Boden, Herkunft und Rebsorten ergeben die grosse Vielfalt der Armagnacs, die durch das Können der
Brenner und Kellermeister aber erst herausgearbeitet werden muss.
Angeblich verdankt der Armagnac seine Entstehung der Angst zweier experimentierfreudiger Mönche.
Diese sollen gerade damit beschäftigt gewesen sein, einen Weisswein zu destillieren, als der Bischof
überraschend das Kloster besuchte. Die beiden Brüder versteckten den soeben fertig destillierten Schnaps
in einem Fass, das dann in Vergessenheit geriet. Als Jahre später der Bischof erneut auftauchte, wusste
man nicht, was man ihm anbieten sollte, fand aber das kleine Fässchen und schenkte dem Gast ein
Gläschen ein. Dieser zeigte sich angenehm überrascht über das starke Getränk, dem ersten Armagnac.
Heute werden jährlich 11 Millionen Flaschen produziert. Die Anbaugebiete des Armagnac sind exakt
definiert, die Karte dieser Gebiete erinnert an ein riesiges Weinblatt, das sich im Südwesten Frankreichs
zwischen Landes, Gers und Lot-er-Garonne erstreckt. Es
wird in die drei Regionen Bas-Armagnac (im Westen), Tenareze (im
Innern) und Haut-Armagnac (Süden und Osten) unterteilt.
Die Besonderheit des Armagnac und seine Qualität wird von der verwendeten Rebsorte mitbestimmt.
Wichtig ist vor allem, dass diese mit der Bodenbeschaffenheit der jeweiligen Region harmoniert. Wie beim
Cognac besteht die Armagnac-Herstellung aus drei Phasen:
Weinzubereitung, Destillation und Lagerung. Die weissen Trauben werden nach der Lese im Oktober
gekeltert und gären wie normaler Wein. Unmittelbar nachdem der Most vergoren ist, werden die Weine im
Brennkolben erhitzt, der Dampf abgekühlt und Tropfen um Tropfen aufgefangen.
Nach dem Destillieren wird der Armagnac in ein 400-Liter-Eichenfass
gefüllt, das aus dem Holz der Wälder der Gascogne oder des Limousin besteht. Mindestens zehn Jahre
muss ein Jahrgang-Armagnac unter der
ständigen Kontrolle des Kellermeisters im Fass verbleiben. Von Zeit zu Zeit entnimmt er eine Probe mit
einer Pipette, um die Reife zu überprüfen. Wenn sich zeigt, dass der Schnaps genügend Gerbstoffe
besitzt, wird er in ein gebrauchtes Fass umgefüllt, damit er nicht zuviel Holzgeschmack annimmt und
langsam reifen kann. Wie beim Whisky oder beim Cognac verdunstet ein gewisser Prozentsatz Alkohol,
der "Anteil der Engel". Wenn der Austausch zwischen Alkohol und Holz als zufriedenstellend beurteilt wird,
füllt man den Armagnac in die 10'000-Liter-Eichenfässer, in denen sich die Lagerung langsamer
vollzieht. Vor dem "Verfalldatum" (eigentlich gibt es keines), das von Armagnac zu Armagnac schwankt und
ungefähr bei 40 Jahren liegen dürfte, wird er in versiegelte Fässer gefüllt, um sein ganzes Aroma zu
bewahren und als Reserve zu dienen.
In der letzten Phase werden zwei oder mehrere Armagnacs unterschiedlicher Herkunft verschnitten. Hierbei
kommt es ganz auf das Können und die Erfahrung des Kellermeisters an. Die Altersangabe auf dem
Flaschenetikett bezieht sich immer auf den jüngsten Schnaps der Mischung. Die angestrebten 40 Prozent
Alkoholgehalt werden durch allmähliches Hinzufügen von destilliertem Wasser erreicht. Erst dann kann der
Armagnac in Flaschen abgefüllt werden, in denen er sich bis zum Genuss weiter entfaltet.
Ist die Flasche mit keiner Jahreszahl versehen, erklären folgende Bezeichnungen das Alter: "VS" steht für
Armagnacs, die jünger als
viereinhalb Jahre sind; "VSOP" für Armagnacs zwischen viereinhalb und sechseinhalb Jahren; "Hors d'age"
oder "XO" für Armagnacs, die älter als sechseinhalb Jahre sind.
Für leidenschaftliche Armagnac-Trinker reift der Armagnac genauso
wie der Mensch: Mit 10, 15, 20 Jahren ist er noch stürmisch wie ein
Jugendlicher, mit 30, 35 ist er auf dem Höhepunkt seiner Fähigkeiten, und dann geht es ganz langsam
bergab.