Im Naturkosthandel findet man seit einigen Jahren auch Shrimps in Bioqualität. Neben beispielsweise
Lachs, Forellen, Buntbarsch und Pangasius erweitern sie das Sortiment. Die Meeresfrüchte stammen aus
ökologischen Aquakulturen in Südamerika und Asien.
Servicezeit: Essen & Trinken besuchte das von Naturland
zertifizierte Projekt im Mekong-Delta in Vietnam, wo die
Riesengarnelen in wieder aufgeforsteten Mangrovenwäldern ganz natürlich leben und kein zusätzliches
Futter erhalten. Wie umweltfreundlich ist die ökologische Aquakultur tatsächlich? Kann sich die natürliche
Zucht der Riesengarnelen gegen die industrielle Massenproduktion behaupten? _Umweltsünden im Süden
Vietnams_ Mangrovenwälder bedeckten noch bis zur Mitte des letzen Jahrhunderts weite Küstengebiete
Südvietnams. Mit unzähligen Tier- und Pflanzenarten war es ein vielfältiges Ökosystem im Takt
der Gezeiten, das zugleich das Inland vor Flutwellen schützte. Bis zu 50 Prozent der Mangroven sind
jedoch abgeholzt worden - vor allem
in der Region Ca Mau. Der Hauptgrund war nicht der Krieg mit den USA. Später, in den 80er-Jahren des
vergangenen Jahrhunderts,
hungerte die Bevölkerung Vietnams. Jeder Quadratmeter wurde also für Reisanbau genutzt - auch salziges
Mangrovenland. Zudem wurde
das Holz als Brennstoff und Baumaterial verwendet. In den 90er-Jahren wurden die Reisfelder schliesslich
unrentabel. Seitdem
werden sie umgewandelt in Zuchtteiche für Shrimps - einmal mehr auf
Kosten der Umwelt. Der Boden versalzt und bleibt für viele Jahre unbrauchbar. Damit die Garnelen schnell
wachsen und sich keine Krankheiten von Teich zu Teich verbreiten können, werden in der herkömmlichen
Shrimpszucht zusätzliches Futter, Mineralien und Vitamine, Antibiotika und unzählige Chemikalien
eingesetzt.
_Weltweites Geschäft mit Garnelen_ Mittlerweile gehört Vietnam neben Thailand, China, Indonesien und
Bangladesh zu den führenden Garnelenexporteuren der Welt. Allein im letzten Jahr wurden rund 170.000
Tonnen gefrorener Garnelen - vor
allem die Sorte "Black Tiger" - verkauft. Hauptabnehmer sind Japan
und die USA, Europa steht an dritter Stelle. Verarbeitet und verpackt werden die Schalentiere in Vietnam
nach neuesten Hygienerichtlinien in privaten Grossbetrieben.
_Wiederaufforstung und Garnelenzucht_ Seit Ende der 90er-Jahre gibt es international geförderte Projekte
zur Wiederaufforstung der Mangrovenwälder. Dass das sehr gut mit nachhaltiger, umweltfreundlicher
Shrimpszucht zu kombinieren ist, zeigt das staatliche Projekt im Waldgebiet mit der offiziellen "Nummer
184". An dem verwüsteten Küstenstreifen in der Provinz Ca Mau wurden in den letzten zehn Jahren
Mangroven derart angepflanzt, dass jeweils kleine Landparzellen mit rund 50 Prozent Mangrovenfläche
entstanden - mit natürlichem Meerwasseraustausch
durch Ebbe und Flut. Die Shrimpsfarmer mit ihren Familien, meist ehemalige Reisbauern, wohnen direkt
neben den Teichen.
_Aufzucht ohne Chemie_ Die ständig herabfallenden Mangrovenblätter ernähren Algen und
Kleinstlebewesen im dichten Wurzelwerk. Von ihnen allein leben wiederum die Zuchtgarnelen. Hier sind es
nur bis zu 15 Tiere pro Quadratmeter, in herkömmlichen Teichen leben auf gleichem Raum bis zu 100
Garnelen. Die Bioshrimps wachsen ganz ohne Zusatzfutter und Chemikalien heran. Die Farmer setzen in
regelmässigen Abständen Garnelenlarven aus, die sie von ausgewählten Brutbetrieben erhalten. Es handelt
sich um Garnelensorten wie die Black-Tiger-Shrimps, die in den Mangrovenwäldern Vietnams heimisch
sind.
_"Ernte" bei Vollmond_ Die "Ernte" der Shrimps findet vor allem bei Vollmond statt, wenn die Gezeiten
stärker ausfallen als sonst. Der Rhythmus der Gezeiten mit Ebbe und Flut innerhalb von 12 Stunden und
25 Minuten ist vom Stand des Mondes abhängig. Bei der höheren Flut wollen die geschlechtsreifen
Garnelen zurück ins Meer, um zu laichen.
