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Neue Garmethoden (Info)



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  • Von Holger Schettler
  • Zu jedem Stück Fleisch gehört eine eigene Zubereitungsmethode: Das Steak wird kurz gebraten, die Schulter geschmort und die Kalbsbrust für gewöhnlich gekocht. Dass Fleisch sogar mit Qualitätsgewinn über einen längeren Zeitraum, aber mit nur wenig Hitze gegart werden kann, wissen nur wenige. Einige Spitzenköche gehen bei der Fleischzubereitung extreme Wege: 60 Stunden garen bei 60 Grad Celsius.

    _Braten: Trocken oder saftig_

    Bei den klassischen Garmethoden wird ein Roastbeef zunächst scharf angebraten und anschliessend bei circa 180 Grad Celsius im Ofen gegart. Wenn es die gewünschte Garung hat, lässt man es zehn Minuten ruhen und erhält dann einen Braten, der aussen knusprig braun und innen mit etwas Glück noch saftig ist. Doch bleibt es auch nur wenige Minuten zu lange im Ofen, wird das Fleisch trocken, zäh oder gänzlich ungeniessbar. Die Idee, den Braten einfach länger, aber mit weniger Hitze im Ofen zu belassen, scheint nach Ansicht von Professor Karl Otto Honikel von der Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel in Kulmbach überhaupt nicht abwegig. Einen hygienisch einwandfreien Umgang mit dem Fleisch vorausgesetzt, sieht sein Institut auch unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten nur Vorteile in dem Verfahren. Wichtig: Das Fleisch muss vorher scharf angebraten werden, damit vorhandene Bakterien auf der Aussenschicht absterben. Im Inneren - so die Wissenschaftler - sei ein frisches Stück keimarm.

    _Hohe Temperatur - hoher Wasserverlust_

    Untersuchungen haben ergeben, dass es Zusammenhänge zwischen Bratdauer, Temperatur und Zartheit des Fleisches gibt. Der Hintergrund: Muskelfleisch besteht überwiegend aus Wasser und unterschiedlich strukturierten Eiweissverbindungen. Diese Verbindungen bilden die eigentliche Fleischsubstanz - zusammen mit Fasern, die dem Fleisch Festigkeit verleihen.

    Die Fasern werden aus den so genannten Kollagenen gebildet. Sie befinden sich besonders in den festeren Partien wie Schulter und Brust und bilden sich mit zunehmendem Alter des Tieres stärker aus. Dazu Professor Karl Otto Honikel: äDieses Bindegewebe ist in der Regel bei jungen Tieren - wenn ich es brate oder koche - wasserlöslich, so dass sich also dieses Bindegewebe auflöst und das Fleisch zart wird. Beim älteren Tier, aber auch schon beim geschlechtsreifen Tier - wie einem Jungbullen - ist dieses Bindegewebe schon fester. Das heisst also, ich muss, wenn ich es jetzt zubereite, auch darauf achten, dass diese Vorgänge, die abbauenden Vorgänge, die üblicherweise bei Kühlraumtemperaturen stattfinden, bei der Zubereitung auch in einer gewissen Zeit noch stattfinden können. Das heisst, je langsamer ich die Temperatur erhöhe - bis etwa 50 Grad Celsius sind diese Stoffe aktiv -, desto eher kann ich auch diese Zartheit beschleunigen.# Bei Erhitzung beginnen die Eiweisse zu denaturieren. Sie ändern ihre ursprüngliche knäuelartige Struktur in eine Netzform - das Fleisch wird fester und verliert seine rote Farbe. Dieser Prozess dauert umso länger, je stärker das Fleisch mit Kollagenen durchsetzt ist. Schon bei etwa 50 Grad Celsius gerinnt das Muskeleiweiss, während die Kollagene sich erst ab 67 Grad Celsius allmählich auflösen. Je stärker sie erhitzt werden, desto mehr geben sie von dem in ihnen gebundenen Wasser frei. Es läuft in den Topf und kann eine gute Sauce ergeben, aber das Fleisch wird dabei trocken.

    _Kunststofffolie oder Bratschlauch_ Hier setzen die Niedertemperaturköche an. Üblicherweise arbeiten sie mit Temperaturen zwischen 68 und 80 Grad Celsius, in einem Bereich, der für die Auflösung der Kollagene ausreicht. Das angebratene Fleisch wird in speziellen Kunststoffbeuteln eingeschweisst und dann im Ofen gegart. Die Folie des Vakumierbeutels nimmt bei Temperaturen unter 100 Grad Celsius keinen Schaden. Ähnliche Mittel zur Niedrigtemperaturgarung - und in den meisten Haushalten durchaus bekannt - sind der Bratschlauch und der Römertopf. Mit diesen Hilfsmitteln lassen sich übrigens auch andere Fleischsorten, beispielsweise Geflügel, sehr gut garen. Ein Gänsebraten, etwa anderthalb Stunden bei 130 Grad Celsius vorgegart, muss - in handliche Portionen aufgeteilt - noch etwa eine Stunde knapp unter 100 Grad Celsius im Bratschlauch weiter garen, damit er innen besonders saftig und zart bleibt. Vor dem Servieren unter dem Grill kurz angebräunt, erhält das Fleisch dann die gewünschte knusprige Haut.

    _Link_ * http://www.bfa-fleisch.de Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel in Kulmbach http://www.wdr.de/tv/service/kostprobe/inhalt/20050117/b_4.phtml

    :Letzte Änder. : 4.02.2005

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