Der berühmteste italienische Käse, der als Parmesan ungezählte Nachahmer hat, wird seit sieben
Jahrhunderten auf die gleiche Weise erzeugt.
Wann ist ein Parmesan ein Parmesan? Das ist die Frage. Parmesan nämlich darf man überall auf der Welt
herstellen, aber diese Parmesans haben mit dem Original so wenig zu tun wie frische Himbeeren mit
Himbeersirup. Der echte Parmesan-Käse mit
Ursprungsgarantie, der Parmigiano-Reggiano, darf nur in einem genau
bezeichneten Gebiet produziert werden, das die Provinzen Parma, Reggio Emilia, Modena und Mantua
rechtsseitig des Flusses Po und Bologna linksseitig des Flusses Reno umfasst. Zu den Regeln, welche
die hohe Qualität des Parmigiano-Reggiano garantieren, gehört
zuallererst die Bestimmung, dass die Milchkühe nicht mit Silofutter, sondern mit frischen Kräutern zu
füttern oder auf der Weide zu halten sind. Die Abendmilch bleibt über Nacht stehen; morgens wird der
Rahm abgeschöpft. Dann kommt sie mit der Morgenmilch gemeinsam in den traditionellen glockenförmigen
Kupferkessel. Dort wird ihr etwas Molke aus vorherigen Käseherstellungen zugegeben, das
Fermentierunpserum. Unter langsamem Rühren erwärmt der Käsemeister die Milch auf 33 Grad Celsius,
um ihr Lab - das Ferment aus
Kälbermägen - zuzusetzen. Innerhalb von zwölf bis fünfzehn
Minuten gerinnt die Milch. Der Käsebruch, die "cugliata", wird mit dem "spino" genannten Dorn zerkleinert,
bis seine Körnung der Grösse von Weizenkörnern entspricht. Nun heizt der Käsemeister den Kessel erneut
an, um die Temperatur allmählich zunächst auf fünfundvierzig Grad Celsius zu bringen und sie dann schnell
auf fünfundfünfzig Grad Celsius zu erhöhen. Nach dem Abschalten der Hitze setzt sich die Käsemasse
unten im Kessel ab und wird dann mit Leinentüchern herausgehoben. In den Tüchern kommt sie in
hölzerne oder metallene Formen, die "fasceri", wo der Käse seine endgültige Form erhält. Eine leichte
Pressung beschleunigt den Austritt der restlichen Molke. Bereits nach wenigen Stunden wird das Tuch
entfernt und eine Matrize eingesetzt, die die Herkunftsbezeichnung "Parmigiano-Reggiano" sowie das
Herstellungsdatum in die Rinde
einprägt.
Noch einige Tage verbringt der Käse in der Form. Dann ist er bereits zu einem massiven, leicht bauchigen
Zylinder geworden, der nun für zwanzig bis fünfundzwanzig Tage in eine Salzlauge gelegt wird. Nach kurzer
Trocknung in der Sonne zieht er anschliessend ins Lager, die "casina" um. Auf massiven Holzregalen reifen
die Käse langsam, wobei sie regelmässig gewendet und gebürstet werden.
Meist am Ende des Jahres bringt der Käsehersteller seine gesamte Jahresproduktion in eigens
eingerichtete Lager, die zwischen 50'000 und 100'000 Käselaibe aufnehmen können. Meist gehören sie
Banken oder Genossenschaften, die auch Finanzhilfen gewähren. Pro Jahr erzeugt die Region 90'000
Tonnen oder 2,4 Millionen Laibe Parmigiano-Reggiano, wofür sie 1,44 Milliarden Liter Milch
verarbeitet. Denn für ein Kilogramm dieses hochwertigen Käses braucht man sechszehn Liter. Der
Parmigiano- Reggiano gehört zur
Kategorie der halbfetten gekochten Hartkäse. Er wird zwischen dem 1.
April und dem 11. November hergestellt. Die Reifung, die auf völlig natürlichem Wege erfolgt, muss
mindestens bis zum Sommerende des auf die Produktion folgenden Jahres dauern. Oft erstreckt sie sich
über einen noch grösseren Zeitraum ("fresco" = weniger als 18 Monate; "vecchio" = 18 bis 24 Monate,
"stravecchio" = 24 bis 36 Monate). Dann hat der Parmigiano-Reggiano seine sechs Millimeter dicke Rinde
voll
ausgebildet und lockt mit einer feinkörnigen, hell- bis strohgelben
Käsemasse, deren würziges Aroma den Feinschmeckern von heute so köstlich mundet wie vor 700 Jahren.