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Spontan oder geregelt - die Gärung des Weines (Info)



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  • Früher war das ganz einfach: Wenn der Most eingebracht war, dann ging das irgend wann mit der Gärung los. Zuverlässig wurde Wein draus, mal guter, mal weniger guter, und niemand wusste warum. Kaum mehr als 100 Jahre ist die Erkenntnis alt, dass Hefen dieses Werk vollbringen. Und zwar eine Menge Hefen - ganz unterschiedliche. Und dass auch von ihnen und ihrer Zusammensetzung abhängt, ob ein Wein eben gelingt oder nicht.

    Seitdem spielt die Frage eine Rolle: welche Hefe hätten Sie denn gerne? Heute können die Winzer das in der Tat völlig losgelöst von der Natur regeln. Sie kaufen sogenannte Reinzuchthefen ein. Das sind ausgewählte Hefestämme, von denen man zuverlässig weiss, wie sie arbeiten. Es gibt "Bordeaux-Hefen" "neue-Welt-Stil"-Hefen, solche die Burgunder besser schmecken lassen, und Riesling reiner.. Populär sind derzeit vor allem Hefen, die die Fruchtkomponenten in den Weinen hervorheben.

    Der Einsatz solcher Reinzuchthefen hat einen ganz grossen Vorteil: eine grosse Sicherheit bei der Produktion. Und es hat einen kleinen Nachteil: Uniformität. Ich habe schon bei einem Winzer in der Probierstube gesessen, dessen Weine durch die Bank nach Käse schmeckten. Das ist schwer zu vermitteln. Wer einen solchen "Kellerton" hat, der ist meistens selbst völlig blind dem gegenüber. Er nimmt ihn nicht mehr wahr. Solche Töne entstehen, wenn im Keller eine Hefekultur Überhand gewonnen hat und praktisch sofort alle Moste "befällt" und die Gärung dominiert. Dann kommen andere Hefen kaum noch zum Zug.

    Idealerweise bringen die Trauben nämlich eine bunte Mischung von Hefestämmen mit in den Keller und jede davon hat eine besondere Bedeutung, bringt andere Inhaltsstoffe und Aromen zum Vorschein. Wenn eine solche "Spontangärung" gut läuft, dann entstehen daraus vielschichtige und spannungsreiche Weine. Sie werden nie so "technisch fehlerfrei" sein wie Reinzuchthefe-Weine, aber sie sind im Zweifel besser weil individueller.

    Derzeit tobt der Streit gerade ziemlich erbittert, welches denn der "richtige Weg" ist. Aber - Ideologie beiseite: beides hat seine Berechtigung. Die Reinzuchthefe wird sicherlich der "Normalfall" bleiben. Die Versicherung für alle die einfachen Tropfen, die in Deutschland ja immer noch in zahllosen kleinen Winzerkellern hergestellt werden, um dann zusammengefahren und in Massenweinen gemeinsam verkauft zu werden. Die Reinzuchthefe wird auch in schwierigen Jahren wichtig sein. Etwa in diesem Herbst, der von Fäulnis in den Trauben geprägt war, von hohen Temperaturen, die die "wilde" Gärung unkontrolliert beginnen lassen und nicht eben die besten Hefen begünstigen. Da haben auch viele Anhänger der Spontangärung (sie werden gerne "Spontis" genannt) zur reinen Zucht gegriffen, um zumindest die Richtung schon mal grob vorzugeben. Gute Winzer, die mit Mut und Können ausgestattet sind und die nicht unter ungünstigen Hefen in Weinberg und Keller leiden, werden spontan vergären und dabei vielleicht einige der schönsten Weine machen.

    Wie es immer ist, wenn zwei sich streiten, freut sich derzeit eine dritte Fraktion. Immer mehr Labors bieten den Winzern einen Mittelweg an: sie lassen sich Proben der "hauseigenen" Hefekulturen geben, eliminieren daraus die ganz fiesen und stellen so eine betriebseigene Hefezucht her. Die kann dann wie handelsübliche Reinzuchthefe eingesetzt werden, sichert aber die Individualität.

    Die Weine aus den unterschiedlichen Gärstilen unterscheiden sich auch in ihrer Zusammensetzung und Entwicklung: Während Reinzuchtvergorene in der Regel früh trinkbar sind und ihre schönste Aromenausprägung in der Jugend haben, sind Spontanvergorene dann oft noch roh, ja fehlerhaft. Schwefelverbindungen lassen sie schon mal nach faulen Eiern riechen. Erst nach drei, vier Jahren, wenn die Reinzucht-Ergebnisse schon am Verblassen sind, laufen sie zu grosser Form auf. Sponti-Weine haben meist etwas weniger normalen Alkohol dafür aber mehr langkettige Alkohole. Sie sind "leichter", vermitteln aber trotzdem ein cremiges Mundgefühl.

    Autor und Experte im Studio: Werner Eckert

    http://www.swr.de/kaffee-oder-tee/tipps-tricks/wein/2006/11/02/index .html :Letzte Änder. : 5.11.2006

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