_Volle Konzentration_ Der Trend ist eindeutig: die Weintrinker verlangen nach immer mehr
Geschmack und Fülle. Vorbei die Zeiten der Leichtwein-Diskussion.
Unter südlicher Sonne entstehen solche Trend-Weine ganz von selbst -
sollte man meinen. Doch ausgerechnet dort, wo es die Natur ohnehin schon gut meint mit den Trauben,
ausgerechnet von dort kommt die Technik die seit diesem Herbst jetzt auch in Deutschland angewandt
werden darf: die Mostkonzentration. Sie basiert auf der Idee, dass
jeder Wein im Grunde ein Gespritzter ist. Zu 85-90% besteht er aus
Wasser. Wenn man schon dem Most ein wenig Wasser entzieht, dann wird der Wein nachher einfach
kräftiger. Seit 1998 hat es Versuche mit dieser Technik in Deutschland gegeben, jetzt ist sie offiziell
zugelassen.
Zwei Verfahren stehen zur Verfügung: Umkehrosmose und
Vakuumverdampfung - Bei der Umkehrosmose handelt es sich um eine
extrem feine Filtration unter Druck. Dabei werden die Wassermoleküle im Most praktisch durch eine
halbdurchlässige Membran gequetscht. -
Die Vakuumverdampfung wird in der Fruchtsaftindustrie schon lange angewandt um Konzentrate
herzustellen. Bei Unterdruck lässt sich das Wasser schon bei Temperaturen unter 30 oC abdampfen.
Dadurch wird der Most geschont. Trotzdem können bestimmte Aroma-Teile verloren gehen.
_Was ist erlaubt?_ Jetzt dürfen auch deutsche Qualitätsweine so gehandelt werden. Dabei dürfen dem
Most maximal 20% Wasser entzogen werden. So genannte Prädikatsweine, also Kabinett-, Spätlese- und
die verschiedenen
Auslese-Weine dürfen nicht konzentriert werden.
_Was bringt das wirklich?_ Dazu haben die Versuche in den vergangenen vier Jahre einige Erkenntnisse
gebracht: Aus guten Weinen können gute, noch dichtere
gemacht werden. Ob man das besser nennen will, ist eine Frage des persönlichen Geschmacks. Aus
schlechten Weinen werden aber keine guten. Das liegt daran, dass schlechte Weine nicht nur wenig
Zucker haben, sondern meist auch viel harte Säuren oder viel "grasige", grüne Aromen. Die Konzentration
macht das noch intensiver. Sie werden also eher schlechter. Bei Rotwein sind die Ergebnisse besonders
auffällig: die dunklere Farbe und die dichten Gerbstoffe
kommen bei den Testern (Profis wie Laien) gut an. Konzentrierte Weine werden höher bewertet als die
"Orginale".
_Kennzeichnung_ Fehlanzeige! Die Winzer dürfen zwar auf die Technik hinweisen, aber sie müssen nicht.
Argument: es muss ja auch niemand draufschreiben,
dass er Rübenzucker zugesetzt hat. Obwohl das für die meisten Weine zutrifft. Die Folgen sind in einer
Emnid-Umfrage sichtbar: mehr als
die Hälfte der Befragen lehnt die modernen Techniken der Konzentration ab - aber noch mehr Menschen
behaupten, sie würden
keine Weine trinken wollen, die mit Zucker angereichert sind. Junge Menschen sind offenbar viel mehr am
subjektiven Genuss interessiert und lehnen die Verfahren viel weniger ab. Da allerdings Prädikatsweine
nicht konzentriert werden dürfen, haben Verbraucher doch noch eine Möglichkeit sich für oder gegen solche
Technik zu entscheiden.
_Was als nächstes kommt_ Ganz sicher kommen Wood-Chips, also Holzspäne, mit denen auch im
Grosstank das Barrique-Aroma kostengünstig imitiert werden kann. Und
dann die Spinning-Cone-Maschine. Rotierende Kegel übereinander
trennen die einzelnen Bestandteile des Weins. Entwickelt wurde das Verfahren, um den Alkohol zu
reduzieren. Aber es wird heute schon genutzt, um aus einem Teil eines Weines ein Aroma-Konzentrat zu
erzeugen, mit dem der Rest der Menge dann "gewürzt" werden http://www.swr-online.de/kaffee-oder-
tee/tipps-tricks/weinecke/archi
v/2002/10/31/index.html
:Letzte Änder. : 5.12.2002