Im Herbst ist Wildsaison, so manch einer freut sich dann auf eine saftige Rehkeule. Reh, Hirsch und
Wildschwein leben und fressen natürlich und gesund. Deshalb gilt Wild gemeinhin als hochwertiges
Nahrungsmittel. Aber ist es auch tatsächlich sicher? In der Vergangenheit wurde bei Labortests häufig ein
Befall zum Beispiel mit Salmonellen, Trichinen oder Schimmelpilzen festgestellt. Gibt es besondere
Hygienestandards für den Umgang mit frisch erlegtem Wild? Sind die Jagdscheininhaber auch insofern
ausreichend ausgebildet? Immerhin entscheiden sie in vielen Fällen, ob ein Stück Fleisch für den
menschlichen Verzehr geeignet ist! Grosse Mengen an Wildbret stammen auch aus Gatterhaltung. Gibt es
hier Qualitätsunterschiede, und wie ist es beim Verkauf gekennzeichnet? _Gejagtes Wild oder Zuchttiere_
Wildfleisch stammt nicht automatisch von einem im Wald geschossenen Tier. Im Gegenteil, das meiste
Wildfleisch in den Tiefkühltheken des Einzelhandels kommt aus Gatterbetrieben - also von Weidetieren.
Und das häufig nicht einmal aus Deutschland oder Europa, sondern aus riesigen Farmen in Neuseeland.
Dort steht wesentlich mehr Fläche zur Verfügung, sodass auch grosse Herden artgerecht gehalten werden
können. Beispiel: Fast 80 Prozent des in
Deutschland verzehrten Hirschfleisches wird aus Neuseeland importiert.
Durch die Gatterhaltung ist Wild das ganze Jahr über verfügbar.
Aus hygienischer Sicht bietet das Fleisch von den Zuchttieren deutliche Vorteile: Es wird im Gegensatz zu
dem Fleisch von Tieren
aus freier Wildbahn vor dem Verkauf amtstierärztlich untersucht -
wie das beim Fleisch anderer Schlachttiere auch der Fall ist. Der Gesundheitszustand von Gatterwild ist
zudem oft besser als der der Artgenossen in freier Natur. Geschmacklich gibt es hingegen kaum
Unterschiede. Doch nur Damwild und Rotwild kann im Gatter gehalten werden. Rehfleisch stammt
hingegen immer aus der freien Natur.
_Auf der Jagd_ Am frühen Morgen oder am frühen Abend - das sind die Zeiten, zu
denen die Jäger sich auf einen Hochsitz begeben, um nach Wild Ausschau zu halten. Dann heisst es
geduldig auf eine Gelegenheit zu warten. Immer müssen die strengen ethischen Regeln dieser Zunft
beachtet werden. Die Jäger sollen weidgerecht jagen und das Wild mit dem nötigen Respekt behandeln.
Das bedeutet zum Beispiel, dass der Jäger das Wild in Notzeiten, wenn es gefüttert werden muss, im
Bereich der Fütterung nicht erlegen darf. Der Respekt vor dem Tier steht grundsätzlich vor dem Thema
Fleischgewinnung. Bei der Jagd gilt es auch, das Tier gut zu beobachten, bevor es geschossen wird.
Zeigt das Tier ein normales Verhalten? Das ist sehr wichtig für die erste Einschätzung der Gesundheit des
Tieres.
_Fleischqualität sinkt durch Stress_ Nicht nur aus ethischen Gründen sollte der erste Schuss ein Treffer
sein, sondern auch wegen der Fleischqualität. Wird das Tier nur angeschossen oder bei einer Treibjagd
erlegt, wird durch den Stress der körpereigene Glykogengehalt rapide reduziert. Glykogen ist ein
Reservekohlenhydrat, das nach dem Tod langsam in Milchsäure umgewandelt wird. Diese sorgt für eine
keimhemmende Säuerung des Fleisches und mobilisiert Enzyme, die die grossen Eiweissmoleküle
aufspalten und feinste Muskelfasern auflockern. Wird das Glykogen im Tierkörper durch Stress sehr
schnell enzymatisch bedingt abgebaut, dann fehlt es für eine optimale Fleischreifung. Dadurch wird das
Fleisch längst nicht so zart und mürbe wie bei einem Tier, das ohne vorherige Hetze erlegt wurde.
_Wildbeschau durch den Jäger_ Wenn ein Stück Wild erlegt wird, muss es sofort danach bei Licht und
mit grosser Sorgfalt vom Jäger untersucht werden. Dabei spielen vor allem die Organe Leber und Milz eine
wichtige Rolle. Eine geschwollene Milz deutet zum Beispiel darauf hin, dass das Tier eine Infektion haben
könnte. Wie diese Untersuchung durchzuführen ist, lernt ein Jäger während seiner Ausbildung. Er kann
dadurch zwar eine mögliche Infektion erkennen, Coli-Bakterien jedoch nicht - das
kann nicht einmal ein Tierarzt ohne Laboruntersuchung. In letzter Zeit aber wurden diese Erreger häufig in
Wildfleischproben gefunden. Eine Studie soll nun klären, ob das an mangelnder Hygiene beim Umgang mit
dem frisch erlegten Wild liegt oder ob diese Bakterien bei Wildfleisch generell verstärkt auftreten.
