_Gewicht oder was?_ Das ist keine Frage des Gewichts - im Gegenteil: "schwere Weine" mit
viel Alkohol sind auf der Waage tendenziell leichter, weil Alkohol einfach weniger wiegt als Wasser. Ob ein
Wein als "leicht" oder "schwer" empfunden wird, liegt an ganzen anderen Faktoren.
Zum ersten ist da der Alkohol. Je mehr davon ein Wein hat, als desto schwerer wird er empfunden. Das ist
im Grossen und Ganzen wohl auch richtig. Allerdings gilt es da, das richtige Mass zu finden.
Jahrelang hat die deutsche Weinwerbung auf "leicht" als Werbeargument gesetzt: deutsche Weine, von
Natur aus weniger von der Sonne
verwöhnt und dadurch Zucker - und mithin Alkoholärmer. Das sei
gesund, modern und bekömmlich: "german light wine" eben. Doch Weine
mit wenig Alkohol laufen leicht Gefahr schlicht "dünn" zu schmecken.
Alkohol ist nämlich ein wichtiger Geschmacksträger. Er bringt Aromastoffe erst richtig zur Geltung. Weine
mit einem höheren Alkoholgehalt haben zudem auch mehr andere Inhaltsstoffe wie Glyzerin etwa, die sie
"ölig" und "rund" wirken lassen. Das ist weniger eine Frage des Geschmacks, als des Gefühls, den sie im
Mund hinterlassen.
Weine mit sehr viel Alkohol wirken deshalb schwer. Die Länder der neuen Welt haben Weine mit 14%Vol
Alkohol und mehr marktfähig gemacht. Davon allerdings wird man in der Regel schnell "satt". Der Alkohol
selbst - aber auch die enorme Geschmacksfülle, die mit ihm
einhergeht - ermüden die Zunge und den Gaumen. Sehr alkoholreiche
Weine laufen aber auch Gefahr "brandig" zu wirken, d.h.
vordergründig und stark nach Alkohol zu schmecken. Ein Effekt, der übrigens auch mit der Trinktemperatur
zu tun hat - je wärmer der
Wein, desto leichter wirkt er brandig. Das heisst im Umkehrschluss auch: sehr schwere Weine lieber
etwas kälter trinken.
Der Alkoholgehalt ist also wichtig für die Frage, ob ein Wein leicht oder schwer wirkt. Völlig überschätzt
wird dabei aber der Vorteil der "Leichtigkeit". Der Unterschied zwischen 11 und 13% Alkohol ist von der
Wirkung auf das Hirn so gross nämlich nicht. Erst nach 5 Gläsern kann man von dem "Leichten" einen
zusätzlich nehmen. Wer sich darauf einlässt, der trinkt sowieso zu viel.
_Säure und Extrakt_ Ob ein Wein als leicht oder schwer empfunden wird, hängt entscheidend auch noch
von zwei weiteren Faktoren ab: der Säure und
dem Extrakt. Wenig Säure lässt einen Wein "schwer" oder sogar "plump" wirken. Ein höherer Säuregehalt
wiederum macht einen schweren Wein schlanker. Säure belebt richtig fette Brummer und wirkt ihrer
brandigen Art entgegen. Das gilt nicht nur für die Wein-
(resp. Äpfelsäure) sondern auch für die Kohlensäure. Ein leichtes Prickeln macht schwere Weine
leichtfüssiger.
Weine mit viel Extrakt (dem was übrigbleibt, wenn man Wasser und Alkohol abzieht) und starken Aromen
(auch Holzaromen aus dem Barrique) wirken ebenfalls "gewichtig". Dieser Effekt ist es, der gute deutsche
Leichtweine auszeichnet. Sie sind hocharomatisch und leicht, aber nicht dünn. Getragen von der
Aromenfülle eines guten Rieslings, können solche Weine sehr vergnüglich sein. Auch sehr süsse Weine -
Beeren- und Trockenbeerenauslesen oder Eisweine -
wirken gewichtig, obwohl sie nur wenig Alkohol haben.
Wann ein Wein als "schwer" oder "leicht" empfunden wird, hat letztlich auch immer mit den gegebenen
Vergleichen zu tun. In Spanien wird diese Frage anders beantwortet als in Deutschland. Wobei sich eine
weltweite Angleichung abzeichnet.
_Beispiele_ "Schwere" Weine: Barolo, Chateauneuf-du-Pape, australische und
kalifornische Shiraz, Merlot und Cabernet Sauvignons. Bei den Weissen:
Barriquegeprägte Chardonnays, Sauternes, trockne Riesling- und
Burgunder-Auslesen, edelsüsse Spitzenweine.
"Leichte" Weine: Gutedel, Riesling Kabinett, Mucadet, Soave, Vinho
Verde. Bei den Roten: Trollinger und Portugieser, Bardolino,
Beaujolais.
Eine gute Übersicht bietet: Leicht oder schwer?
http:////www.bickelhaupt.de/wein/leichtschwer.htm