ob wir derzeit vor einer -
diesmal menschengemachten - Klimärwärmung stehen.
Klimawissenschaftler gehen davon aus, dass sich die Durchschnittstemperatur auf der Erde im laufenden
Jahrhundert um 3-6
Grad erhöhen wird. Wein-Wissenschaftler stellen fest, dass die 90er
Jahre extrem gute Weinjahre waren, weil extrem warm. Vor allem im Frühjahr macht sich das bemerkbar.
Die Folge: Die Reben treiben
früher aus, sie bluehen früher und die Vegetationszeit wird länger. Das sind entscheidende Faktoren für die
Qualität eines Weinjahrganges. Allerdings gilt nicht nur: je heisser, desto besser.
_Was uns 2003 lehrt_ Ein Jahr wie das vergangene hat gezeigt: erst einmal steigen die
Zuckerwerte in den Trauben in astronomische Höhen. D.h. nach der Vergärung sind die Weine dann extrem
alkoholstark. Dann lässt die Hitze die Säure in den Keller rauschen. Sie wird abgebaut, die Blätter
"veratmen" sie. Das lässt die Weine im Idealfall mild ausfallen, um schlechten Fall aber matt und müde.
Und schliesslich behindert die Trockenheit die Nährstoffaufnahme. Es fehlt den Weinen dann an Mineralien,
an Extrakt. Übersetzt: an Fülle und Aromatik.
Die 2003er sind denn zwar nach der Papierform "Superweine", aber sie schmecken durchaus nicht immer
so! Dabei kommen Rotweine viel besser weg als Weisse - und solche aus eher tiefgründigen Böden besser
als
solche aus den edlen Steillagen (weil die besonders unter der Trockenheit gelitten haben).
_Neue Rebsorten_ Es zeigt sich schon, dass die Rebsorten eine wichtige Rolle spielen.
Die Rebe ist eine ziemlich empfindliche Pflanze. Sie stellt hohe Ansprüche an das Klima. Deshalb ist es
kein Wunder, dass sie längst nicht überall auf der Erde wächst. Die Weinanbaugebiete liegen fast
ausschliesslich zwischen dem 30. und dem 50. Breitengrad Nord sowie dem 30. und 40. Breitengrad Süd.
Ausserhalb dieser Zonen ist es der Rebe entweder zu kalt oder zu warm. Innerhalb der genannten Zonen
sind verschiedene Traubensorten an die jeweiligen Standortverhältnisse optimal angepasst. Nicht jede
Rebsorte also wächst überall. So hat man auch 2003 gesehen, dass gerade Riesling eher hohl und wenig
erbaulich ausfällt. Die Königin der Rebsorten gedeiht am besten, wenn sie hart an der nördlichen Grenze
des Weinbaus wächst. Das ist kein Zufall. Zuviel Hitze zerstört ihre Aromen. Andererseits kommt die den
Burgundern zu gute. Und erst recht den vielen südländischen Rebsorten, die die Winzer auch in
Deutschland in den 90er Jahren schon angelegt haben.
_Anpassung ist angesagt_ Etwa bei den Rebsorten - aber auch auf anderen Gebieten: die EU hat in
diesem Herbst die Weinsäuerung in Deutschland erlaubt. Das ist eine Massnahme, die hier sonst nie nötig
war. Ebenfalls seit kurzem erlaubt: die Bewässerung. Auch das hilft, wie wohl Kritiker sagen:
wenn sich die Rebe erst mal dran gewöhnt, ihr Wasser aus der Giesskanne zu kriegen, dann treibt sie ihre
Wurzeln nicht mehr in die Tiefe und kann von dort auch keine Mineralien hoch holen. Und: sie
wird immer abhängiger von der Bewässerung. Auch die Lagen müssen neu bewertet werden. In südlichen
Gefilden nutzen die Winzer die Höhenlagen, um frische und fruchtige Weissweine zu erzeugen.