Fleisch

Eine schöne Schweinerei



Für 1 Rezept Das Schwein gilt nicht als fein. In der grossen Sterke-Küche ist ihm nur ein tristes Dasein vergönnt. Zauberer am Herd beklagen "das Majalische" an diesem Tier. Heinz Winkler aus Aschau etwa hat es aus seinen Rezepten verbannt.

Ganz anders der Normalverbraucher. Er legt sich pro Jahr rund 38 Kilo Schweinernes in die Pfanne, den Bräter, den Topf oder auf den Grill. Damit nimmt das Schwein Platz 1 in der Hitparade der beliebtesten Fleischsorten ein. Ob Nacken oder Kotelett, Schinken oder Bauch, Filet oder Schulter, Eisbein oder Schwänzchen - die Deutschen mögen auf Schweinereien einfach nicht verzichten. Wir können getrost die Behauptung wagen: Wer einem echten Bayern seinen Schweinsbraten verbieten wollte, der geht das Risiko ein, auf der Stelle des Freistaates verwiesen zu werden.

Wo wäre auch die Menschheit heute, hätte sie nicht in all den Phasen ihrer Entwicklung Schwein gehabt. Das begann mit "Sus scrofa", einer Art Wildschwein, von dem letztlich alle Hausschweinarten abstammen. Vom Menschen domestiziert wurden die Borstentiere erstmals in der jüngeren Steinzeit, dem Neolithikum. Durch Völkerwanderungen, Handel und Tausch verbreiteten sich schon in vorgeschichtlicher Zeit die unterschiedlichsten Schweinerassen über weite Teile der Erde.

Archäologenfunde bestätigen: Schweine gab?s schon jahrtausende vor unserer Zeitrechnung, in Anatolien ebenso wie in Indien, in Ägypten und Palästina, auf der Krim, in Schweden und China. Das älteste überlieferte Schweinefleischrezept stammt aus dem China des 5. Jahrhunderts vor Christus. Ein Spanferkel wurde mit Datteln gefüllt und fest in Stroh oder Schilf gewickelt. Umhüllt mit einer Schicht Lehm wurde das Fleisch in einer heissen Erdgrube gebacken.

Die alten Römer waren völlig schweineverrückt. Der Dichter Plinius erwähnt über 50 Leckerbissen, die sich aus diesem Fleisch herstellen lassen. Wobei die Konservierungsmethoden für Schinken und Speck damals schon die gleichen waren wie heute: Nach dem Einpökeln in einer Salzlauge wurden die Stücke geräuchert oder luftgetrocknet. Rekordwütig waren sie auch, die Römer ebenso wie die Griechen. Seneca schilderte einen Eber, der 1000 Pfund auf die Waage brachte. Und Varro behauptet, ein Doppelkotelett von 23 Pfund Gewicht gesehen zu haben.

Derlei Superlative waren später nicht mehr gefragt. Fovorisiert wurden jetzt die höherbeinigen Exemplare mit leichterem Körperbau. Diese Optik entspricht auch den ernährungswissenschaftlichen Erkenntnissen, auf die wir heute zurückgreifen können.

Schweinefleisch ist gesund, weil mehr als die hälfte der enthaltenen Fettsäuren (61%) ungesättigt sind. Es ist auch ein sehr vitaminreiches Lebensmittel: Neben Vollkornbrot zählt Schweinefleisch zu unseren wichtigsten Lieferanten von Vitamin B1. Und: Ein Stück Schweinelende beispielsweise enthält weniger Cholesterin als manch andere gesundheitlich hochgelobte Fleischsorte.

Dennoch: Schon immer war die Rolle des Schweins umstritten oder zumindest zwiespältig. Es galt als Naturgottheit, aber auch als unrein. Bei den Indern wird die Getreidegöttin "Gauri" in Wildschweingestalt dargestellt, bei den Ägyptern Gott Seth als Keiler. Vielleicht lehnen es Semiten und Juden deshalb ab, Schweinefleisch zu sich zu nehmen, weil sie den Wildschweineber vor Jahrtausenden als Gottheit verehrten.

Der Siegeszug des Schweins war dennoch niemals aufzuhalten. Und nicht umsonst heisst es in der Operette "Der Zigeunerbaron" voller Lust und Emphase: "Mein idealer Lebenszweck ist Borstenvieh und Schweinespeck".

Ehrenrettung für das Schwein:

Die dominierenden Schweinerassen Europas sind das Veredelte Landschwein und das Edelschwein. Sie wurden aus englischen (Yorkshire) und dänischen (Dansk Landrace) Rassen gekreuzt.

:Teilstücke: Kopf und Backe (für Sülze und Eintöpfe), Nacken

(Schmoren und Braten), Dicke Rippe (Kochen, Schmoren, Grillen), Kotelett (Kurzbraten), Filet (Kurzbraten), Schulter (Krustenbraten, Rollbraten, Gulsch), Bauch (Rouladen, Falsches Kotelett), Schinken (Oberschale, Unterschale, Nuss und Hüfte), Rückenspeck (fett, zum Spicken), Eisbein (Haxe, zum Grillen, Pökeln, Kochen), Pfoten (Suppen und Eintopf). :Fettgehalt: Reicht von nur 1,6% (Nuss) bis 82% (Rückenspeck).

Dazwischen: Filet (1,6%), Schnitzel (1,7%),

Lende (3,3%), Kotelett (7%) :Cholesterin: Am niedrigsten bei der Lende (45,3 mg auf 100 g), am

höchsten beim Hals (62,2 mg/100 g). Die Werte für angeblich so magere Sorten wie Kalbfleisch, bestimmte Geflügelstücke und Wild liegen mit 60 bis 70 mg pro 100 g höher als beim vielgeschmähten Schwein. :Vitamine: Von einem Mangel an Vitaminen kann gar keine Rede sein.

Zum Beispiel findet sich in 100 g zubereiteter Schweineleber die gleiche Menge Vitamin C wie in 100 g Apfel. Und 100 g mageres gebratenes Schweinefleisch enthält siebenmal soviel Vitamin B1 wie die gleiche Menge Rindfleisch.

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