Man weiss heute viel über das Leben der Römer, zum Beispiel wie sie gebaut und wie sie Krieg geführt
haben. Doch was auf ihren Tellern landete, ist weniger bekannt. Die Stadt Trier wurde circa 16 vor Christus
nach römischem Recht durch Kaiser Augustus gegründet.
Sie gilt heute als älteste Stadt Deutschlands. Wer einen Einblick in die römische Küche bekommen
möchte, ist hier genau richtig. Im Keller des Restaurants "Zum Domstein" der Familie Gracher wird man
auf eine kulinarische Zeitreise mitgenommen. In teils originalgetreuem Ambiente werden die Gäste von
Kellnern in römischen Gewändern bedient. Gekocht wird nach den Angaben des ältesten überlieferten
Kochbuchs der Welt. So kann man hier probieren, was schon im römischen Reich vor rund 2.000 Jahren
gegessen wurde.
_Spuren aus der Vergangenheit_ Der Dom St. Peter am Trierer Hauptmarkt ist die älteste Bischofskirche
Deutschlands und steht heute als Weltkulturerbe auf der Liste der UNESCO. Unter dem bedeutenden
Bauwerk liegt der ehemalige Wohnpalast der Familie des Kaisers Konstantin. Das Restaurant "Zum
Domstein" liegt direkt gegenüber vom Trierer Dom.
Den "römischen Keller" gibt es erst seit den 70er-Jahren. Familie
Gracher wollte damals einen Weinkeller einrichten und stiess bei den Grabungen auf Spektakuläres:
Römische Trinkgefässe,
Küchengeräte, Vasen, Öllämpchen, daneben auch Küchenabfälle, Knochen und eimerweise
Austernschalen. Die Römer haben an diesem Ort scheinbar reichlich gut geschlemmt! _Das älteste
Kochbuch der Welt_ Die Funde brachten die Familie auf die Idee, sich näher mit der römischen Küche zu
beschäftigen. Was genau stand auf dem Speiseplan zu damaligen Zeiten? Dieser Frage wollte man auf den
Grund gehen. So suchten sie nach authentischer Literatur und stiessen dabei auf das Kochbuch von
Marcus Gavius Apicius "de arte coquinaria" (deutsch: "über die Kochkunst"). Es stammt aus dem
ersten Jahrhundert nach Christus und ist das älteste noch überlieferte Kochbuch der Welt.
_Herausforderungen beim Nachkochen_ Da Rosemarie Gracher keine geeigneten Übersetzungen fand,
machte sie sich selbst daran, die Rezepte aus dem Lateinischen ins Deutsche zu übersetzen. Dazu
verwendete sie eine Abschrift des Kochbuchs aus dem 15. Jahrhundert, die sie im Original in Basel
ersteigert hatte.
Problematisch wurde es bei dem Nachkochen der Rezepte. Im Kochbuch des Apicius fehlen sowohl
Angaben zu den benötigten Mengen der einzelnen Zutaten, als auch die Angabe, ob die Gerichte warm
oder kalt serviert werden sollen. Zudem war es schwierig, die Zutaten, die vor 2.000 Jahren verwendet
wurden, zu identifizieren und zu besorgen. Die meisten Kräuter und Gewürze brachte Frau Gracher
schliesslich von Reisen aus dem Mittelmeerraum mit, zum Beispiel Pyretrum (pulverisierte Blueten von
Chrysanthemen), Rhizoma Graminis (Queckenwurzelstock), Mastixpistazie, Gerbersumach, Myrte und
Asant.
Hierzulande sind diese Pflanzen höchstens noch als Heilkräuter bekannt. Rüdiger Kloster, der heutige
Küchenchef des "Domsteins", bekommt sie deshalb am ehesten in der nahe gelegenen Löwen-Apotheke,
der ältesten Apotheke Deutschlands.
_Garum - das römische Würzmittel_
Trotz der Schwierigkeiten entschloss sich die Familie dazu, ein Lokal mit römischem Essen zu eröffnen.
Als erstes versuchte man "Garum" herzustellen, das bevorzugte Würzmittel der Römer, welches fast
immer anstelle von Salz verwendet wurde. Diese Fischsauce wurde hergestellt, indem man frische
Sardinen und Meersalz in einem speziellen Gefäss übereinander schichtete, in der Sonne lagerte und die
dabei entstehende Flüssigkeit auffing. Auch Rosemarie Gracher nutzte einen heissen Sommer, um auf
ihrer Veranda Garum für das Restaurant herzustellen - mit Hilfe eines Siebes.
