Ein Tausendsassa als Lebensmittelzusatzstoff: Carrageen (
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Bei den ersten warmen Sonnenstrahlen erwacht die Lust auf Eis. Zwei Bällchen Vanille im Becher - hm!
Erfrischend, ein bisschen süss und
vor allem cremig: das ist der Geschmackseindruck auf der Zunge. Die
frühlingstrunkene Deutung. Tatsächlich ist dieser Eindruck von den grossen Herstellern gewollt und genau
geplant. Eis soll vollmundig schmecken und nicht fettig, es soll zart schmelzen und keine störenden
Kristalle bilden. Dabei helfen sogenannte Stabilisatoren.
Zum Beispiel Carrageen.
_Was ist Carrageen?_ Der Zusatzstoff Carrageen - E 407 - ist als Gelier- und
Verdickungsmittel eine Art Tausendsassa in der Lebensmittelproduktion. Er sorgt zum Beispiel dafür, dass
bei fertigem Kakao flüssige und feste Anteile gut vermischt bleiben und dass sich die Fruchtzubereitungen
im Jogurt gleichmässig verteilen.
Carrageen wird auch bei der Produktion von Speiseeis eingesetzt, weil es Temperaturunterschiede
ausgleicht und die Kristallbildung im Eis unterdrückt. Bei Süssigkeiten verhindert es, dass sich störende
Zuckerkristalle bilden. Carrageen ist ein farbloses Pulver, das in Wasser aufquillt und dabei sein Volumen
vergrössert. Eine Eigenschaft, die Hersteller kalorienreduzierter Lebensmittel schätzen, denn sie löst beim
Essen ein angenehmes, vollmundiges Gefühl aus.
Carrageen stammt von Rotalgen, die im Nordatlantik wachsen. Chemisch gesehen handelt es sich um
einen unverdaulichen Mehrfachzucker, der fast ohne Brennwert ist. Der Zusatzstoff wurde nach der
Grafschaft Carrageen an der Westküste Irlands benannt, wo die Menschen schon vor langer Zeit ihren
traditionellen Milchpudding damit andickten.
Carrageen ist also ziemlich praktisch: Die verschiedenen Bestandteile
eines Lebensmittels bleiben gut vermischt und wir haben beim Essen und Trinken ein angenehmes Gefühl
im Mund.
_Wie wirkt Carrageen im Körper?_ Allerdings gibt es auch Vorbehalte gegen Carrageen. Zum Beispiel,
dass der Zusatzstoff den Körper daran hindert, wichtige Mineralstoffe wie Kalium aus der Nahrung
aufzunehmen. Als unverdaulicher Ballaststoff bindet Carrageen auf seinem Weg durch den Darm
Mineralstoffe an sich, die dem Körper anschliessend nicht mehr zur Verfügung stehen. Zum Problem
könnte das allerdings erst werden, wenn man grosse Mengen Carrageen zu sich nimmt und das sei
unrealistisch, meint die Deutsche Gesellschaft für Ernährung, DGE.
Wie viel Carrageen man täglich essen darf, ohne dass es dem Körper schadet, legt der sogenannte ADI-
Wert fest. ADI steht für "acceptable
daily intake", also die akzeptabel tägliche Aufnahme eines Stoffs.
Für Carrageen hat der Wissenschaftliche Lebensmittelausschuss der EU diesen Wert bei 75 Milligramm
pro Kilogramm Körpergewicht definiert.
Vor zwei Jahren wurde der Wert noch einmal mit Verzehrsstudien überprüft und erneut bestätigt. Es gibt
noch einen zweiten ADI-Wert, nämlich den des Expertengremiums für
Lebensmittelzusätze. Dieses Gremium hat keine konkrete Zahl genannt, sondern sagt lapidar, dass so viel
Carrageen wie nötig und so wenig wie möglich verwendet werden sollte. Das Verdickungsmittel gilt also als
relativ unbedenklich.
In Tierversuchen hat sich allerdings gezeigt, dass der Zusatzstoff die Darmschleimhaut schädigen kann.
Die DGE rät deshalb, dass Menschen mit entzündlichen Darmerkrankungen Carrageen vorsichtshalber
meiden sollten, weil es bei ihnen eventuell die Immunabwehr schwächen könnte. Auch Allergikern wird
empfohlen, auf Carrageen möglichst zu verzichten.
Das ist auch relativ leicht machbar. Bioproduzenten verwenden Carrageen nämlich nur selten, obwohl der
Zusatzstoff auch für Ökolebensmittel zugelassen ist. Auch einige konventionelle Produkte kommen ohne
Carrageen aus; Sahne aus der Flasche etwa. Dort setzt sich der Rahm ab und man muss kräftig schütteln,
bevor man die Sahne schlägt.
In der Zutatenliste, die auf jeder Verpackung steht, muss Carrageen oder E 407 erwähnt sein. Ein Blick
aufs Kleingedruckte lohnt sich also.
O-Titel: Ein Tausendsassa als Lebensmittelzusatzstoff: Carrageen
(Info) http://www.wdr5.de/service/service_gesundheit/464953.phtml