Bei einer Sektprobe kam den Kellermeistern in der Freyburger Sektkellerei "Rotkäppchen" in Sachsen-
Anhalt ein pnckelnder Gedanke.
Nach zehn Proben legten die Gutachter regelmässig eine Pause zur Erholung der Geschmacks-nerven ein
und schlürften zum Ausgleich eine
Tasse Kaffee. Warum also nicht gleich das eine mit dem anderen mischen? Versuchsweise schütteten sie
den Kaffee in den Rebensaft und waren überrascht. Nach einigen Verfeinerungen war ein neuer, nach
Angaben der Kellerei Rotkäppchen "international einmaliger" Schaumwein geboren: die Mocca-Perle. Als
"gelungene Komposition eines
ausgereiften Gärsektes mit hochwertigen alkoholischen Kaffeeauszügen" beschreibt Rotkäppchen ihren
aussergewöhnlichen Dessert-Schaumwein. Tatsächlich schmeckt man das Kaffee-Aroma bei
hohem Zuckergehalt von 60 Gramm pro Liter deutlich heraus und denkt sofort an Zartbitterschokolade. Ein
Stück DDR-Produktgeschichte im
Piccolo. Mit ihrem Mocca-Sekt kamen die Freyburger 1976 noch kurz vor
der DDR-Kaffeekrise heraus. Dann expoldierten Anfang 1977 die
Kaffeepreise an der Londoner Börse und die Bürger des Arbeiter- und
Bauernstaats unter ihrem Wirtschaftslenker Günter Mittag fanden plötzlich in den Regalen der HO-Läden
statt des gewohnten
"Kosta-Kaffees" einen "Kaffee-Mix" aus Roggen, Gerste, Zichorie und
gerösteter Zuckerrübe - im Volksmund als "Erichs Krönung" bekannt.
Der DDR-Brühautomat "Kaffeeboy" kapitulierte jedoch vor der groben
Komposition, und der Versatz konnte sich nicht gegen die krisenbedingt horrend teuren Marken "Rondo"
und "Mona" durchsetzen.
Da die Mocca-Perle aber mit Kaffee-Extrakt angereichert werde, sei
ihre Produktion von dem allgemeinen Engpass unberührt geblieben, erinnert sich der Marketing-Service-
Leiter Wolfgang Wiegandt.