_Gustationes oder Promulsis - die Vorspeisen_
Die Vorspeisen bestanden häufig aus Wildgemüse und Kräutern. So hat man zum Beispiel wild
wachsenden Spargel und Artischocken verwendet. Apicius schrieb: "Bereite die Artischocken mit Garum,
Öl
und gehackten hart gekochten Eiern." Leider fehlt hierzu die Anweisung, wie die Zutaten zu verwenden
sind. Der heutige Küchenchef stellt die Sauce ähnlich wie eine Vinaigrette her und gibt sie über das
vorgekochte Gemüse.
Zu den Gustationes zählten auch die "Lucanicä" - Würstchen aus
Schweinefleisch mit verschiedenen Kräutern wie Kreuzkümmel, Pfeffer, Bohnenkraut, Lorbeer und Garum.
Der Name dieser Wurstsorte stammt von der süditalienischen Region Lukanien, von der aus die Wurst von
römischen Soldaten nach Rom gebracht worden sein soll.
Heute heisst die Region Basilikata (italienisch: Basilicata).
Eine andere Vorspeise war die "Patina Zomoteganon", ein kleiner Fischauflauf mit Garnelen und Pinien-
Dattelsauce. Apicius schrieb
dazu: "Wasche rohe Fische und gib sie in ein Kochgeschirr. Füge
Öl, Garum, Lauch, Wein und Koriander zu. Während dies kocht, nimm Pfeffer, Liebstöckel, Oregano und
das Bündel (Lauch) und stampfe es. Mische, gib etwas von dem eigenen Saft und aufgeschlagenes Ei
dazu. Fülle in eine (andere) Pfanne. Lasse es garen, damit es sich setzt. Wenn gar, bestreue mit Pfeffer
und serviere." Auch hier blieb einiges der Interpretation von Rosemarie Gracher überlassen. Der Auflauf
wird heute in kleinen Förmchen im Wasserbad gegart und kann warm oder kalt serviert werden. Zu den
Vorspeisen reichten die Römer einen Aperitif, Mulsum, der im Allgemeinen aus herbem Weisswein und
Honig hergestellt wurde.
_Mensä primä - die Hauptgerichte_
Auch die Hauptgerichte der alten Römer waren vielfältig: Sie
bestanden aus Wild, Geflügel oder Fisch und wurden mit frischen Früchten, Trockenfrüchten, Wein, Garum
und biblischen Gewürzen hergestellt. Ein beliebtes Hauptgericht war zum Beispiel "Perna cum caricis" -
mit Myrte gekochter Schinken. Rüdiger Kloster kocht
dafür den Schinken mit Myrte und reichlich Feigen. Die begleitende Sauce besteht aus pürierten Feigen,
dem Kochfond und etwas herbem Wein.
_Apothermum - das Dessert_
Ein beliebtes Dessert war das "Apothermum", eine Art Müsli aus Dinkel, Passum (unvergorenem
Traubensaft), Pinienkernen und Rosinen.
Das Rezept ist zwar schon 2.000 Jahre alt, doch so aktuell wie eine Erfindung moderner Bioanhänger.
* http://www.domstein.de/
Offizielle Seite des Restaurants "Zum Domstein"
* http://www.uni-graz.at/~katzer/germ/index.html
Informationen über 117 verschiedene Gewürzpflanzen
*
http://redaktion.trier.de/präfectus/trier?set_tourismushttp://www.t
ourist-information-trier.de/main_tourist.php
Informationen zur Landesausstellung "Konstantin der Grosse" vom 2.
Juni bis 4. November 2007 in Trier. Konstantin der Grosse (um 275 bis 337) ist einer der bekanntesten
römischen Kaiser.
_Rezepte der römischen Küche_
*
http://www.fh-augsburg.de/~harsch/Chronologia/Lspost04/Apicius/api_i
ntr.html Lateinischer Volltext des Kochbuchs "De re coquinaria"
*
http://www.imperiumromanum.com/kultur/kulinarium/kulinarium_rezepte_
index.htm Rezepte der römischen Antike in Deutsch und Latein
* http://www.römerküche.de/
Hier findet man die Rezepte, die eine kleine Gruppe begeisterter Hobbyarchäologen und -köche ausprobiert
haben.
* http://www.mittelalterlich-kochen.de/
Rezepte aus dem Mittelalter und viele Informationen.
_Buchtipps_
* Apicius
Das römische Kochbuch des Apicius Reclam, 1991 ISBN 9783150087107 Preis: 6,60 Euro
* Apicius
Das Kochbuch der Römer.
Eine Auswahl, gespickt mit literarischen Köstlichkeiten Artemis & Winkler, 1999 ISBN 9783538070943
Preis: 16 Euro
* Hans-Peter von Peschke, Werner Feldmann
Kochen wie die alten Römer 200 Rezepte nach Apicius, für die heutige Küche umgesetzt Patmos, 2003
ISBN 9783491960756 Preis: 12,95 Euro
* Gabriele Clemens, Lukas Clemens
Geschichte der Stadt Trier Beck, 2007 ISBN 9783406556180 Preis: 18 Euro