"Schwarzes Salz von Hawaii", "Silver Crystal Gourmet Salz" aus der Wüste Kalahari, "Himalaya Feinstreu
Salz", "Bergsalz" aus Peru oder "Rosa Salz Flocken" aus Australien - das gemeine Natriumchlorid wird
längst als Gourmetprodukt vermarktet. Und viele Zeitgenossen sind tatsächlich bereit, für die Würze viel
Geld auszugeben. Gourmets schwärmen von dem besonderen Aroma ihres Lieblingssalzes. Hat es das
tatsächlich? Nach Meinung von Naturkostfans enthalten die natürlichen, unbehandelten Salze jedenfalls
mehr gesunde Inhaltsstoffe als das raffinierte Salz aus der industriellen Herstellung - und somit seien sie
auch empfehlenswerter. Sind die
Unterschiede derart gravierend? _Wie viel Salz braucht der Mensch?_ Ohne Salz würden viele Speisen
nicht so gut schmecken - es
verfeinert die natürlichen Aromen und verleiht die richtige Würze.
Zudem ist Salz Baustein im menschlichen Organismus sowie ein lebensnotwendiger Bestandteil des
Stoffwechsels. Der Körper verliert Salz mit seinen Flüssigkeiten - wie Tränen, Schweiss und
Urin. Die beiden wichtigsten Salzbestandteile Natrium und Chlorid kann er aber nicht selbst herstellen.
Daher wird eine tägliche Aufnahme von mindestens 2,5 bis zu 6 Gramm empfohlen (vergleiche Links:
"Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr" von der Deutschen
Gesellschaft für Ernährung). Lange wurde vor einem erhöhten Konsum von Kochsalz gewarnt. Gefährlicher
Bluthochdruck galt pauschal als Folge einer solchen Überdosierung. Neuere Studien konnten diesen
Zusammenhang jedoch nur in einigen Fällen bestätigen.
_Mehr als salzig?_ "Salz schmeckt salzig, mehr nicht!" So oder ähnlich dachte man noch bis vor wenigen
Jahren beim Berieseln von Frühstücksei oder Pellkartoffel mit jenen feinen, fast pulvrig gemahlenen
Kristallen aus dem Salzstreuer. "Falsch: Salz schmeckt nach mehr
beziehungsweise nach Meer", behaupten immer häufiger Feinschmecker und besonders die Anbieter jener
unzähligen exotischen Salzsorten, die inzwischen in Fein- oder Naturkostläden erhältlich sind. Salz
wird da beschrieben als "knusprig", "mild", "würzig", "rauchig".
Und Salz ist dort auch nicht mehr allein weiss, sondern schimmert rosafarben, ist tiefschwarz, rot oder
grau. Solche Gourmetsalze kosten dann auch nicht mehr wenige Cent wie das gewohnte Speisesalz,
sondern in den exklusiven Varianten schon einmal 25 Euro pro Kilogramm. Das lohne sich, denn die
Edelsalze vom Atlantik, aus Hawaii oder dem Himalaya sollen nicht nur besser schmecken, sondern auch
viel gesünder sein.
_Gegensätzliche Meinungen_ Ernährungsmedizinerin Astrid Munkenbeck aus Wuppertal ist überzeugt:
Welches Salz der Mensch zu sich nimmt, spiele wohl keine
Rolle. Sie befindet sich mit dieser Meinung im völligen Gegensatz zur Riege der Vertreter naturbelassener
Salze. Denn für die teils esoterischen, teils geschäftstüchtigen Anbieter von "Fleur de Sel" oder "Himalaya
Kristallsalz" ist klar: Das, was aus grossen
Salzbergwerken der Industrie gewonnen wird, sei "zu 99 Prozent eine hochreine Chemikalie und kein
Lebensmittel mehr. Das ist natürlich extrem bedenklich, da sollte man zumindest mal drauf hinweisen", so
der Feinkosthändler Ralf Bos, der sich seit Jahren mit dem Thema Salz befasst.
