Frauen und Tee: eine Geschichte der Emanzipation (Info)
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_Die Vorreiterinnen_ Die Salons haben ihren Ursprung in Frankreich. In Deutschland wurde der Begriff in
"Mittwochsgesellschaft" oder "Teegesellschaft" umgewandelt. Frauen wie Rahel Levin aus Berlin und
Henriette Herz waren die Wegbereiterinnen für die Selbständigkeit der Frau. Sie begannen einen Salon in
ihrem Haus zu führen. Dabei standen immer sie im Mittelpunkt dieser Treffen. Die Dame selbst hatte die
Idealmerkmale einer Gastgeberin: sie verstand sich als Mittlerin, war
wohlhabend, hatte Witz und Geist. Sie stiftete eine kultivierte Atmosphäre mit leicht erotischer Note,
provozierte amüsante Gespräche und erzeugte ein Wohlbehagen für jeden Einzelnen. Als Gäste lud sie
berühmte Dichter, Politiker und Gelehrte aus ihrer Zeit ein. Auch war es Sitte, der Dame der
Teegesellschaft ein Kompliment zu bringen in Form eines Gedichts, einer Komposition oder irgend einer
Artigkeit.
_Warum gerade Tee?_ Als Gesprächsthemen stand die Kultur, die Kunst aber auch gerade vielfach die
Politik im Mittelpunkt des Interesses. Diese für die geschichtliche Entwicklung zuträglichen Gespräche
fanden zumeist bei einer Tasse Tee statt. Tee gerade deshalb, weil man Gäste im Hause haben wollte, die
an den Teegesellschaften teilnahmen wegen der Gespräche und zum Alkoholgenusse kommen. Tee galt
als Getränk der Denker und Geistesgelehrten, der Intellektuellen. Vielfach beliebt war gerade der Grüne
Tee.
_Die Teesalons_ Die Teesalons in Berlin hatten eine grosse Wirkung auf Politik und Gesellschaft. Die
Teegesellschaft galt als Begegnungsstätte, hier trafen sich Menschen aller Klassen und Stände. Die
Räume fungierten als Grundlage der weiblichen Emanzipation, die jenseits von Normen und männlichen
Regeln stattfinden konnte. Diese Zusammenkünfte beim Tee waren nie Clubs oder Vereinen oder
irgendwelchen Machenschaften unterstellt. Sie waren immer Freiräume im Denken und Sprechen.
_Tee, und was dazu?_ Zum Verzehr wurde hauptsächlich nur Tee angeboten. Dieser wurde oft auch in
englischem Porzellan gereicht, da die englische Mode dort sehr beliebt war. Bei grossen Teegesellschaften
gab es auch etwas mehr zu Essen, aber nie komplette Menüs, sondern Backware und Kuchen oder auch
Salziges. Bei kleinen Teekränzchen gab es nur etwas Brot oder kleine Gebäckstücke. Oft war es später
auch für viele schwer zu finanzieren, da durch gesellschaftliche Veränderungen der Geldbeutel schmaler
wurde und trotzdem der Hang zum unabhängigen Treffen geblieben ist. Das Möbelstück "Teetisch", das
man in der feinen Gesellschaft hatte, war ein wunderschöner mit Intarsien verziertes Tischchen, oft aus
Hölzern die aus Tropischen Ländern eingeführt wurden.
_Mut beweisen_ Die Salons in Berlin sind leider nicht mehr vorhanden. Sie sind mit den grossen
Salonières ausgestorben. Doch sollten wir Frauen heute ruhig einmal an diese Zeit denken und auch
dankbar für die Entwicklung unserer Frauengeschichte sein. Als kleine Begebenheit können wir uns
vorstellen, wie anrüchig es war, als das erste Mal Ende des 19Jhs. eine junge Gräfin zu einer solchen
Teegesellschaft mit einem Rock, der die Knie freiliess, erschien. Sie hatte den Mut gefunden, den Mopp
und angestaubten Kleidungsstil der anderen Damen zu durchbrechen.
_Ostfriesische Teegesellschaften_ In Ostfriesland spielten die Teegesellschaften schon Mitte des 18.
Jahrhunderts eine Rolle. Auch dort trafen sich Männer und Frauen, um über Politik und Gesellschaft zu
reden. Auch dort bestimmte die Hausfrau die Regeln und Gebräuche am Teetisch. Die Frau hatte mit der
Einführung des Produktes Tee eine Möglichkeit, ihre "Gesellschaft" einzuladen. Sie bestimmte wann, wo
und mit wem eine Gesellschaft abgehalten wird. Sie bestimmte und führte das Wort, war Gastgeberin und
Autoritätsperson. Auch heute ist es noch Sitte und Anstand in vielen Regionen in Ostfriesland solche
Teegesellschaften zu geben. Die Hausherrin in der Familie trägt noch heute das Ritual der Obrigkeit, wenn
es um den Tee und die damit verbundenen gesellschaftlichen Normen geht.
_Die Teegesellschaft heute_ In Berlin gibt es aber auch heute wieder die schöne Sitte, zum Tee zu laden.
Nicht nur, dass die Kultur der Berliner Salons eine Renaissance erlebt. Auch unser Bundespräsident Horst
Köhler und Gattin laden ihre Gäste ins Schloss Bellevue meist zum Tee.
Autorin: Anne Leppert Expertin im Studio: Gisela Buss, Teemuseum Leer