Besinnlich und gesund: Grüner Tee aus China liegt hierzulande voll im
Trend. Die chinesischen Teemanufakturen müssen sich deshalb westlichen Ansprüchen anpassen.
"Ich interessiere mich nicht für die Unsterblichkeit, sondern nur für den Geschmack des Tees", sagte der
taoistische Dichter Lo Tung, genannt der "Teenarr". Damit spricht er auch hierzulande passionierten
Teetrinkern aus der Seele. Unter ihnen wächst die Zahl derjenigen, die immer stärker dem Grünen Tee
zuneigen.
Das hat nicht nur mit dem Geschmack des Grüntees zu tun, der traditionel- lerweise in China dem
grössten Anbauland wie in anderen
asiatischen Ländern zum Essen gereicht wird, sondern auch mit seiner Wirkung. Grüner Tee ist zudem
gesund. 130 Wirkstoffe hat die Wissenschaft inzwischen entdeckt. Er enthält Spuren wichtiger
Mineralstoffe wie Zink, Calcium, Jod, Kupfer, Mangan und Fluor. Durch das fehlende Fermentieren bleiben
dem Grünen Tee wertvolle Substanzen wie die Vitamine der B- und E-Gruppen, aber auch Vitamin C
erhalten. Grüner Tee gilt auch als besonders magenfreundlich: Durch
das Rösten der Grünteeblätter lösen sich mehr Gerbstoffe, wodurch das Koffein stärker als bei Schwarztee
erst im Darm gelöst wird.
Grüner Tee soll sich stärkend auf den Herzkreislauf auswirken, den Blutdruck senken, bei Migräne gut tun,
entwässern, entsäuern sowie der Arteriosklerose und dem Krebs vorbeugen. Für einen Hauptbestand der
Teegerbstoffe wurde in Japan sogar eine tumorhemmende Wirkung nachgewiesen. Wang Jia Yang, der
Vorsitzende des "China International Tea Cultural Institute" in Hangzhou in der Provinz Zhejiang, bestätigt
nicht nur diese Heilwirkungen. Für ihn reichen die positiven Aspekte weit über die Medizin hinaus. "Man
kann sich beim Teetrinken am Geschmack, am Duft, auch an den Farben und an den aufgehenden Blättern
erfreuen." Tee sei ein Mittel zur Herstellung von Kommunikation und Freundschaft "Immer, wenn es darum
geht, dass Menschen sich etwas zu sagen haben, sei es nun in der Familie oder wenn zwei sich lieben
und zusammenkommen, gehört der Tee mit dazu, um sich mit offenem Herzen zu begegnen. Wan Fang
Sheng, der aus den Yellow Mountains in der Provinz Anhui stammende "Künstler" unter den Tee-
Erzeugern, ist überzeugt, dass Grüner Tee "gut gegen die Hitze
ist", gegen die Hitze des Sommers ebenso wie gegen die Hitze des Körpers (Fieber). Wan bindet die
Teesprossen des Grünen Tees seiner Heimat mit Baumwollfäden zu Tee-Blumen, deren Knospe in der
Mitte
beim Aufgiessen des Wassers drei Chrysanthemenblueten freigibt, die langsam aufsteigen. Das ganze sei
mehr ein Kunstwerk denn ein Getränk, so Wan, und nennt seine Erfindung poetisch "Blumen im Frühling".
Einige Teeläden in Deutschland bieten diese Tee-Rosetten
bereits seit kurzem an -zum stolzen Preis von 5,80 Mark pro Rosette.
Wer das Aroma des Grünen Tees in all seinen Facetten geniessen und seine volle Wirkung erleben will,
trinkt erst den zweiten Aufguss und schüttet den ersten weg. Der dient laut der konfuzianischen Lehre "nur
dem Aufwecken der Blätter". Fachleute hierzulande widersprechen dieser chinesischen Zubereitungsart,
weil man mit dem ersten Aufguss die Wirkstoffe ausschütten würde, die sehr rasch nach dem Aufgiessen
der Teeblätter in das Wasser übergehen. Am besten, erklärt Wang Jia Yang vom Tee-Institut, eignet sich
Drachenbrunnenquellwasser, das sei hartes Wasser und nicht weiches, wie hierzulande immer empfohlen.
Ideal für die Zubereitung ist auf 70 Grad Celsius abgekühltes Wasser, Schwarzer Oolong Tee
beispielsweise muss hingegen mit kochend heissem (100 Grad Celsius) Wasser aufgebrüht werden. Auch
wenn es mittlerweile unzählige Sorten von Grüntees gibt - gut sortierte Geschäfte in Deutschland
führen bis zu 60 - im Grunde stammen sie alle von einer Pflanze ab.
So wie auch Schwarztee und Grüner Tee aus derselben Ursprungspflanze herstammen. Sie unterscheiden
sich nur durch die Bearbeitung der Blätter nach dem Pflücken. In den sanft ansteigenden Hügelketten des
Westsees bei Hangzhou, dessen Ufer Pavillons und Teehäuser säumen, wird der weltberühmte
Drachenbrun- nentee, der "Longjing
Cha", angebaut, nach Meinung der Einheimischen der beste Grüntee Chinas. Benannt ist er nach dem
Drachenbrunnen, einer unterirdischen Quelle. Wolkennebel ist ein anderer bekannter Grüner Tee, dessen
Namen aus sich heraus verständlich ist: Er wächst hoch oben auf den
Abhängen des Gebirges in Kiangsi.