Seit dem 16. Jahrhundert gibt es das deutsche Reinheitsgebot. Es soll dazu dienen, Bierpanschern das
Handwerk zu legen. Seither darf deutsches Bier nur aus folgenden Zutaten gebraut werden: Wasser,
Gerste oder Weizen, Hefe und Hopfen. Mit Fusel kann "unser deutsches Bier" deshalb nicht viel zu tun
haben - darin zumindest sind sich die
Biertrinker der Nation einig, egal, ob sie Pils, Weizen, Kölsch oder Alt bevorzugen. Das mag stimmen,
wenn man unter Fusel billigen Schnaps versteht. Streng wissenschaftlich gesehen, stimmt es aber nicht.
_"Fusel" - natürliches Nebenprodukt_
Wer abends zu tief ins (Bier-)Glas geschaut hat, wacht häufig am
nächsten Morgen mit Kopfschmerzen, Übelkeit und Schwindel auf.
Schuld an diesem Unwohlsein sind die so genannten Fuselalkohole im Bier. Die unangenehmen
Begleitstoffe entstehen beim Gärprozess und sind in allen alkoholischen Getränken in unterschiedlicher
Konzentration enthalten. Für die Entwicklung des gefürchteten Katers kommt es also nicht nur darauf an,
wie viel man trinkt, sondern auch was. Im menschlichen Körper werden Fuselalkohole in der Leber zu
Giftstoffen abgebaut, die zum Beispiel die Herzleistung beeinflussen und so zu einer Unterversorgung mit
Sauerstoff im Gehirn führen können.
_Stark unterschiedliche Gehalte_ Siegrun Mohring kennt sich mit Fusel aus - rein wissenschaftlich
versteht sich. In ihrer Diplomarbeit an der Fachhochschule Münster hat die Chemieingenieurin
Fuselalkohole in 60 unterschiedlichen Biersorten untersucht und ganz unterschiedliche Gehalte ermittelt -
je nach Brauverfahren und verwendeter Getreideart. Obergäriges Bier enthält in der Regel mehr
Fuselalkohole als untergäriges Bier.
Wichtig: Mit der Alkoholangabe auf dem Etikett ist nicht der
Fuselalkohol gemeint. Die durchschnittlich 5 Prozent Alkohol im Bier sind Ethanol, ein Alkohol, der beim
Brauen aus Hefe und Stärke entsteht.
Die Gehalte bei den untersuchten Weizenbieren liegen grösstenteils zwischen 130 und 160 Milligramm pro
Liter. Das ist fast doppelt so viel Fuselalkohol wie bei einem durchschnittlichen Pils. Grund dafür ist
vermutlich, dass Weizen eiweissreicher ist als Gerste, so Siegrun Mohring. Aus den Eiweissen bilden sich
dann bei der Gärung die Fuselalkohole.
Viele Biere Pilsener Brauart liegen bei Siegrun Mohrings Analyse "fuselmässig" deutlich unter 100
Milligramm. Einzige Ausnahme: Das
besonders bei Studenten beliebte Öttinger Pilsener erreicht 121 Milligramm. Bei den untersuchten Sorten
schneiden Ahornberger Landbier, Beck's, Rolinck Pilsener, König Pilsener, Hasseröder Pils und Bitburger
Premium Pils besonders gut ab.
Export und Lager haben ähnliche Fuselgehalte wie die Pilsener Biere.
Was die Kölner freuen wird: Während das untersuchte Altbier auf
knapp über 100 Milligramm Fusel pro Liter kommt, liegen verschiedene Kölschsorten im Fuselgehalt
niedriger, also nur bei 74 bis 90 Milligramm pro Liter.
In Malz- oder alkoholfreiem Bier sind natürlich nur Spuren an Fusel
enthalten.
_Ohne Fusel kaum Geschmack_ Aber so ganz ohne geht es auch nicht, denn der Fuselalkohol ist ein
Geschmacksträger und bei den Braürn daher nicht unwillkommen. Ohne Fuselalkohole würde das Bier
ganz schön "labberig" schmecken, so die Braür. Und wer am nächsten Tag garantiert einen klaren Kopf
haben will, muss sich eben etwas zurückhalten, auch wenn es noch so gut schmeckt.
_Die Ergebnisse_ Eine genaü Übersicht der Ergebnisse ist im Internet auf der Seite der Fachhochschule
Münster zu finden:
http://www.fh-münster.de/FB1/Lieck