Und diese Pilze produzieren keine Gifte?
:Das grösste Interesse der Forscher galt natürlich den
krebserregenden Aflatoxinen. Sie liessen sich jedoch in den Kulturen der Käseschimmel nicht aufspüren.
Wurden sie in Camembert oder Brie gefunden, dann stammten sie aus den Futtermitteln, die die Kühe
gefressen hatten.
Ist der Flaum aus weissem Schimmel für alle Weichkäse typisch?
:Nein. Romadur, Weinkäse, Limburger, Münster und Mainaür - von
ihren Trokkenmassegehalten her ebenfalls Weichkäse - werden nicht mit
Camembertschimmel angeimpft. Auf ihnen bildet sich nach dem Salzbad innerhalb von zwölf bis 14 Tagen
eine "rote Schmiere, die mitegegessen werden kann.
Ist das nicht beim Harzer Roller genauso?
:Richtig. Nur zählt der Harzer zu den Sauerilchkäsen wie der Mainzer
Hand-, Stangen-, Korb- und Spitzkäse dürfen sich einen weissen Pelz
zulegen -wie der Gamembert.
Magerstufe - das heisst wenig Fett?
:Die Käseverordnung unterscheidet je nach prozentualem Fettanteil in
der Trockenmasse acht Stufen. Für den Verbraucher sind diese Werte irreführend. Denn er isst nicht
Trockenmasse, sondern Käse! Über den Daumen gepeilt, enthält die Portion Edamer oder Camembert
tatsächlich nur halb soviel Fett wie für die Trockenmasse angegeben.
Ob fett oder mager, lässt sich das steuern?
:Die Milchindustrie stellt vor dem Pasteurisieren und
Weiterverarbeiten den Rahmanteil in der Ausgangsmilch entsprechend ein. Alles standardisiert! Apropos
Pasteurisieren: Wie hält es das deutsche Lebensmittelrecht
mit den Rohmilchkäsen?
:Für Emmentaler und Bergkäse ist Rohmilch Pflicht, für
Sauermilchquark, Frischkäse und seit 1986 für Weichkäse ist sie verboten. Ausnahmeregelungen sind
zwar vorgesehen, wie schwierig sie jedoch erkämpft werden müssen, zeigt das Beispiel Rohmilch-Verkauf.
Das schlimmste daran ist, dass der Eifer der Saubermänner keineswegs den riesigen Konzernen schadet,
die den Markt nur noch mit pasteurisierter Einheitsware überschwemmen, wohl aber den kleinen Bauern
und Sennern, die noch Käse mit Charakter kreieren.
Gilt der Pasteurisierungszwang auch für ausländische Ware?
:Ja, seit 1987 macht der deutsche Amtsschimmel nicht einmal mehr vor
ihnen halt. Und die Franzosen trifft er am stärksten. Rund acht Prozent des nach Deutschland gelieferten
Sortiments stammen aus kleinen Betrieben. Die edelsten Vertreter entstehen in Handarbeit und nach alter
Tradition, die sich nicht in das Regelwerk der Käse-Bürokraten fügt. Die Franzosen sinnen auf Rache, etwa
ein
Einfuhrverbot für deutsche Schnittkäse mit Nitratzusatz! Was sucht Nitrat im Schnittkäse?
:Die Sporen einiger käseverderbender Bakterien lassen sich selbst
durch Pasteurisieren nicht abtöten. Nitrat soll ihr Wachstum bremsen. Die erlaubte Menge ist 1986 von 0,2
auf 0,15 Gramm pro Liter Milch gesenkt worden. Die Massnahme riecht mehr nach Alibi als nach
Verbraucherschutz. Denn immerhin kommen italienische, französische und Schweizer Käsefabrikenten
ohne den umstrittenen Zusatz zurecht.
Schadet denn Nitrat der Gesundheit?
:Nicht direkt, nur wenn es sich durch Bakterien in Nitrit verwandelt
und sich dann mit Aminen zu krebserregenden Nitrosaminen verbindet.
Das kann in unserem Körper passieren oder auch schon im Käse.
Letzteres ist allerdings noch sehr umstritten. Erste Untersuchungen stifteten mehr Verwirrung als
Aufklärung: Emmentaler und Camembert,
denen Nitrat nicht zugesetzt werden darf, enthielten mehr Nitrosamine als die Schnittkäse mit dem
Freibrief für die Chemikalle.
Und woher kommen die Amine?
:Sie entstehen bei der Käsereifung.
Was ist mit Toast Hawaii?
:Schinken liefert reichlich Nitrit, der Käse die passenden Amine,
und die hohe Temperatur beim Backen beschleunigt die Reaktion.
Weiche Zusatzstoffe sind noch erlaubt?
:Neben Lab, Labaustauschstoffen, Bakterienkulturen, bestimmten
Edelpilzen und Speisesalz sind noch Milchsäure zugelassen, Beta-
Carotin und Lactoflavin als natürliche Farbstoffe, in eingeschränkten Mengen Trockenmilch- und
Eiweisserzeugnisse,
Calciumchlorid zur Verbesserung der Labgerinnung, Carbonate, um vor der Reifung der Sauermilchkäse die
Säure zu neutralisieren.
Lysozym, ein aus Hühnereiweiss isolierter Bakterienkiller, soll bei den Schnittkäsen Reifungsfehler
verhindern. Nitamycin, ein Antibiotikum, schützt die Rinde von Hart- und Schnittkäsen vor dem
Verschimmeln.
Ist das denn alles nötig?
:Durchaus nicht. Viele Errungenschaften der Molkereiwirtschaft sind
Zugeständnisse an das Tempo und die Strukturen der Grossbetriebe, die inzwischen die meisten
individuellen Käsereien "verschluckt" haben.
Anmerkung v. Renate Schnapka. Ich fand die Info interessant, weil viele Fragen noch heute aufschlussreich
sind. Allerdings stammt das Heft aus 1987 und manches, das hier kritisiert wurde, mag sich geändert
haben.