_Hochverarbeitete Chemikalie?_ Ganzheitliche Mediziner machen den Unterschied noch deutlicher: Für
sie sind Kochsalze der "chemischen Industrie" mehr ein "gefährliches Zellgift" als ein wohltündes
Nahrungsmittel (vergleiche Buchtipps: "Wasser und Salz"). Die Anhänger der
naturbelassenen Salze meinen: Das Kochsalz der Industrie sei eine
von allen Spurenelementen befreite Chemikalie. Zwar bestehe jedes Salz zu mindestens 97 Prozent aus
Natriumchlorid, doch im Speisesalz sei durch den industrieueblichen Raffinationsprozess das
Natriumchlorid zum chemischen Produkt verkommen - gereinigt von
vielen wichtigen Spurenelementen, wie Kalzium, Kalium und Magnesium.
Was übrig bliebe, sei nicht nur weniger gesund als unbehandeltes Salz, es sei sogar schädlich - nicht
zuletzt wegen beigefügter
Rieselhilfen oder Jod, Fluorid oder Folsäurezugaben.
_Esoterischer Ansatz_ Damit aber nicht genug. Salz, das im Himalaya-Gebirge oder in
Verdunstungsbecken am Atlantischen Ozean abgebaut werde, habe, so die einheitliche Überzeugung,
neben den Spurenelementen vor allen Dingen noch anderes zu bieten, nämlich "positive Schwingungen".
Besonders das im Himalaya abgebaute Salz beinhalte noch sämtliche natürlichen Elemente und besitze
durch "sein spezifisches Schwingungsmuster" sogar heilende Kräfte.
_Natriumchlorid ist Natriumchlorid_ Für die Ärztin Astrid Munkenbeck ist diese Sichtweise nicht
nachvollziehbar. "Natriumchlorid ist von der chemischen Verbindung her Natriumchlorid. Egal, wie Sie es
herstellen, Sie haben ein Natrium-Ion und ein Chlorid-Ion, und beide sind wasserlöslich." Und
da jedes Salz zu etwa 97 Prozent aus jenem "NaCl" bestehe, blieben maximal 3 Prozent, in denen sich
Spurenelemente etc. verbergen können. Für die skeptische Medizinerin ist klar: Diese 3 Prozent
sind zu vernachlässigen, denn "das macht es nicht aus, dass wir physiologisch nach oben kommen. Wir
müssen ausgewogen essen, damit wir genug Mineralstoffe und Spurenelemente bekommen." Diese
Meinung vertritt auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung. In einer Stellungnahme zum Himalayasalz
heisst es:
"Himalayasalz besteht zu mindestens 97 Prozent aus Natriumchlorid (NaCl) - also aus Kochsalz. Damit ist
der Gehalt an anderen
Mineralstoffen als Natrium und Chlorid in Himalayasalz so gering, dass angesichts der üblichen
Verzehrsmengen dieses Produkt keinen nennenswerten Beitrag zur Bedarfsdeckung von Mineralstoffen und
Spurenelementen (ausser Na und Cl) leisten kann." _Steinsalz und Siedesalz_ Grossproduzenten, wie
die European Salt Company (ESCO), gewinnen Speisesalz hierzulande in der Regel aus Siedesalzsolen.
Wasser wird dabei in die Salzstöcke geleitet, das Salz wird darin gelöst, an die Oberfläche gepumpt und
dann wieder getrocknet. Oder das Steinsalz wird aus den schier unerschöpflichen Bergwerkstollen
gefördert, wie in Rheinberg in Nordrhein-Westfalen. Es wird
schliesslich noch gemahlen und gereinigt und ist im Prinzip mehrere Hundert Millionen Jahre altes
Meersalz.
Dirk Heinrich ist ESCO-Betriebsleiter des Bergwerks in Rheinberg:
"Wir wissen, das Siedesalz ist ein hochreines Natriumchlorid.
Natriumchlorid ist natürlich, eine in der Natur vorkommende Chemikalie, rein wissenschaftlich betrachtet.