Fangnetze am Wehr halten sie aber davon ab. Schnell werden sie nach Grösse sortiert und in Eiswasser
konserviert. Im Grunde genommen ersticken sie hier. Experten gehen davon aus, dass Garnelen als
Wirbellose schmerzunempfindlich sind.
_Transport nur per Boot_ Am Morgen nach der Ernte kommt das Sammelboot. Das Projektgebiet
"Nummer 184" umfasst knapp 6.500 Hektar. Die Farmen sind nur mit Booten über das weit verzweigte,
natürliche Kanalsystem zu erreichen. Vorbei geht es an den neu gepflanzten Mangrovenwäldern, die jetzt
unter Schutz stehen. Im nächstgrösseren Ort Tam Giang werden die eisgekühlten Shrimps zunächst zu
einem Zwischenhändler und noch am selben Tag von hier zum Verarbeitungsbetrieb gebracht.
Anfangs, vor sechs Jahren, waren es nur 17 Tonnen im Jahr, jetzt sind es schon mehr als 100 Tonnen
Bio-Black-Tiger-Shrimps. Weil die
Nachfrage nach diesen qualitativ hochwertigen und damit teureren Garnelen aber noch gering ist, müssen
die Farmer leider allzu oft einen Teil ihrer Ernte für weniger Geld an den konventionellen Handel abgeben.
_Zertifizierung durch deutschen Anbauverband_ Die Bioshrimpszucht in natürlichen Mangroven wurde vor
sieben Jahren vom deutschen Anbauverband "Naturland" zertifiziert. Dafür war nicht nur wichtig, dass die
Shrimps ohne jegliche Zusätze ökologisch gezüchtet werden, sondern dass die Hälfte der Fläche von
Mangroven bewachsen sein muss. Die Richtlinien werden regelmässig durch unabhängige, international
tätige Institute kontrolliert. Einige Hundert Farmer und ihre Familien leben in dem Gebiet und züchten
Shrimps auf diese ökologische Weise - aber
dennoch erfüllen noch nicht alle die strengen Kriterien für die Biogarnelenzucht. Diese erfordert nämlich
auch eine lückenlose Dokumentation aller Arbeitsschritte, womit einige Farmer noch Schwierigkeiten
haben.
Die Bioshrimps aus Vietnam gibt es bereits in der Schweiz und in Österreich. Es bleibt zu wünschen, dass
auch Verbraucher hierzulande bald die köstlichen Riesengarnelen kaufen können.
Bioshrimps aus Ländern wie beispielsweise Ecuador sind bereits im Naturkosthandel zu bekommen -
zudem Fisch aus nachhaltiger
Bewirtschaftung, wie beispielsweise Lachs, Forellen, Buntbarsch und Pangasius.
_Hintergrundinfo Shrimps_ "Shrimps" ist ursprünglich das englische Wort für Garnelen. Sie heissen in
Frankreich und der Schweiz "Crevettes", in Spanien sind es "Gambas", in Italien "Scampis".
Riesengarnelen heissen auf englisch "Prawns". Es gibt über 2.000 verschiedene Garnelenarten.
Gezüchtet werden vor allem "Western White", Süsswassergarnelen und "Black Tiger".
_Unappetitlich: der Darm_
Garnelen ernähren sich von Plankton. Daher ist der dunkle Darm für den Menschen völlig ungefährlich, wird
aber aus optischen Gründen oft entfernt. Dazu schneidet man die Garnele mit der Schere der Länge nach
auf - der Darm kann dann ganz leicht herausgezogen
werden.
_Varianten_ Ob roh oder gekocht, die Tiere werden in den verschiedensten Verarbeitungsstufen angeboten:
das ganze Tier, nur der Schwanz,
halbiert und ganz ohne Schale. Man kann die Garnelen in all diesen Varianten braten, nach Möglichkeit
jedoch nur ganz kurz. Brät man die Tiere mit Schale, bleiben sie zarter und saftiger und bekommen mehr
Aroma.
_Richtig auftauen_ Kauft man grosse, tiefgekühlte Garnelen, sollte man diese am besten über Nacht im
Kühlschrank auftauen und dabei gut abtropfen lassen.
Die Tiere dürfen nicht im Wasser liegen. Wenn man für einen Krabbencocktail kleine, tiefgefrorene
Garnelen kauft, gibt man sie kurz in eine Schüssel mit kochendem Wasser. Nach einer halben Minute
sollte man das Wasser abgiessen, die Garnelen in einem Sieb kalt abbrausen und gut abtropfen lassen.
Anschliessend stellt man sie zugedeckt in einer Schüssel etwa eine Stunde in den Kühlschrank. Danach
sind die Tiere aufgetaut und schmecken wie frisch.
_Buchtipps_
* Christian Teubner
Die 100 besten Rezepte aus aller Welt Fisch und Meeresfrüchte Gräfe & Unzer, 2001 ISBN
9783774220768 (Das Buch ist vergriffen, gebraucht aber bei verschiedenen Internetbuchhändlern zu
bekommen.)
