In Bayern gilt die Weisswurst - wie das Weizenbier - schon fast als
Grundnahrungsmittel. Meist isst man sie zum Frühschoppen oder zweiten Frühstück, klassisch mit
süssem Senf und Brez#n. Aber auch nördlich des so genannten Weisswurschtäquators wird die kultige
Spezialität immer beliebter. ServiceZeit KostProbe hat bayrische Metzger, Gastwirte und Wurstfans
befragt: Woraus wird die Weisswurst
hergestellt? Wie isst man sie richtig? Welche Beilagen sind "kulinarisch tolerierbar"? Lange Tradition Die
Chronisten können nicht mit Sicherheit sagen, wann "die Königin im Wurstrevier - die schön gekurvte
Tellerzier" (zitiert aus der
Weisswurst-Hymne von Herbert Schneider) - erfunden wurde. Eine der
vielen Geschichten nennt das Jahr 1857. Am 22. September soll der Bierwirt Moser Sepp in seinem
Gasthof "Zum ewigen Licht" die Weisswurst kreiert haben. Auf jeden Fall wurde 1972 per Verordnung
sozusagen ein Reinheitsgebot für die Münchener Weisswurst festgelegt.
Hauptzutat Kalbfleisch Nur nach dieser Rezeptur dürfen "die Münchener Weisswürste" hergestellt werden:
Der Muskelfleischanteil besteht überwiegend aus
Kalbfleisch. Dem entsehnten Fleisch werden gekochte ausgelöste Kalbskopfteile, Haut, Bindegewebsteile
von Kälbern sowie Schwarten von jungen Schweinen zugesetzt. Diese Zusätze dürfen nicht mehr als 10
Prozent betragen. Das Fertigprodukt darf nicht mehr als 25 Prozent Fremdwasser und 30 Prozent Fett
enthalten.
Darüber hinaus hat jeder Metzger hat natürlich sein gehütetes Rezept, das sich vor allem in der Auswahl
der zugesetzten Gewürze unterscheidet. Metzger Ludwig Margraf aus Ebersberg nimmt zum Beispiel
Muskat, Zitrone, Ingwer und Pfeffer. Die frische Petersilie ist ein Muss. Weil die Wurst nur mit Kochsalz
und nicht mit Nitritpökelsalz zubereitet wird, hat sie eine blass graue Farbe.
Niemals braten! Zur Brotzeit eine Weisswurst zu geniessen ist Ausdruck bayerischer Lebensart. Früher -
als es noch keine Kühlschränke gab - galt,
dass die Weisswurst das Zwölfuhrläuten der Kirchturmuhr nicht hören darf. Der Hintergrund: Um sich nicht
den Magen zu verderben,
sollte sie direkt nach der Herstellung verspeist werden. Doch heute kann man sogar in den späten Abend
hinein in Münchener Gasthäusern Weisswürste bestellen.
Wer nicht klassisch eine Brez#n und süssen Senf dazubestellt, dem wird auch Sauerkraut oder
Kartoffelsalat gereicht. Aber nur auf ausdrücklichen Wunsch, betont der Wirt vom Sedlmeier grosszügig.
Selbst Preiselbeeren kann ein Gast zur Weisswurst bestellen. Nur wenn sie gebraten werden soll, hört die
Toleranz auf, warnt der Chef des Münchener Ratskellers.
Schneiden oder zuzzeln? Wer den "Rautenschnitt" beherrscht, outet sich als echter Wurst-Kenner. Auch
alle, die die Weisswurst "zuzzeln" (aussaugen),
beweisen Tradition. Früher gelang bei der Wurstherstellung nämlich nicht immer die Vermischung von
Wasser und Fett, so dass im Schweinedarm die Wurst aus einem festem und einem flüssigem Anteil
bestand. Um eine grössere Schweinerei auf dem Teller zu vermeiden wurde die Wurst nur angeschnitten
und dann ausgesaugt.
Buchtipps: * Peter. M. Lill, Ludwig Margraf Mythos Weisswurst Knürr,
1998 ISBN 3-928432-23-0 Preis: 9,90 Euro * Josef Thaller, Bruno
Hausch Original bayerisch - Bayerische Originale Hädecke, 1988 ISBN
3-7750-0183-2 Preis: 12,40 Euro
Für Münchenreisende ein Tipp: * Kabarettistischer Weisswurstabend
mit Ludwig Margraf und Jörg Maurer in Jörg Maurers Unterton - Infos
im Internet unter: www.unterton.de