Die Edelkastanie, Castanea sativa Fagaceä (chataignier, Köstenbaum, süsser Kastanienbaum, zahmer
Kastanienbaum). Die Gattung Castanea umfasst 13 Arten, davon ist nur die C. sativa in Europa heimisch.
Die Edelkastanie gehört zur Familie der Buchengewächse. Der Baum wird bis zu 35 m hoch. Die älter
werdende Rinde des Stammes bildet tiefe Risse. Die Blätter sind lanzettlich, gestielt, am Rande stachelig
gezähnt. Die Blueten stehen in kleinen Knäueln vereinigt in grosser Anzahl auf Spindeln. Bluetezeit: Mai
bis Juni.
Die ersten Früchte können zwischen dem 15. und 20. Standjahr erwartet werden. Je 2 bis 3 von einer
braunen Schale umgebene Früchte sind in eine vierklappige, aussen mit weichen Stacheln besetzte Hülle
eingeschlossen. Fruchtreife: Oktober.
Man findet die Edelkastanie in grossen Beständen im Mittelmeergebiet, im Tessin und im Bergell in
Wäldern. Nördlich der Alpen kommt sie nur vereinzelt in Gebieten mit besonders mildem Klima vor. Zur
Verwendung kommen die braunen Früchte, die wir als Kastanien oder Maronen kennen. Obwohl Kastanien
roh genossen werden könnten, kommt ihr voller Geschmack erst durch Rösten oder Kochen zum
Ausdruck.
Die Kastanie gehörte noch im letzten Jahrhundert im Kanton Tessin wie Hirse und Mais zu den
Grundnahrungsmitteln. Die Früchte wurden - mit
einem Einschnitt versehen, im Wasser gekocht, oder zu Mehl verarbeitet, als Suppe gegessen.
In den kulturgeschichtlichen Bücher werden unter den Berufen die Kastanienbrater - marronai - aus der
mittleren Leventina und dem
Bleniotal angeführt. Aus anderen Überlieferungen ist bekannt, dass auch in den Tälern des Sottoceneri und
im nordwestlichen Luganese Männer als Marronibrater von November bis vor Ostern in die Deutschschweiz,
nach Mailand, Florenz und vornehmlich nach Paris auswanderten und damit den Unterhalt für ihre Familie
verdienten.
Die Früchte wurden von ihren Frauen und Kindern quasi vor der Haustüre aufgelesen.
Die Tessiner Küche kennt verschiedene Arten der Verwendung von Kastanien nebst den Castagne arrostite,
den gebratenen Marroni. Sehr verbreitet sind die gekochten Kastanien, die in leicht gesalzenem Wasser
zubereitet werden. Sie werden warm gegessen, die Schale wird aufgebissen, die Frucht herausgesogen.
Im Maggiatal wird aus Kastanien- und Roggenmehl ein Kastanienfladen
(Fiascia o castagnaccio), dessen Teig man gebacken auftischt, hergestellt. Kastanienmehl, in eine
Backform auf die Herdglut gestellt, ergibt Biskuits. Die Altvordern der Täler machen aus Kastanienmehl,
welches in kochendes Salzwasser eingerührt wurde und dann dreissig Minuten auf dem Feuer stehenblieb,
einen Brei, den sie, zusammen mit Milch, aus der Pfanne löffelten. Lecker ist eine mit Kastanienmehl
zubereitete Suppe, der man feingeschnittene, getrocknete Steinpilze, Speckwürfelchen, in Butter geröstete
Brotbrösmeli und etwas Rahm beigibt.
Geröstete Kastanien:
Die Kastanien mit einem spitzen Messer auf der flachen Seite kreuzweise einritzen. In eine Gusspfanne
geben und im vorgeheizten Backofen bei 200 Grad etwa 10 Minuten rösten. Die Pfanne immer wieder
rütteln. Geröstete Kastanien schmecken ausgezeichnet zu Wein oder vergorenem Apfelsaft.
Siehe auch die folgenden Infos:
Kastanien schälen Kastanien braten Zu den verschiedenen Sorten.
In der Praxis werden die eher kleinen "Kastanien" von den grossfrüchtigen "Maronen" unterschieden. Der
eigentliche Unterschied liegt aber nicht in der vorhandenen oder ausgebliebenen Segmentierung
(Aufteilung) der Samenkerne innerhalb der braunen Hülle. Die meisten Maronen sind nicht segmentiert: Die
Segmentierung ist weitgehend
vererbt. Deshalb müssen Maronen durch Pfropfung vermehrt werden.
Mit der Edelkastanie nicht zu verwechseln ist die bei uns winterharte Rosskastanie (Äsculus
hippocastanum). Sie hat handförmig zusammengesetzte Blätter. Die Früchte sind von einer Hülle
umschlossen deren Stacheln bedeuten weniger stechen als jene der Edelkastanie (bei der Edelkastanie
braucht man dicke Handschuhe zum Entnehmen der Früchte aus der stacheligen Schale, bei der
Rosskastanie dagegen nicht). Die Früchte der Rosskastanie sind ungeniessbar und dienen höchstens als
Tierfutter.
Sehr ausführliche Informationen über Kastanien (Ursprung, Sorten, Pflege der Bäume, Pflege der Früchte,
usw.) sind enthalten in: Karl
Stoll und Ulrich Gremminger, Besondere Obstarten, 1986, ISBN 3-8001-6186-9, s.bes. S. 14-19.