_Zerlegen in der Wildkammer_ Damit es auch nach dem Erlegen hygienisch einwandfrei weitergeht,
zerlegt der Jäger das Reh üblicherweise in seiner eigenen Wildkammer. Hier und auch beim Transport
muss vor allem auf eine ausreichende Kühlung geachtet werden. Eine Waschgelegenheit für die Hände und
das Messer muss vorhanden sein.
Nach dem Fleischhygienegesetz muss Haarwild, das keine auffälligen Merkmale aufweist, keiner amtlichen
Fleischuntersuchung unterzogen werden. Solange es sich nur um geringe Mengen handelt, kann das
Fleisch vom Jäger direkt an Privatkunden, nahe gelegene Gaststätten oder Wildeinzelhandelsgeschäfte
verkauft werden.
Das seit dem 1. Januar 2006 geltende EU-Lebensmittelhygienerecht ist
sehr viel strenger, es sind hiervon allerdings nur solche Jäger betroffen, die Wild an den Grosshandel in
grösseren Mengen abgeben.
_Wild kaufen und zubereiten_ Wildfleisch sollte man am besten bei einem Jäger seines Vertrauens
kaufen. Denn so weiss man genau, unter welchen Bedingungen das Tier erlegt, untersucht und verarbeitet
wurde. Wer trotzdem Angst vor gesundheitsgefährdenden Keimen hat, kann bei der Zubereitung auf
Nummer sicher gehen und das Fleisch im Inneren auf eine Temperatur von rund 70 Grad Celsius erhitzen.
Tipp: Hirschfleisch aus Neuseeland gibt es bei verschiedenen
Supermärkten oder im Grosshandel zu kaufen.
_Weitere Informationen_
* http://www.bfr.bund.de/cd/9785
Presseinformation des Bundesinstituts für Risikobewertung:
"Wildfleisch als Quelle für EHEC-Infektionen unterschätzt"
* http://www.jagd-online.de/
Informationen rund um das Thema Jagd vom Deutschen Jagdschutz-Verband
* http://www.langmaack.com/documents/Wildbrethygiene-Gebote.pdf
Tagung für die Jägerschaft 2000: "Die 10 Gebote für die
Wildbrethygiene", PDF-Datei (172 KB)
* http://www.waswiressen.de/abisz/wildfleisch_erzeugung_herkunft.php
Die Internetseite des aid infodienstes informiert über die Besonderheiten von Wildfleisch bei Verarbeitung,
Einkauf und Kennzeichnung, Zubereitung und Lagerung sowie gesundheitliche Aspekte.
_Literaturtipps_ Der aid infodienst Verbraucherschutz Ernährung Landwirtschaft e.V.
hat die Broschüre "Wild und Wilderzeugnisse" herausgegeben.
Näheres unter:
* http://www.aid.de/shop/shop_detail.php?cat=1&id=4101
Infos zur Broschüre "Wild und Wilderzeugnisse" Das 20-seitige Heft "Wild und Wilderzeugnisse" steht für
den Preis
von 2 Euro zum Download bereit unter:
* http://www.aid.de/shop/download.php?id=4101
Download der Broschüre "Wild und Wilderzeugnisse" Die Broschüre "Wild auf Wild?" des DJV (Deutscher
Jagdschutz-Verband) bietet umfangreiche Informationen zum Thema
Wildbret. Es steht als Download zur Verfügung unter:
* http://www.langmaack.com/documents/Wildbret_DJV.pdf
"Wild auf Wild?", PDF-Datei (686 KB)
_Links_
* http://www.wdr.de/tv/service/kostprobe/inhalt/20020107/b_2.phtml
Wildschwein auf Schloss Harkotten (Servicezeit: Kostprobe vom 7. Januar 2002)
* http://www.wdr.de/tv/service/kostprobe/inhalt/20041206/b_2.phtml
Reh-Hackbällchen auf Haus Freckenhorst
(Servicezeit: Kostprobe vom 6. Dezember 2004)
* http://www.wdr.de/tv/service/kostprobe/inhalt/20030324/b_3.phtml
Wild auf Haus Alvinghof (Servicezeit: Kostprobe vom 24. März 2003)
_Rezepte von Martina und Moritz_
* http://www.wdr.de/tv/service/essen/rezept/971223_1.html
Rehbraten (Servicezeit: Essen & Trinken vom 23. Dezember 1997)
* http://www.wdr.de/tv/service/essen/inhalt/20031212/b_3.phtml
Gebratene Rehkeule (Servicezeit: Essen & Trinken vom 12. Dezember 2003)
* http://www.wdr.de/tv/service/essen/inhalt/20040702/b_7.phtml
Rehmedaillons mit Kirschsauce (Servicezeit: Essen & Trinken vom 2. Juli 2004)
* http://www.wdr.de/tv/service/essen/rezept/000204_4.html
Rehragout mit Orangensauce (Servicezeit: Essen & Trinken vom 4. Februar 2000)
Rezepte:
Rehkeule mit Pilzfüllung an Rotweinsosse und Apfel-Kartoffel-Gratin