Wir können sagen, das Siedesalz besticht durch seine Optik, seine Reinheit. Aber auch das
Steinspeisesalz hat seine Vorteile, es ist ein natürliches, untertägiges Produkt. Ein Steinspeisesalz verfügt
im Durchschnitt über 99 Prozent Natriumchlorid - ein sehr reines Salz."
_Zusatzstoff: Rieselhilfe_
Solange es keine wissenschaftlichen Studien gäbe, die bewiesen, dass das eine Salz gesünder sei als
das andere, lässt sich Dirk Heinrich nicht beunruhigen. Die dem Industriesalz beigefügte Rieselhilfe, bei
ESCO eine Cyanidverbindung namens "Natriumhexacyanoferrat", sei zudem völlig unbedenklich. Dirk
Heinrich: "Das ist ein Stoff, der seit 50 Jahren in der
Lebensmittelherstellung eingesetzt wird. Seit 50 Jahren ist keinerlei negativer Einfluss dieses Trennmittels
nachgewiesen." _Das Geschäft mit dem Salz_ Und dennoch: Auch ESCO beugt sich dem Trend hin zu
Spezial- oder
Edelsalzen. Neuerdings bietet man auch andere Salze an, zum Beispiel Meersalz vom Atlantik oder ein
Kristallnatursalz ohne jegliche Zusatzstoffe. Offenbar ist der Salzhandel wieder lukrativ geworden.
Doch von einem grossen Geschäft für die Natursalzhändler will Ralf Bos nichts wissen. Für ihn sind die
Salzkonzerne die grossen Gewinner, die Millionenumsätze machen. Dennoch lässt er sich von seiner
Mission nicht abbringen. Für ihn zählt ohnehin eher der Geschmack als die Gesundheit. Und da schwört
er, wie inzwischen viele trendbewusste Feinschmecker, vor allem auf "das hauchzarte und feinblättrige"
Gourmetsalz aus den Salzbecken in Frankreich und Portugal. "Kein unschönes Knacken stört den
himmlischen Genuss", befindet Ralf Bos bei der Beurteilung seines Lieblingssalzes. Vor allem aber gebe
es eine unvergleichliche Würze. "Wir sind natürlich prinzipiell der Meinung, dass Meersalz der beste legale
Tuner in der Küche ist, den man haben kann. Speisen, die mit Meersalz oder Fleur de Sel gekocht sind,
sind um mindestens 10 Prozent besser als solche, die mit normalem Speisesalz gekocht sind", sagt er.
Fleur de Sel - seinen Preis wert?
Und da seien eben auch die hohen Preise kein Gegenargument mehr.
Ralf Bos: "Das Kilogramm Fleur de Sel kostet 20 Euro. Das ist
natürlich ein hoher Preis. Wenn man sieht, wie viel auf so eine Portion draufkommt, 1,5 Gramm, dann ist
das ja gleich gar nix, wenn man sieht, wie man mit dem Geld ein wahnsinniges Resultat rausholt.
Dann ist das wirklich eine sinnvolle Geschichte." _Spass am Salz_ In Deutschland werden mittlerweile
über 100 Salzsorten angeboten.
Ob es die Konsistenz ist, der andere Schmelzpunkt des frisch aufgerieselten Salzes, die noch
vorhandenen Spurenelemente, die den besonderen Geschmack ausmachen, oder ob es vielleicht sogar nur
Einbildung ist - Interessierte sollten vielleicht einfach selbst
einen Versuch wagen. Daran hatte selbst die kritische Ernährungsmedizinerin Astrid Munkenbeck
erkennbare Freude. Bei einer Salzprobe musste sie neue Geschmackserlebnisse eingestehen.
"Eine Salzprobe macht richtig Spass", so lautet ihr Kommentar zu der neuen Erfahrung.
