Kunstkäse auf der Tiefkühlpizza? - Ahnungslose Verbra ..
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Info
Er sieht aus wie Käse, schmeckt wie Käse, ist aber kein Käse. Denn beim so genannten "Analog-Käse",
einem Käse-Imitat, wurde das teure
Milchfett gegen billiges Pflanzenfett ausgetauscht. Das ist zwar erlaubt - nur darf man das Produkt nicht
mehr als "Käse" bezeichnen.
So steht es in der deutschen Käse-Verordnung und in der EU-
Verordnung "über den Schutz der Bezeichnung der Milch und Milcherzeugnisse bei ihrer Vermarktung".
Wer das Imitat trotzdem als "Käse" verkauft, täuscht die Verbraucher, macht sich strafbar. Doch der
Preisunterschied lockt: Offenbar verkaufen Pizzabäcker,
Gastwirte und Lebensmittelproduzenten immer häufiger das billige Käse-Imitat - ohne die Verbraucher
genau darauf hinzuweisen.
Analogkäse ist sehr hitzebeständig:
Schätzungsweise an die 100.000 Tonnen Analog-Käse werden jährlich in
Deutschland produziert. Der verträgt bis zu 400 Grad Hitze. Selbst das robuste Teflon schmilzt bei 327
Grad. So können Fließband-Pizzas
doppelt so schnell gebacken werden wie mit echtem Käse, der schon bei 200 Grad anbrennt.
"Ein großer Teil der Fertig-Pizzen enthält bereits unsere Produkte"
sagt Max Wiedemann, Chef des deutschen Herstellers "Jeneil", dessen US.Partner Weltmarktführer für
"Käse-Geschmackskomponenten" ist. Auf
der ANUGA-FoodTec-Messe in Köln stellte Jenil kürzlich den Analog-
Käse vor: Eiweißpulver, Wasser, Pflanzenöl und Geschmacksverstärker
in sechs Variationen werden gerührt und erhitzt. In nur 20 Minuten entsteht eine cremige Masse, die wie
Käse schmecken soll. Die Einkäufer - vor allem aus arabischen Ländern und aus Russland zeigen
sich begeistert. Denn das Produkt ist billig, echter Milchfett-Käse
muss monatelang reifen, kostet viel mehr.
Der Käse-Test:
Auch in Deutschland setzt die Lebensmittel-Industrie den Analog-Käse
zunehmend ein. Das Hessische Landes-Labor in Kassel prüft, ob die
Produkte dementsprechend gekennzeichnet sind. Denn so verlangt es das Gesetz. "Käse muss auch zu
100 Prozent aus Milch hergestellt sein", erklärt der Laborleiter Dr. Hasan Taschan. Wenn aber Pflanzenfett
dazu gemischt wird, dann ist das kein Käse und darf auch nicht so genannt werden. Taschans Labor
kontrollierte Bäckereien, die Käsebrötchen verkaufen. Ergebnis: Von 92 geprüften
enthielten 35 keinen echten Käse.
In Baden-Württemberg prüften amtliche Kontrolleure Gaststätten,
wollten wissen, ob dort den Verbrauchern falscher Käse serviert wird.
"Von den 51 Proben aus dem Bereich Gaststätten, die als Käse oder Schafkäse bezeichnet worden sind,
hatten wir eine Beanstandungsquote von 20 Prozent aufgrund von Pflanzenfett-Beimischungen", erklärt
Laborleiter Dr. Jörg Rau vom Chemischen und Veterinär-
Untersuchungsamt Stuttgart.
"Irreführende Kennzeichnung":
So essen immer mehr Verbraucher Analogkäse, ohne es zu wissen. Bei "Metro" in Berlin findet Frontal21
ein Produkt namens "Gastro-Mix".
Es liegt im gleichen Regal wie echter Käse, eine Verkäuferin spricht auf Nachfrage von "echter Pizza-
Käsemischung". Doch ein Test im
Labor ergab: Der "Gastro-Mix" enthält überhaupt keinen Käse mehr,
sondern nur noch Pflanzenfett.
Bereits vor Wochen hat Frontal21 beim Verbraucherschutzministerium nachgefragt. Damals war das
Problem nicht bekannt. Inzwischen erklärt die Ministerin Ilse Aigner: "Es gibt immer wieder in diesem
Bereich irreführende Werbung beziehungsweise Kennzeichnung. Da gibt's Regeln, da gibt's Gesetze, die
müssen eingehalten werden." Und die würden auch eingehalten, so Aigner weiter. "Wenn sie nicht
eingehalten werden, dann muss der Gesetzgeber dagegen vorgehen, da sind die Länder dafür zuständig,
und ich bin sicher, dass sie das auch tun." Zu wenig Kontrollen:
Doch Gero Beckmann - der Vizepräsident des Deutschen Verbandes
Unabhängiger Prüflaboratorien - warnt: "Den Überwachungsbehörden ist
das Ausmaß des Problems und das Problem an sich überhaupt nicht bekannt." Viel zu wenige
Bundesländer ließen systematisch prüfen.
Dabei werden immer mehr Verbraucher durch Produkte mit Fantasienamen und schönen Käse-Bildern
getäuscht, essen ahnungslos eine Eiweiß-
Wasser-Pflanzenfett-Mischung mit Käse-Geschmack.
Infobox - Information:
Die EU-Parlamentarierin Christa Klaß (CDU) fordert von der EU-
Kommission, "die europäischen Verbraucher objektiv über Lebensmittel zu informieren". Beim Vertrieb von
Analogkäse finde eine "Irreführung des Verbrauchers" statt, da "die werbliche Darstellung #Käse#
vermittelt, jedoch kein Käse verwendet wurde".
: O-Titel : Kunstkäse auf der Tiefkühlpizza? - Ahnungslose
: > Verbraucher - Hersteller täuschen mit Kunstkäse - von
: > Friedrich Kurz