Weinjahrgang 2006: Es war eine Turbo-Weinlese (Info)
Für
1
Text
Zutaten
1 Info
_Ruck, zuck in den Keller - Stress für die Winzer_
"Selten sind die Trauben so schnell eingebracht worden wie in diesem Herbst", sagt der Präsident des
Deutschen Weinbauverbands Norbert Weber. In drei Wochen war alles vorbei. Der Regen und das warme
Herbstwetter hatten die Beeren faulen lassen und die Winzer unter Druck gesetzt. Der Herbst war für sie
deshalb nicht leicht.
"Keiner von uns dachte, dass wir in drei Wochen die Ernte einbringen.
Stellen Sie sich vor: Sie waren am Sonntag draussen und haben den
Grauburgunder angeschaut und haben gedacht: am Dienstag ist der toll.
Und als Sie am Dienstag gekommen sind, haben Sie keine gesunde Beere mehr gefunden", beschreibt der
Weinbaupräsident die Situation.
_Hauptproblem: faule Beeren_
Die Kapriolen des Sommers - erst heiss, dann nass - sind an den Reben
relativ spurlos vorbeigegangen. Aber einige wenige Regentage im September und Anfang Oktober haben
dazu geführt, dass die Trauben gefault sind. Mit allerlei Konsequenzen: Die faulen Beeren mussten
raus, das ist - weil es so schnell gehen musste - stressige
Handarbeit, wie bei Ulrike Müller aus Ellmendingen im badischen Kraichgau: "Das Aussortieren hält einfach
auf. Und deshalb ist es
jetzt im Herbst so gedrängt. Man kann nicht einfach sagen, man hat Zeit, man verteilt das auf 14 Tage. Das
geht nicht." _Erntemaschinen statt Saisonarbeiter_ Allein in Baden sind an die 20 neue Traubenvollernter
(Erntemaschinen) verkauft worden, sagt der Weinbaupräsident. Tagsüber seien die Menschen in den
Anlagen gewesen, um die faulen Trauben vorzuschneiden. Nachts sei die Maschine gefahren.
Der Siegeszug der Vollernter ist für Weber aber auch Ausdruck einer gescheiterten Saisonarbeiterpolitik.
Die Winzer durften nicht mehr so viele polnische Saisonarbeiter einladen wie in den Vorjahren. Sie hätten
die Lücken mit deutschen Arbeitslosen füllen müssen, doch das habe überhaupt nicht funktioniert, sagt der
Weinbaupräsident.
_Weine fallen unterschiedlich aus_ Reif waren die Trauben auf jeden Fall, fast so zuckerreich wie im
Rekordjahr 2003. Und auch mit Nährstoffen waren sie gut versorgt.
Ausserdem haben sie genau die richtige Menge Säure. "Wenn Sie mit den Kellermeistern reden, hören
Sie, dass wir überall sehr extraktreiche Weine haben. Die Weine sind gehaltvoll und haben eine gewisse
Fruchtigkeit", berichtet Weber.
Aber das Potenzial zu heben, wird aufwändiger. Je nachdem, welchen Aufwand ein Winzer getrieben hat,
werden die Weine sehr unterschiedlich ausfallen. Roland Doll aus dem rheinhessischen Stadecken. "Im
Jahr 2006 zeigt sich wieder einmal sehr stark, wie viel Mühe sich der einzelne Winzer gegeben hat. Es
wird ein Jahrgang werden, der sich sehr, sehr stark aufsplittet und die Kunst des Winzers sehr stark zum
Vorschein bringt." _Leicht steigende Preise erwartet_ Eine weitere Folge der Fäulnis: Sie hat auch die
Menge gedrückt. Es
gibt nicht einmal neun Millionen Hektoliter. Das sind 10 Prozent weniger als im Durchschnitt. Dabei hätten
die deutschen Winzer in diesem Jahr ein bisschen mehr gut unterbringen können. Die Nachfrage ist so gut
wie lange nicht mehr. Und deshalb rechnet der Weinbaupräsident auch mit leicht steigenden Preisen.
Richtig gut ist der Herbst für viele edelsüsse Spezialitäten gelaufen, vor allem in den nördlichen
Anbaugebieten. Auslesen und Beeren-Trocken-Auslesen gibt es reichlich. Allerdings bedauert der
Rheingaür Weinbaupräsident Klaus-Peter Kessler: "Leider ist der
Markt für hochwertige Auslesen nicht so, wie das früher einmal der Fall war. Ich würde mich freuen, wenn
man - im Vergleich zu anderen
Süssweinen dieser Welt - unsere Auslese einmal verstärkt probieren
würde. Man würde sehen, was für hervorragende Produkte die Winzer bei diesen Weinen hervorbringen."
Autor: Werner Eckert