_Vom Beaujolais und anderen_ Was war das vor ein paar Jahren noch für ein Ereignis: weltweit
schon kurz nach Mitternacht des dritten Donnerstags im November, der kollektive Ruf: le Beaujolais
Nouveau est arriv#! Der Wein-Kult hatte
seinen Ursprung am 13. November 1951. Da erstritten sich die Winzer des Beaujolais eine
Ausnahmegenehmigung vom französischen Weinrecht.
Sie erlaubte es ihnen, ihren neuen Wein schon ab dem dritten Novemberdonnerstag in den Handel zu
bringen. Vorher bildete der 15.
Dezember den Stichtag für den neuen Wein. Sie haben die Chance genutzt, die ersten auf dem Markt zu
sein. Heute hat der Boom merklich nachgelassen. Trotzdem ist mehr denn je "Primeur" in den
Weinhandlungen zu finden. Aus allen Regionen und schon im Oktober.
(dass diese Weine unter der Flagge "Landwein" segeln und nicht das Siegel AOC für Qualitätswein haben -
wer merkt das? Und
tatsächlich gibt es qualitativ auch oft keinerlei Unterschied) _Der Markt_ Er wird zumindest für den
Beaujolais immer enger: rund 60 Mio
Flaschen werden erzeugt. Die Hälfte geht in den Export, 9 Mio Flaschen alleine nach Deutschland: wir sind
das Haupt-Abnehmerland.
Allerdings mit rückläufiger Tendenz. Mitte der 90er Jahre waren es auch schon mal ein paar Mio Flaschen
mehr. Die Amerikaner und in jüngerer Zeit Ostasiaten sind die neuen Märkte. Das Angebot allerdings
wächst: Italienische und spanische Winzer und Kellereien
bieten allerlei Primeur-Weine an. Und selbst ganz ausser der Reihe
kommen im Sommer "Neue" auf den Markt: der Cape-Blush zum Beispiel,
ein junger Rosee aus Südafrika.
Der Reiz des jungen Weines, der liegt wohl einmal in der Psychologie der Käufer begründet, die einfach
"die ersten" sein wollen. Es gibt aber auch geschmackliche Gründe, sich für einen Primeur zu
entscheiden: sie sind oft fruchtiger und haben weniger Gerbstoffe als
andere Weine.
_Wie Primeur-Weine entstehen_
Die meisten Produkte entstehen nämlich auf eine ganz spezielle Art:
durch die Maceration carbonique. Dabei kommen die Trauben als Ganzes in den Gärtank. Sie werden nicht
gemahlen. Die Luft wird durch Kohlendioxid verdrängt. Unter diesen Bedingungen beginnt der Saft in den
Beeren drinnen zu gären, ganz ohne Hilfe der Hefen. Dabei wird die Farbe der Schalen nach innen
abgezogen. Durch das Gewicht der Trauben platzen die zuunterst liegenden Beeren und durch zugesetzte
Hefen setzt im Most die normale Gärung ein. Verschiedene Stoffe, die wir als Fruchtig wahrnehmen,
entstehen dabei in grösseren Mengen als sonst. Diese Herstellungsmethode ist typisch für die meisten
ausländischen Jungeweine. Um so zu arbeiten, müssen allerdings die Trauben handgelesen sein. In
Deutschland werden sie dagegen meistens durch Erhitzung der Maische auf rund 80 oC hergestellt. Auch
das schafft ein weicheres allerdings weniger fruchtiges Geschmacksbild.
Grundsätzlich ist es auch möglich mit der ganz klassischen Maischegärung Weine herzustellen, die schon
im November auf die Flasche kommen. Nur: wozu?
_In der Ruhe liegt die Kraft_ Das ist nämlich kein schlechter Grundsatz bei der Weinbereitung. Ein
Minimum an Entwicklung macht den Wein runder und angenehmer. Er verliert allzu "scharfe"
Gärungsaromen. Allerdings werden heute auch viele deutsche Dornfelder-Rotweine genauso hektisch
gemacht, ohne
dass sie jemand als Spezialitäten anpreisen würde: dahinter steckt
die schiere Not der Winzer, die meist schon vor der Ernte ausverkauft sind und schnell Nachschub aus
dem neue Jahrgang brauchen.
_Was Verbraucher wissen müssen_ Die jungen Wilden sollten kühl getrunken werden. Sie ähneln in ihrer
Struktur ein bisschen dem Weisswein. Also sind mehr als 12 Grad eher hinderlich. Wer einen solchen
Tropfen neben dem Ofen "anwärmt" sollte lieber gleich Glühwein draus machen. Qualitäten sind schwer zu
unterscheiden. Seit 1999 gibt es auch keinen Beaujolais-Villages mehr
als Primeur. Das war immer noch eine Möglichkeit etwas höhere Qualitäten auszumachen - vorbei. Das
deutsche Weinrecht räumt auch
den Winzern hierzulande die Möglichkeit ein, junge Qualitäts-Weine
als "der Neue" zu vermarkten, allerdings nicht vor dem 1.11.