Österreich: Der türkische Kaffee eroberte Wien genau zu dem
Zeitpunkt, als das osmanische Heer, das die Stadt belagert hatte, geschlagen wurde. Nach der Schlacht
auf dem Kahlenberg (1683) liessen die Türken einen Berg von Kaffeebohnen zurück. Die Wiener wollten die
Bohnen eigentlich den Pferden als Futter vorwerfen, schenkten sie aber dann einem Polen namens
Kolschitzky, der damit das erste Wiener Kaffeehaus eröffnete. Zuerst lief das Geschäft nicht besonders
gut, bis der Kolschitzky auf die Idee kam, das schwarze Getränk mit Sahne zu vermischen. Die Melange
war geboren. Kolschitzkys zweite geniale Idee: Zum Türkentrank bot er seinen Gästen Gebäck an, in Form
des
türkischen Halbmonds: die Kipfel. Die Halbmondsform wählte er, um
sich über die geschlagenen Feinde, die Türken, lustig zu machen.
Kipfel und Melange überzeugten die Wiener so nachhaltig von den Vorzügen des Kaffeetrinkens, dass sie
eine geradezu vollendete Kaffee- kultur entwickelten. So gibt es in Wien mindestens 20
verschiedene Arten, seinen Kaffee zu trinken: als "Schwarzen" (dunkel
und sehr stark), als "Braunen" (etwas weniger stark), als "Schale Braun" (Milchkaffee mit wenig Milch) oder
"Schale Gold" (Milchkaffee mit viel Milch) oder als "Obers gespritzt" (3/4 Milch und 1/4 Kaffee). Es gibt den
"Fiaker" (starker Kaffee mit etwas Hochprozentigem, im Glas serviert) und den "Einspänner" (starker Kaffee
im Glas mit Sahnehaube), den "Kurzen" (sündhaft starker Espresso) und den "Langen" (verdünnter
Espresso).
Deutschland: In Deutschland hatte es der Kaffee anfänglich schwer,
sich durchzusetzen, vor allem wegen der Politiker. So war z.B. der Alte Fritz ein entschiedener
Kaffeegegner; er selbst trank zwar sieben Tassen am Tag, am liebsten mit Champagner gekocht und mit
Schnupftabak gewürzt. Aber seine Landeskinder, so fand er, sollten bei der althergebrachten Biersuppe
bleiben. Denn der Kaffee kostete Devisen. Er verbot das Kaffeerösten und schickte seine Kaffeeschnüffler
aus, die Kaffeesünder zu erriechen hatten. Der Kaffee erwies sich letzten Endes aber als stärker als die
Verbote des Grossen Friedrich. An das mehlige Türkengebräu haben sich die Deutschen aber nicht
gewöhnt, sie deutschten den Kaffee ein: zu
einem braunen, milde schmeckenden aromatischen Getränk, mit dem man ohne Furcht vor Herzklopfen
den Kaffeedurst löschen kann. Natürlich gibt es bei uns auch eine Menge alkoholische Kaffeerezepte, z.B.
eines von der schleswig-holsteinischen Nordseeküste.
Dänemark: Die Skandinavier waren nicht so leicht vom Kaffee zu
überzeugen. Man fürchtete, er schade der Gesundheit. So verfolgte man überall mit Spannung das
Experiment, das Gustav III. anstellen liess: Unter Aufsicht von zwei Professoren mussten zwei zum Tode
verurteilte Brüder jeden Tag eine Riesenportion Kaffee bzw. Tee trinken. Jahre vergingen. Die Professoren
starben, der König wurde ermordet, nur die beiden tranken gesund und munter ihren Tee und ihren Kaffee.
Inzwischen trinken Dänen und Schweden den meisten Kaffee in ganz Europa, sie trinken ihn von morgens
früh bis nachts um zwölf -übrigens aus ahnlich gemütlichen Tassen wie bei uns.
Aber das schönste am dänischen Kaffee ist der Kuchen, den man zu fast jeder Tageszeit dazu bekommen
kann, meist ein Kuchen mit zartem Nuss- oder Mandelgeschmack. Manchmal trinkt man den Kaffee in
Dänemark auch mit Aquavit vermischt: halb Kaffee, halb Aquavit. Und
an kalten Wintertagen auch als Kaffeepunsch.
Brasilien: Brasilien ist der grösste Kaffeeproduzent der Welt. Im
vergangenen Jahrhundert waren es 70, heute sind es immerhin noch 45 Prozent. Und da Kaffee so reichlich
ist, geht man auch verschwenderisch damit um. 20 Tassen pro Tag sind nichts Ungewöhnliches für einen
eingefleischten Kaffeetrinker. Er trinkt seine erste Tasse schon morgens im Bett. Und was für Tassen: Das
Standardrezept sieht einen Esslöffel pro Mokkatasse vor, und meist auch einen Esslöffel Zucker. (Nur zum
Frühstück trinkt man den Kaffee verdünnt, dafür aber aus grossen Tassen). Statt des weissen Zuckers wird
auch häufig Rohrzucker genommen, was ausgezeichnet schmeckt. Und da Brasilien nicht nur ein Kaffee-,
sondern auch ein
Kakaoland ist, gibt es noch eine interessante Mixtur aus beidem.