Die Standardflasche in der Weinwelt ist die 0,75-Liter-Flasche. Das
hat wohl mehrere Gründe. Ein nicht unwesentlicher: dieses Volumen
entspricht in etwa dem, das ein Glasbläser in einem Atemzug aus einem Glastropfen herausblasen konnte.
Die EU hat in den 80er Jahren alle ähnlichen Masse (wie etwa die in Deutschland übliche 0,7-l-Flasche)
verboten und das Standardmass eingeführt. Aber
grössere und kleinere Formate haben durchaus ihren Sinn. Grössere vor allem, weil in ihnen die Reifung
des Weins langsamer läuft - der
Wein also länger haltbar ist. Kleinere, weil die Winzer an ihnen ein gewisses Interesse haben, vor allem
aber weil sie für die Konsumenten bequem sind - und ein bisschen zeitgeistig.
_Die kleinen Formate_ Das wohl kleinste ist das "Flugzeug"-Format mit 0,1875 Litern.
Ziemlich krumme Zahl, aber das entspricht einem Viertel einer Normalflasche von 0,75 Litern. Diese
Flaschen gibt es auch bei der Bahn und in vielen Hotel-Minibars. Die Briten nennen sie "Nip" also
"Schluck". Knapp mehr enthält die Piccolo-Flasche, die nur beim Sekt
verwendet wird. Eigentlich ist der Begriff von der Firma Henkell seit den 30er Jahren geschützt. Aber er hat
sich im Volksmund ganz allgemein für die kleinen Sektflaschen verbreitet. Darüber ist die echte "Viertel"-
Flasche angesiedelt mit 0,25 l. Sie ist stark im
Kommen. Und das hat wohl mit der zunehmenden Zahl von Single-Haushalten zu tun. Wer ganz alleine
eine ganze Flasche öffnet
und mässig trinkt, der ist sozusagen gezwungen drei Tage lang den gleichen Wein weiterzutrinken. Egal ob
er zum Essen oder auch nur zur Laune passt oder nicht. In diese Lücke stösst dieses Kleinformat.
Die Kellereien hoffen, damit zusätzliche Kunden zu locken. Es gibt vergleichsweise viele Sonderaktionen
damit und die scheinen sich zu rechnen. Nach Hochrechnungen der Fachzeitschrift Wein+Markt dürften
rund 40 Mio. dieser Flaschen im Jahr verkauft werden. Tendenz steigend. Sehr gut werden die kleinen
Formate auch in Tankstellen und an Kiosken angenommen. Es gibt sogar Versuche von Vierteles-Flaschen
im Sixpack.
Die Preisschwelle, die die Kunden bei den kleinen Flaschen nur ungern überspringen, liegt bei 99 Cent.
Darüber scheint es schwierig, sie zu verkaufen. Immerhin ist ja nur ein Drittel soviel drin, wie in einer
Grossen. Allerdings sind auch die Herstellungs-Kosten für drei
Kleine deutlich höher. In Übersee und England gibt es durchaus Versuche, auch Premium-Weine in die
Minis zu bringen. Und grosse
Chancen sehen die Franzosen vor allem in der Gastronomie.
Flaschenweine in einer Portionsgrösse, die den Führerschein nicht gefährdet, ist dort stark im Kommen.
Damit macht das Viertel aber auch einer weiteren traditionellen Kleinflasche Konkurrenz: der "Demi" - also
der "halben" Normalflasche
~ mit 0,375 l Inhalt. Bei Champagner ist sie verbreitet und auch bei Bordeauxweinen. Das heisst: sie hat
ein hochwertiges Image. Das gilt
auch für Deutschland, wo diese Flaschengrösse sozusagen der Standard ist bei den edelsüssen Weinen,
also bei Beerenauslesen, Trockenbeerenauslesen und Eisweinen. Davon trinkt man einfach - wegen
der enormen Süsse - nicht so viel, so dass sich grössere Flaschen
schlecht verkaufen.
Deutlichen Zuwachs haben in den letzten Jahren auch 0,5-l-Flaschen.
Sie werden in Deutschland oft für höherwertige trockene Weine - oft
aus dem Barrique - verwendet. Das hat wohl in erster Linie mit der
Preisgestaltung zu tun. Diese Weine sind vergleichsweise teuer - und
auf der Karte wird das nicht so auffällig, wenn sie eben in Flaschen abgefüllt werden, die weniger Inhalt
haben. Oft sind das Designer-Flaschen, die es dem Konsumenten auf den ersten Blick schwer
machen, sie von der Normalgrösse zu unterscheiden.
_Tipps im Umgang mit kleinen Flaschen_ Nach geltendem Recht müssen die Anbieter neben dem Preis
pro Flasche immer auch den Liter-Preis angeben. Das hilft Ihnen bei Vergleichen.
Wein in kleinen Flaschen reift deutlich schneller. Sie sind deshalb nicht als Lagerflaschen gedacht - mit
Ausnahme der edelsüssen
deutschen und österreichischen Weine - sondern für den schnellen
Konsum bestimmt.