_Buchtipps_
* Barbara Hendel und Peter Ferreira
Wasser und Salz Urquell des Lebens Über die heilenden Kräfte der Natur Ina, 2004 ISBN 9783952275245
Preis: 20,35 Euro
* Jody Vassallo, Deirdre Rooney
Salz & Pfeffer Christian, 2006 ISBN 9783884727010 Preis: 14,95 Euro
* Frederic Denhez
Der Weg des weissen Goldes Eine Kulturgeschichte des Salzes RvR, 2006 ISBN 9783938265239 Preis:
19,95 Euro
* Mark Kurlansky
Salz Der Stoff, der die Welt veränderte List Taschenbuch, 2004 ISBN 9783548603841 Preis: 8,95 Euro
* Michäl Gienger, Gisela Glaser
Salz Nahrungsmittel, Heilmittel oder Gift? Neue Erde, 2003 ISBN 9783890600604 Preis: 6,95 Euro
Autor: Georg Lembeck
_Links_
*
http://www.wdr.de/tv/fsstd-technik/redir.jsp?t=http://www.wdr.de/tv/
servicezeit/essen_trinken/extras/küchentipps/v/versalzen.jsp Küchentipp: Versalzenes retten. (Servicezeit:
Essen & Trinken,
Archiv Küchentipps)
*
http://www.wdr.de/tv/fsstd-technik/redir.jsp?t=http://www.wdr.de/tv/
servicezeit/essen_trinken/sendungsbeiträge/2007/0525/05_bretagne.js p Meersalz aus der Bretagne
(Servicezeit: Essen & Trinken vom 25. Mai 2007)
*
http://www.wdr.de/tv/fsstd-technik/redir.jsp?t=http://www.wdr.de/tv/
quarks/sendungsbeiträge/2005/0419/übersicht_salz.jsp Kostbares Salz (Quarks & Co. vom 19. April 2005)
*
http://www.wdr.de/tv/fsstd-technik/redir.jsp?t=http://dge-sachsen.de
/site-assistent/cms-admin/user/index.php?page_id=45
Deutsche Gesellschaft für Ernährung, Sektion Sachsen Auf der Seite der Deutschen Gesellschaft für
Ernährung, Sektion Sachsen, finden sich viele weiterführende Informationen zum Thema "Salz in der
Ernährung".
*
http://www.wdr.de/tv/fsstd-technik/redir.jsp?t=http://www.dge.de/mod
ules.php?name=Content&pa=showpage&pid=3&page=1 Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr Deutsche
Gesellschaft für Ernährung: "Referenzwerte für die
Nährstoffzufuhr"
*
http://www.wdr.de/tv/fsstd-technik/redir.jsp?t=http://www.schrotundk
orn.de/2003/200306e4.html Warenkundliche Informationen zum Thema "Salz"
*
http://www.wdr.de/tv/fsstd-technik/redir.jsp?t=http://www.hr-online.
de/website/rubriken/ratgeber/index.jsp?rubrik=3628&key=standard_docu ment_23494660&seite=1
Ausführlicher Artikel des Hessischen Rundfunks: "Das Salz in der
Suppe"
*
http://www.wdr.de/tv/fsstd-technik/redir.jsp?t=http://www.klinikum.u
ni-heidelberg.de/ShowSingleNews.176.0.html?&cHash=7d35bdfefc&tx_ttne
ws[arc]=1&tx_ttnews[backPid]=24&tx_ttnews[pL]=2678399&tx_ttnews[pS]= 1196463600&tx_ttnews
[tt_news]=3479 Warum zu viel Salz den Blutdruck erhöht Pressemitteilung der Uni Heidelberg vom 17.
Dezember 2007: "Warum zu
viel Salz den Blutdruck erhöht - Wissenschaftler des Heidelberger
Instituts für Pharmakologie entdecken zwei Signalwege als grundlegenden Mechanismus/Publikation in
Nature Medicine"
*
http://www.wdr.de/tv/fsstd-technik/redir.jsp?t=http://www.dge.de/mod
ules.php?name=News&file=article&sid=340 Deutsche Gesellschaft für Ernährung Stellungnahme der
Deutschen Gesellschaft für Ernährung: "Was ist
Himalaya-Salz? Ist es herkömmlichem Salz vorzuziehen?"