Das Kochen der Kartoffeln hat den Zweck, die in den Kartoffeln
enthaltene Stärke leichter verdaulich zu machen. Wie soll man die
Kartoffel kochen?
Die Kartoffeln werden sorgfältig abgewaschen und geschält.
Die geschälten Kartoffeln legt man sofort wieder in kaltes Wasser, sonst werden sie missfarbig.
Man setzt sie mit dem kalten, gesalzenen Wasser auf das Feuer und bedeckt den Topf mit einem Deckel.
Der entstandene Schaum wird abgeschöpft und die Kartoffeln so lange gekocht, bis sie sich bei dem
Stechen weich zeigen. Die Kochzeit ist eine viertel bis eine halbe Stunde und hängt von der Art der
Kartoffeln ab.
Hat man das Kochwasser rein abgegossen, so stellt man den Topf zugedeckt noch wenige Minuten auf
das Feuer, damit das in den Kartoffeln noch vorhandene Wasser verdampfen kann. Man bringt die Kartoffeln
in einer bedeckten Schüssel auf den Tisch.
Je lockerer, je mehliger die Kartoffel geworden ist, um so schöner sieht sie aus, und um so leichter ist sie
zu verdauen.
Die Kartoffeln werden, wie oben gesagt, mit gesalzenem kaltem Wasser aufgesetzt. Wird das Wasser nun
warm, so wird gleichzeitig das Wasser in den Zellen der Kartoffel warm, und hat dieses Wasser die
Siedehitze erreicht, so verlieren die Stärkekörner ihre Form und gehen in Kleister über. Giesst man jetzt
das Kochwasser ab und lässt die Kartoffeln noch etwas auf dem Feuer, so wird das Wasser in den Zellen
in Dampf verwandelt, zerreisst die Zellen, entweicht und die Kartoffel ist mehlig und wohlschmeckend.
Noch besser ist es, die Kartoffeln nur im Dampfe gar zu kochen, aber in den meisten Haushaltungen haben
sich die Dampfkochtöpfe noch nicht eingeführt.
Dem Kochwasser der Kartoffeln setzt man Salz zu. Dies hat den Zweck, den Kartoffeln einen angenehmen
Geschmack zu geben und ausserdem den Austritt der Kartoffelsalze, welche für die Ernährung wichtig
sind, zu verhindern.
Will man Pellkartoffeln oder Kartoffeln in der Schale bereiten, so werden die Kartoffeln gewaschen und
gekocht, wie oben angegeben ist.
Hat man das Kochwasser abgegossen, so legt man zwischen Topf und Deckel ein reines
zusammengelegtes Tuch. Der Dampf kann aus dem Topfe dann nicht so schnell entweichen, die Kartoffeln
werden noch mehliger, auch die Schale platzt auf.
Wird die Kartoffel einige Zeit einer Temperatur von 0 Grad ausgesetzt, so geht ein kleiner Teil der Stärke in
Zucker über und die Kartoffel schmeckt süss. Dieser Geschmack ist nicht angenehm, und um ihn zu
entfernen, stellt man die Kartoffeln einige Tage in einen warmen Raum, z.B. in die Küche. Der Zucker
verschwindet aus der Kartoffel, weil er durch den Sauerstoff der Luft zu Kohlensäure verbrannt wird. Die
Kartoffel schmeckt nicht mehr süss und kann gebraucht werden.
Je mehliger die Kartoffel beim Kochen wird, um so reicher ist sie an Stärkemehl, um so wertvoller als
Nahrungsmittel.
Besonders möge hervorgehoben werden, dass der Kartoffelbrei die beste Form ist, um den Nährstoff
vollständig oder fast vollständig auszunutzen.
Neben den Kartoffeln sind stets Eiweiss- und Fett enthaltende
Nahrungsstoffe mit zu geniessen, weil die Kartoffel gar kein Fett und nur sehr wenig Eiweiss enthält. Mit
diesen Stoffen lässt sich die Kartoffel zu zahlreichen, sehr wohlschmeckenden Speisen vereinigen und ist
deshalb für den täglichen Gebrauch gar nicht mehr zu entbehren.
Die Mohrrüben und die weissen Rüben dienen ebenfalls nur als Beigabe zu Fleischkost. Ihr Gehalt an
Nährstoffen ist sehr gering.
Kartoffeln und Rüben sind für den Verdauungsvorgang sehr wichtig, weil sie Verstopfung verhindern; eine
Erscheinung, welche häufig eintritt bei Menschen, welche viel Fleisch essen.
Quelle: Dr. A. Ötker's Grundlehren der Kochkunst sowie
preisgekrönte
: Recepte für Haus und Küche von 1895 (Nachdruck) erfasst:
Sabine Becker, 14. April 1997