Die hier wiedergegebenen Informationen stammen aus der 18. Auflage des Buches aus dem Jahre 1844.
MESSEN: Schliesslich sei noch darauf
aufmerksam gemacht, dass bei den Kochrezepten, soweit dies möglich, die Angabe der Bestandteile
anstatt nach Gewicht, nach Litermass gemacht ist, und würde es deshalb zweckmässig sein, wenn man
sich in der Küche mit einem halben, einem viertel und einem achtel Litermass versehen wollte. 1) Da eine
gute Sauce den Wohlgeschmack der Speisen sehr erhöht und dieselbe auch einem einfachen Gerichte die
rechte Würze verleiht, so sollte die Zubereitung derselben nicht oberflächlich behandelt werden. Zunächst
ist zu beachten, dass zur Bereitung der Saucen eine kleine, tiefe, recht saubere Pfanne und ein
mittelmässiges Feuer erdorferlich ist. Das Mehl muss, ehe die Flüssigkeit dazu kommt, in vorher
heissgemachtem Fett oder heisser Butter so lange gerührt werden, bis es sich hebt und kraus geworden
und eine gelbliche Farbe angenommen hat, zu braunen Saucen, die dasselbe braun geworden, wobei man
beständig rühre muss, damit es nicht brenzlich werde. Dann lasse man das Mehl etwas abkühlen und
rühre es mit kochender Bouillon oder Wasser glatt, so dass es nicht klümperig werde. Men kann dabei im
allgemeinen auf 1/2 Liter Sauce einen gehäuften Esslöffel Mehl zum Binden rechnen; ein ganz genaüs
Verhältnis lässt sich nicht bestimmen, da dieses immer von der Beschaffenheit des Mehles abhängt, man
beachte nur, dass die Sauce nach ihrer Art mehr oder weniger begunden und nciht breiig sei. An der
nötigen Würze darf man es ebenfalls nciht fehlen lassen, man rechte sich hier nach eigenem Geschmack
und Ermesse, doch darf kein Gewürz, ebensowenig Salz oder Essig auffallend hervorschmecken. Auch ist
ein kräftiger Geschmack die hauptwürze an einer Sauce, besonders zu Fleischspeisen, und kann man, wo
diese fehlt, am besten durch Liebigs Fleischextrakt, der messerspitzenweise angewandt wird, wie dieses
schon bei Fleischspeisen erwähnt wurde, oder durch einige Tropfen Maggiwürze nachhelfen. Wünscht man
eine Sauce mit Butter zuzubereiten, so dient es nicht allein zur Ersparnis der Butter, wenn man einen Teil
derselben erst beim Anrichten durch die Sauce rührt, sondern es macht dies Verfahren dieselbe auch feiner
und angenehmer.
Das Abrühren von Eidottern oder einem ganzen Ei gescheh, wie es bei Suppen angegeben, ebenfalls beim
Anrichten der Sauce. Man rühre dasselbe mit einem Esslöffel kaltem Wasser flüssig und füge unter stetem
Rühren nach und nach die Sauce hinzu. Falls man Sauce, an welche Essig gebraucht wird, in einem
eisernen Topfe kocht, ist es besser, den Essig erst beim Anrichten hinzuzufügen.
2) Sauce zu einem gekochten Huhn. Man lässt ein Stückchen Butter oder Palmin heiss werden, rührt
einen Essöäffel ganz feines Mehl darin, bis das Ganze sich hebt und kraus wird, doch muss es ganz hell
bleiben, gibt 1/2 Liter Hühnerbouillon, etwas Salz, falls die Bouillon schwach gesalzen ist, ein Stückchen
Bluete und etwas Zitronenschale daran und lässt alles zusammen zu einer stark gebundenen Sauce
kochen. Man rührt dieselbe beim Anrichten mit 2 Eidottern, nach Blieben auch mit etwas Zitronensaft ab.
3) Braune Sauce mit Fleischextrakt. Einige fein geschnittene Zwiebeln werden in gutem Bratenfett gelb
geschmort und 1-2 EL Mehl darin braun
gerührt. Dann wird soviel kochendes Wasser, als man Sauce zu haben wünscht, dazu gegeben, sowie das
nötige Salz, etwas Pfeffer, einige Nägelchen (Nelken), 1-2 Lorbeerblätter, und wenn man will, auch
etwas Zitronenschale zugefügt. Man lässt dieses zu einer sämigen Sauce kochen und gibt noch soviel
Fleischextrakt hinzu, dass sie wie eine kräftige Bratensauce erscheint.
4) Sauce zu einer Zunge oder Rindfleisch. Man lasse etwas feines Bratenfett heiss und 2EL Mehl nebst
einigen feingeschnittenen Zwiebeln damit gelb werden, verrühre dieses mit 1/2 Liter kochenden Wassers,
gebe das nötige Salz, eine Messerspitzevoll gestossenen Pfeffer, nach Belieben auch etwas
Zitronenschale und ein kleines Büschelchen Dill dazu und lasse die Sauce recht gar und sämig kochen.
Kurz vor dem Anrichten füge man noch einige in Würfel geschnittene Senfgurken oder einige Perlzwiebeln
hinzu und rühre, wenn die Sauce fertig ist, noch etwas Butter und eine Messerspitze Zucker durch.
5) Rosinensauce. Man lasse ein Stückchen Butter heiss werden, mache darin 2 feingeschnittene Zwiebeln
und 2EL Mehl und ein Stückchen Zucker hellbraun und rühre dieses mit etwa einem Liter kochender
Zungenbrühe, Bouillon oder Wasser und einem Glas Rotwein zu einer gebundenen Sauce, gebe etwas
Salz, ein Stückchen Zitronenschale, eine reichliche Handvoll Rosinen hinein und lasse die Sauce gelinde
kochen, bis die Rosinen weich geworden sind. Durch eine Messerspitzevoll Fleischextrakt verbessert man
die Sauce sehr, auch gibt man derselben beim Anrichten durch etwas Zitronensaft oder ein sehr kleines
Stückchen krystallisierter Zitronensäure (so gross etwa wie eine halbe Haselnuss) einen angenehmen
säuerlichen Geschmack; in Ermangelung wird etwas Weinessig genommen. Diese Sauce eignet sich
besonders gut zum Durchstoven von Zunge.