Wein aus dem Fass war jahrtausendelang der Normalfall. Flaschen waren zu teuer für den allgemeinen
Gebrauch. Das hat sich gründlich geändert: irgendwann müssen alle Weine heute in die Flasche
umziehen.
_Der richtige Zeitpunkt_ Früher lagerten Weine sehr lange im Fass. Allerdings mehr aus Not denn aus
guten Gründen. Erst nach langer Lagerung und mehrfachem Umfüllen hatten sich alle Trübungen wirklich
abgesetzt und waren entfernt worden. Seit es Schönung und Filter gibt, ist das nicht mehr nötig. Die Weine
könne frischer gefüllt werden. Dadurch bleiben viele Fruchtaromen besser erhalten. In der Regel wird heute
nach Neujahr bis etwa in den Sommer des auf die Ernte folgenden Jahres gefüllt. Die Weine müssen
allerdings "fertig" sein, d.h. so weit entwickelt, dass sie Reifepotential für die Flasche haben. Sie sollten
nicht "fertig gemacht" sein, also à la primeur im Eilverfahren vergoren, stabilisiert und haltbar gemacht
worden sein.
Das beeinträchtigt ihre Lagerfähigkeit dann schon. Gefüllt wird aber auch nach praktischen
Gesichtspunkten: früher, wenn einfach
kein Flaschenwein mehr da ist, später, wenn das Flaschenlager voll ist oder wenn es wirtschaftlicher ist zu
warten, bis ein paar Partien gemeinsam gefüllt werden können.
_Die Vorbereitung_ Der Wein muss vor der Füllung jedenfalls chemisch und physikalisch stabil sein.
Schliesslich soll er in der Flasche weder trüb werden, verderben noch nachgären.
Deshalb werden die Weine filtriert und/oder so behandelt, dass Eiweisse z.B. ausgefällt werden. Damit
sich in der Flasche später kein Weinstein bildet (der zwar ungefährlich aber bei Weintrinkern nicht beliebt
ist), wird der Wein für einige Tage auf minus vier Grad gekühlt. Dann fällt der Weinstein (Kaliumtatrat)
schnell aus und kann abgefiltert werden. Entsäuerung, Schönung und Schwefelung müssen so rechtzeitig
gemacht werden, dass der Wein danach noch Zeit hat, die Eingriffe zu verarbeiten. Falls der Wein mit
Süssreserve (Traubensaftzusatz) gesüsst wird, muss auch das vorher passieren.
Damit keine Nachgärung stattfindet, müssen die Flaschen sterilisiert sein, die Korken und die Anlage auch.
Ganz auf Nummer Sicher gehen Winzer mit einer Warmfüllung. Dabei wird der Wein im Plattenerhitzer auf
etwa 55 Grad erhitzt und warm in die Flaschen gefüllt. Rotweine werden dadurch schneller trinkbar, bei
Weissen besteht die Gefahr, dass die natürliche Kohlensäure verloren geht und die Weine matt und müde
werden. Allerdings wird häufig bei der Abfüllung ohnehin Kohlensäure zugesetzt. Vor allem bei
Weissweinen. Sie lässt die Weine knackiger und frischer wirken. Mindestens für die Warmfüllung braucht
man einen Vakuum- oder Druckfüller. Solche Anlagen haben
viele kleinere Winzer nicht. Sie nutzen die Dienste von mobilen Abfüllern. Diese ziehen mit ihrer kompletten
Anlage auf einem Lastwagen oder Anhänger von Betrieb zu Betrieb und füllen gegen eine stundenweise
Mietgebühr.
_Der Füllschock_ Wer einen Wein direkt nach dem Füllen probiert, der wird oft feststellen, dass der
schlechter schmeckt als noch kurz vorher aus dem Fass. Der Wein ist "füllkrank". Bewegung, Wärme,
unvermeidlicher Kontakt mit Sauerstoff: das strapaziert den Wein.
Ausserdem wird beim Füllen meistens noch einmal Schwefeldioxid zugesetzt, um ihn vor dem Luftkontakt
zu schützen. Das riecht man.
Erst muss der Wein wieder zu sich finden, seine Bestandteile sozusagen neu ordnen. Der Schwefel z.B.
wird zu Sulfat umgebaut und der Geruch normalisiert sich wieder.
_Etikett_ Auf dem Etikett muss der Abfüller angegeben werden, wenn er nicht mit dem Erzeuger identisch
ist. Wenn ein Winzer seinen Wein in einen anderen Betrieb oder ein Kellerei fährt, um ihn dort füllen zu
lassen, dann muss zumindest draufstehen: "abgefüllt für..". Wenn
ein Winzer eine mobile Füllanlage auf den Hof kommen lässt und die Füllung selbst überwacht, dann muss
er das nicht gesondert vermerken. Seine Weine darf er dann trotzdem als "Erzeugerabfüllung" verkaufen.
D.h., dass der Wein auf dem eigenen Betrieb gewachsen, ausgebaut und abgefüllt worden ist. Für
"Gutsabfüllung" (Weinbau-Ausbildung des Betriebsleiters ist Pflicht) und
"Schlossabfüllung" (Betriebssitz in einem denkmalgeschützten Gebäude) gelten weitere Auflagen.