Die bekannte Weinautorin Jancis Robinson charakterisiert ihn in ihrem "Oxford Wein-Lexikon" als "karge,
helle Version eines sehr leichten,
roten Burgunders" - und liegt damit ausnahmsweise mal falsch. Der
Frühburgunder ist in der Lage, hervorragende Weine zu bringen.
Vielleicht in der Spitze grössere als sein "Vater", der blaü Spätburgunder. Vater deshalb, weil der
Frühburgunder eine Mutation dieser Sorte ist. D.h.: durch puren Zufall hat sich das Erbgut des
Spätburgunders bei der Befruchtung so sehr verändert, dass daraus eine ganz neue Sorte mit neuen
Eigenschaften entstanden ist. Die augenfälligste trägt der Frühburgunder im Namen: Er reift etwa
zwei Wochen früher (darauf weisen auch seine Zweitnamen hin: z.B.
"Augusttraube", "Augustiner Blau", "Frühreifer" - in Frankreich
heisst er übrigens "Pinot Madelaine").
Deshalb war er früher -vor dem 2. Weltkrieg- durchaus verbreitet. Man
schätzte seine Frosthärte und seine frühe Reife, die auch in schlechten Jahren trinkbare Weine versprach.
Verdrängt hat ihn dann der Portugieser, der sehr viel höhere Erträge bringt. Das nämlich ist wohl die Crux
des Frühburgunders: Er bringt nur sehr geringe
Mengen. Das liegt vor allem auch daran, dass er sehr kleine Beeren hat.
_Weinqualität_ Die Weine der Frühburgundertraube sind noch samtiger und gehaltvoller als die des
Spätburgunders. Sie sind oft auch sehr farbstark. Das alles hängt wohl ganz wesentlich mit diesen kleinen
Beeren zusammen - und mit ihrer relativ dicken Schale. Das hat
nämlich zur Folge, dass in der Maische sehr viel Schalenmaterial ist und relativ wenig Saft. Das ist gut so,
denn in den Schalen sitzen beim Rotwein die Farbe und viele Geschmacksstoffe. Ausserdem schützen die
frühe Reife und die dicken Schalen die Sorte vor der Schimmelkrankheit Botrytis, die oft bei anderen
Rotweinsorten die Farbe zerstört.
Die Weine sind ausgesprochen weich, aber gehaltvoll. Das macht sie zu idealen Kandidaten für den
Ausbau im Barrique. Die Aromenpalette ist geprägt von dunklen Beeren und manchmal auch von Rauch.
Frühburgunderweine schmecken gut zu Braten von Wild und Rind mit kräftigen Saucen.
_Verbreitung_ Es gibt in Deutschland heute wieder mehr als 200 Ha Frühburgunder.
Ein Drittel davon in Rheinhessen, ein Viertel in der Pfalz, 30 Ha an der Ahr. Vor allem in diesen
Anbaugebieten boomt die Sorte regelrecht. Dagegen stagniert der Anbau in Baden, Franken und
Württemberg. Bedenkt man, dass der Frühburgunder nach dem 2.
Weltkrieg praktisch ausgerottet war und erst vor 10 oder 15 Jahren wieder nennenswert Weinberge
angelegt wurden, dann ist diese Entwicklung erstaunlich. Sie hat mit dem gestiegenen
Qualitätsbewusstsein der Winzer zu tun, aber auch damit, dass es besseres Rebpflanzgut gibt. Der
Frühburgunder war in der Vergangenheit auch deshalb so ertragsschwach, weil er sehr anfällig für
Viruskrankheiten war. Es ist gelungen, Pflanzen auszulesen, die virusfrei sind. Allerdings unterscheidet
sich dieser "neue" Frühburgunder auch in einer anderen Hinsicht von den Vorkriegsvarianten: Er verfärbt
sich im Herbst nicht mehr flammend
rot, sondern schlicht gelb.
Ausserhalb Deutschlands wird die Sorte nur in geringem Umfang in der Schweiz und in Österreich
angebaut.
_Irrtum!_ Nicht nur Jancis Robinson schätzt den Frühburgunder falsch ein.
Auch im Raum Heilbronn gehen viele Winzer davon aus, dass ihr Clevner nichts anderes ist als
Frühburgunder unter anderem Namen. Die Rebforscher aber sagen, dass das schon deshalb nicht sein
kann, weil der Clevner dort alles ist, nur nicht frühreif.