Wirsing, Brassica oleracea L. convar. capitata (L.) Alef. var.
sabauda L.
Krausblättrige Kohlarten waren bereits in der Antike im Mittelmeergebiet bekannt. Möglicherweise waren
diese römischen Formen die direkten Vorläufer des Wirsings, die während des gesamten Mittelalters
angebaut wurden. Dabei könnte es zur Ausbildung der kopfbildenden Typen gekommen sein. Wegen
seines hohen Gehalts an Mineralstoffen, vor allem Phosphor, Kali und Magnesium, ist er besonders
gesund. Das wussten wohl schon die alten Griechen, denn Theophrast schrieb im 3. Jahrhundert v. Chr: 'Im
ganzen hat der
krause Kohl grössere Blätter und bessere Säfte als der glatte.' Die Kräuterbücher des 16. Jahrhunderts
zeigen, dass zu jener Zeit Wirsing bereits im Anbau war. Royer nennt ihn Anfang des 17.
Jahrhunderts 'B. sabauda' und 'B. sabauda crispa'. Bei den Formen im Hessischen Garten handelte es sich
um stark aufgewölbte Blattspreiten.
Im 19. Jahrhundert war er in Deutschland auch unter den Namen Börskohl, Savoyerkohl, Mailänder Kohl
und Köhl bekannt und galt als eine der Gemüsesorten, die (fast) von jedermann gern gegessen wurde.
Heute unterscheidet man bei uns zwischen Frühjahrs- und
Sommerwirsing mit lockeren Köpfen, dem gelben schwerkopfigen Lagerwirsing und dem leichtkopfigen,
grünlichen Winterwirsing, der in der Schweiz auch Suppenwirz heisst. In der Gegend von Verona ist eine
grünviolette Wirsingvariante verbreitet. Eine besonders zartblättrige Variante, die lockere Köpfe bildet, wird
Butterkohl genannt.
Chou frisé à pied court amélioré de Plainpalais - Dieser Wirsing ist
ein typisches Beispiel einer Land- oder Lokalsorte. Man weiss nicht
genau, wann er eingeführt wurde, er ist seit je in der Region von Genf bekannt. Vermutlich gehört er zu den
Sorten, die von den eingewanderten Hugenotten in Plainpalais entwickelt wurden.
Charakteristisch für Landsorten und Lokalsorten sind ihre grosse genetische Variabilität und ihre
jahrhundertelange Auslese auf bestimmte Eigenschaften. Die Sorte ist also nicht 100 % einheitlich;
manche Köpfe sind ausladender, manche sind flacher, manche grösser, manche haben mehr grüne und
manche mehr goldgelbe Blätter. Alle diese Variationen charakterisieren die Sorte. Die Kultur dieses
Herbstwirsings dauert nicht länger als vier Monate. Man sät Ende Mai, Anfang Juni und erntet ab Ende
September. Bei einigen Vorkehrungen gegen den Frost kann bis Frühling laufend geerntet werden.
Typischerweise bilden seine äusseren Blätter eine Manschette, die wegen seines kurzen Stiels direkt den
Boden bedeckt.
De Pontoise - Diese Sorte war im 19. Jahrhundert im Gebiet Pontoise
weit verbreitet (Seine-et-Oise). Sie wurde auf zirka 300 ha für den
Pariser Markt angebaut. Mehr als fünf Millionen Kohlköpfe dieser Sorte wurden 1879 dort verkauft.
Typischerweise sind die drei äussersten Blätter nach oben gerichtet, sodass sie einander bedecken. Wenn
das erste erfriert, nimmt man es ab, und der Kohl bleibt dennoch durch die zwei weiteren geschützt. Um
1879 wurde die Sorte auch in der Schweiz angebaut. Im Vergleich zur oben erwähnten Genfer Sorte ist sie
spätreifer, dafür aber besser über den Winter haltbar. Was die Speisequalität betrifft, wurde sie geringer
geschätzt als der Genfer Wirsing 'à pied court'. Besonders in höher gelegenen Gebieten stieg der Anbau
dieser Sorte Ende des 19.
Jahrhunderts an.