* Kate Whiteman
Enzyklopädie der Fische und Meeresfrüchte Edition XXL, 2005 ISBN 9783897360815 Preis: 10 Euro
* Ralph Bürgin, Holger Hofmann, Kurt Lillelund
Seafood Gräfe & Unzer, 2004 ISBN 9783774241831 Preis: 49,90 Euro
* Susi Eising, Martina Görlach, Odette Teubner
Das grosse Buch der Meeresfrüchte (Teubner Edition) Gräfe & Unzer, 2005 ISBN 9783774269675 Preis:
69,90 Euro
* Christian Teubner, Michäl Türkay
Shrimps, Hummer und Langusten Teubner Küchenlexikon Gräfe & Unzer, 1999 ISBN 9783774219823 (Das
Buch ist vergriffen, gebraucht aber bei verschiedenen Internetbuchhändlern zu bekommen.) Autorin: Anne
Welsing
_Link_
*
http://www.wdr.de/tv/servicezeit/essen_trinken/archiv/index.jsp?sr=F
ischgerichte&archiv_save=ausw%E4hlen&archiv_save=GO Fisch- und Meeresfrüchterezepte von Martina &
Moritz. (Servicezeit:
Essen & Trinken, Archiv, Beiträge aus der Rubrik Fischgerichte) _Weitere Informationen_
*
http://www.wdr.de/tv/fsstd-technik/redir.jsp?t=http://www.vasep.com.
vn/vasep/edailynews.nsf/HomePage Vietnam Association of Seafood Exporters and Producers (VASEP).
Auf der Seite der Vietnam Association of Seafood Exporters and Producers (VASEP) findet man aktuelle
Informationen rund um Fisch-und
Garnelenzucht in Vietnam (in Englisch).
*
http://www.wdr.de/tv/fsstd-technik/redir.jsp?t=http://www.vasep.com.
vn/vasep/ipms.nsf/0/65438038FEF2A6234725737000325068/$FILE/60-62.pdf
Hintergründe zum Ca Mau Projekt in Vietnam (in Englisch). PDF-Datei
(297 KB)
*
http://www.wdr.de/tv/fsstd-technik/redir.jsp?t=http://www.naturland.
de/fileadmin/MDB/documents/Aqua/Shrimps2007_komp.pdf Produktinformationen von Naturland rund um
Shrimps aus biologischer Aufzucht. PDF-Datei (490 KB)
*
http://www.wdr.de/tv/fsstd-technik/redir.jsp?t=http://www.sippo.ch/f
iles/publications/fish_shrimp2002.pdf Internationale Standards für die ökologische Aquakultur (in Englisch).
PDF-Datei (401 KB)
*
http://www.wdr.de/tv/fsstd-technik/redir.jsp?t=http://www.naturland.
de/fileadmin/MDB/documents/Richtlinien_deutsch/Naturland-Richtlinien
_Aquakultur_2007-05.pdf
Naturland - Richtlinien für die ökologische Aquakultur. PDF-Datei
(326 KB)
*
http://www.wdr.de/tv/fsstd-technik/redir.jsp?t=http://www.naturland.
de/ökologischeaquakultur.html www.naturland.de/.... Artikel: "Ökologische Aquakultur - die ?Blaü
Revolution nachhaltig gestalten"
*
http://www.wdr.de/tv/fsstd-technik/redir.jsp?t=http://www.eurocbc.or
g/farming_the_sea.pdf Ausführlicher Bericht über Aquakulturen: Farming the sea, costing
the earth (in Englisch). PDF-Datei (4.136 KB)
*
http://www.wdr.de/tv/fsstd-technik/redir.jsp?t=http://www.yale.edu/t
ri/pdfs/bulletin2005/059Bull05-Cuoco.pdf
Eine Bewertung der ökologischen Aquakultur in Equador: "Organic
Aquaculture in Ecuador" (in Englisch). PDF-Datei (154 KB)
*
http://www.wdr.de/tv/fsstd-technik/redir.jsp?t=http://www.shrimpnews
.com/Farmed%20Species.html Spezifizierung von Shrimps und Garnelen (in Englisch)
*
http://www.wdr.de/tv/fsstd-technik/redir.jsp?t=http://www.lebensmitt
ellexikon.de/g0000390.php Umfangreiche warenkundliche Informationen zu Schalentieren
*
http://www.wdr.de/tv/fsstd-technik/redir.jsp?t=http://www.waswiresse
n.de/abisz/fisch_einkauf_krebs_weichtiere.php Lebensmittelkunde Krebs- und Weichtiere
*
http://www.wdr.de/tv/fsstd-technik/redir.jsp?t=http://www.gtz.de/de/
dokumente/en-mangroven.pdf
Auf der Seite der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) gibt es Informationen zu
Mangroven als Ökosystem. PDF-Datei (602 KB)