_Allgemeines_ Jede Pizzeria hat ihn auf der Karte, aber kaum noch jemand traut sich einen zu bestellen:
Lambrusco. Rot, ein bisschen prickelnd und süss.
Der hatte eine kurze Boom-Phase in den 60ern und 70ern - aber wie so
oft: der kleine Erfolg hat dazu geführt, dass die Anbieter das
grosse Geld machen wollten und damit wurde er schlechter und schlechter. Was folgte war der tiefe
Absturz in der Gunst der Verbraucher. Nur noch im Discount und im untersten Regal wird er verkauft. Aber
Lambrusco hat eigentlich alles, was ein Trendgetränk ausmacht: unkompliziert, nett, süffig und preiswert...
Ausserdem gibt es auch wieder ernsthafte Erzeuger, die sich auf Qualität konzentrieren. Bei ihnen ist der
Lambrusco auch wieder- wie
früher - trocken!
_Die Herkunft_ Lambrusco kommt aus der fruchtbaren Pöbene, aus der Region Emilia-Romagna.
"Lambrusco" bezeichnet aber keinen Ort: der Name
kommt von der Rebsorte, aus der der Wein gekeltert wird - also ganz
wie beim Prosecco! Dabei hat diese Sorte allerdings eine Reihe von Varianten, Klonen, die auch für die
unterschiedlichen Weintypen verantwortlich sind. Diese Reben bringen aber allesamt sehr hohe Erträge.
Es gibt auch eine Reihe von Sub-Zonen, die sich in den Namen der
DOC-Weine wiederspiegeln. Es gibt den Sammelnamen Reggiano Lambrusco
DOC, dann Lambrusco die Sorbara, L. Grasparossa di Castelvetro und L.
Salamino di S. Croce.
_Der Markt_ Es gibt nun wirklich genug Lambrusco auf der Welt: 3 Mio. Hektoliter-
das entspricht einem Drittel der gesamten deutschen Ernte! Das meiste wird derzeit zu klebrig-süssem
Tafelwein verarbeitet und für €
1,49 im Billig-Segment verkauft. Nur ein Achtel ist
Qualitätswein,DOC, aber wird kaum teurer bezahlt. Nur einige, wenige Erzeuger versuchen sich wirklich in
Qualität, bleiben aber auch dabei preislich am Boden. Selbst in Deutschland sind solche "Spitzen-
Lambruscos" kaum teurer als € 5 und immer unter €
10 zu haben.
_Wie Lambrusco gemacht wird Urspünglich wurde Lambrusco noch gärend abgefüllt. Die Gärung ging in
der Flasche weiter und erzeugte das prickelnde Kohlendioxid.
Die Hefe bliebt als Depot in der Flasche. Das ist aber eine ziemlich unkalkulierbare Methode, bei der jede
Flasche anders schmecken kann und die auch ziemlich viel Bruch durch Überdruck zur Folge hat.
Deshalb wird heute der grösste Teil des Weins im Tank durchgegoren.
Dann setzt man Mostkonzentrat oder Most gemeinsam mit Hefen zu und startet damit eine zweite Gärung.
Das entspricht dem grosstechnischen Herstellungsverfahren von Sekt! Der Tank steht dann unter Druck
und dadurch bleibt die Kohlensäure im Wein. So wird er dann auf die Flasche gefüllt. Der Unterschied zum
Sekt: der
Lambrusco hat nur 2,5 Bar Druck - und damit ist er zu "schlapp" und
ist von der Sektsteuer befreit. Er entspricht auch in diesem Punkt genau einem Prosecco Frizzante. Für
die Qualität ist in erster Linie der Most verantwortlich, mit dem diese zweite Gärung gestartet wird. Dabei
zahlt sich hoher Aufwand - gute Filtrierung, schonende
Behandlung, konsequente Kühlung - aus. Heute sind Lambruscos in der
Regel süss, weil ihre Gärung gestoppt wird, bevor aller Zucker vergoren ist. Aber ursprünglich war er
überwiegend trocken. Das ist eine Parallele zu deutschen Weissweinen.
Umgekehrt "helfen" sich die Kellereien im Preiskampf um Zehntel-Cents
mit Massenerträgen, Billig-Mostkonzentraten für die zweite Gärung
und zum Süssen und mit zugesetzter Kohlensäure. Ein eher offenes Geheimnis ist auch, dass Grundweine
schon mal aus den Nachbarregionen eingekauft werden.
Prosecco-Typen: die Landweine sind von unterschiedlichster Qualität
und eher Industrie- als Naturprodukte. Die Qualitätsweine haben im
Idealfall eine Gebietstypische Stilistik. Bei Reggiano darf die Rebsorte Ancellotta zugesetzt werden, sie
sorgt für eine dunklere Farbe. Der Lambrusco Grasparossa di Catelvetro ist schon immer süsslich
gewesen, er hat aber zum Ausgleich kräftige Gerbstoffe.
Der Sorbara ist hell, trocken, frisch und eher säurereich. Also ganz anders, als die Pizzeria-Klientel ihren
Lambrusco erwartet.