Woran erkennt man als Gast eine modisch orientierte Restaurantküche? Was steht in den Speisekarten
der In-Restaurants gegenwärtig und in
naher Zukunft? Hier eine Übersicht der Trendgerichte und Trendzutaten. Doch Vorsicht! Modische
Restaurants sind wie Modeboutiquen: Stimmt die Qualität nicht, stimmt auch der Umsatz -
früher oder später, eher früher - keineswegs.
Zu den eigentlichen Modeartikeln im gastronomischen Bereich gehören die Sushi. Die gibt's in
Grossstädten inzwischen an jeder Innerstadtecke, und auf dem Lande hat das Sushi-Fieber soeben
angefangen. Sushi, die aus Japan stammenden Häppchen mit dem säuerlichen Reisinhalt, dürfen nie - so
eine japanische Regel - zu
viert als Portion aufgetragen werden. Wenn Sie also vier in Lachs oder Seetang oder Wasauchimmer (das
war deutsch!) eingewickelte Sushi serviert bekommen, müssen Sie vorsichtig sein: Jemand versteht die
Japan-Gastro-Ideologie nicht. Sashimi, ebenfalls aus Japan, zählt zu
den Aufsteigern. Im Original werden dafür lebende Fische ihrer Filets beraubt und beispielsweise mit
Sojasauce roh serviert. Meine Recherchen haben ergeben, dass in der Schweiz keine Lebendfische
aufgeschlitzt werden. Das ist okay, heisst aber auch, dass Sashimi in der Schweiz nicht nach
Originalrezepten zubereitet wird. Was sonst? Neues! Risotto, der gute alte, kommt extremer daher,
Artischockenböden und Tintenfische müssen es sein, die ihn zu einer edlen Beilage machen. Dicke
Morcheln hinein oder grosszügig gehobelte Trüffel.
Möchten Sie etwas über Kerbel oder frischen Koriander lesen? Da liegen Sie bei mir falsch. Die zwei
topmodischen Kräuter mag ich nicht, weil sie mir zu intensiv duften und schmecken. Ich bleibe trotzdem
bei der Würze. Wasabi, der grüne japanische Meerrettich, der schärfer als scharf (und noch schärfer) ist, in
Pastenform oder Pulver angeboten wird, ist ein Renner, den auszuprobieren sich lohnt.
Safran gilt als Saucenkaiser auf der Speisekarte '98, aber nicht, wenn er etwa als Souvenir aus Nordafrika
nach Hause gebracht wird.
Der beste (ungestreckte) stammt aus Mund im Wallis, ist kaum erhältlich und unbezahlbar. Ingwer, frisch
gehobelt, gilt als aktuell, was ich nicht ganz nachvollziehen kann, denn Ingwer in jeder Form empfinde ich
als seifig und grässlich. Doch die Mode hat Vorrang. Zitronengras ist im Kommen, ob frisch oder
getrocknet ist einerlei, Zitronengras muss es sein. Darauf, genauso wie auf Limonensaft, kann man getrost
verzichten.
Endlich absolut Erfreuliches: Ein Blick auf die Speisekarten muss
frischgemachten Kartoffelstock loben, der immer und immer wieder auftaucht. Eigentlich ist es ein Püree,
das oft mit Butter, Rahm und Muskatnuss auf dem Teller erscheint. Welche andere Möglichkeiten purer
Kartoffelstock, pures Kartoffelpüree anbieten, sei der Kreativität der Köchinnen und Köche überlassen. Wie
wär's mit Sellerie, 50 zu 50, mit Randen, 20 zu 80, wie wär's mit Trüffelöl oder frisch gehobelten Trüffeln?
Im In-Bereich liegen, in
alphabetischer Reihenfolge: Balsamico (mindestens zwölf Jahre alt),
Blini (aus Buchweizenmehl; zu Kaviar), Entenbrust, frische oder getrocknete Feigen, Fischtatar,
Glasnudelsalat, Granatapfelkerne über Fleisch und Desserts (Achtung: Flecken gehen nie, nie, wirklich
nie mehr aus), Griessflammeri mit roter Früchtesauce, Honig, lauwarmer Hummersalat. Kräuterquark mit
Sauerteigbrot, Kürbiskernöl aus der Steiermark für Salate und Suppen, Lammcarre, Linsen (am besten:
Puy, die kleinen aus Frankreich), Marzipan in
Desserts (Marzipaneis zum Beispiel), Nusssaucen zu Fisch, Fleisch und Desserts, Olivenöl (das teuerste
aus Sizilien, "in" wie früher Butter), Parmesan (Parmigiano Reggiano oder Grano Padano), Red Snapper
(ein eher trockener Fisch), Rucola (immer ohne Stiele zu verwenden), Rhabarber als Gemüse (stark im
Kommen), Scampi, Shiitake-Pilze, Thunfisch (roh oder als Steak gebraten), getrocknete
Tomaten, Wachteln, Ziegenkäse (gegrillt auf Salaten, ist er schon beinahe out).
Langsam wird's für die Westentasche zu dick. Doch die sechste, immer und immer wieder neu bearbeitete,
aktualisierte und erweiterte Auflage des "Büchleins" des Werbers und Weinfachmanns Ernst Meier (er wird
auch als Weinsnobby bezeichnet) gehört zu den praktischsten der Führer in Sachen Wein. Gerade
Schweizerinnen und Schweizer, die gerne Bescheid wissen über Weine des Aargaus bis hin zu
Zuerichsee-Tropfen, sind gut bedient mit dem in jeder Buchhandlung
für zwölf Franken erhältlichen Büchlein. Doch der Inhalt geht viel, viel weiter: Südafrika ist für Meier kein
Problem, Australien
nicht und das Bordeaux nicht. Soll ich auch die Toskana und Österreich erwähnen? Der
"Westentaschen-Weinkenner" ist ein
hübsches, ausgezeichnet gemachtes Booklet, das vielleicht den Fehler aufweist, dass es, wie anfangs
erwähnt, zu dick ist. Für Zukunfts-Ideenhilfe wäre Ernst Meier, Edelweiss Werbe AG, 8030
Zuerich, bestimmt froh.