Die Franzosen waren das Vorbild: Grand Cru - grosses Gewächs - ist
bei denen der höchste Qualitätsbegriff in Burgund; "Premier Cru -
erstes Gewächs - heisst die höchste Bezeichnung im Medoc, "Grand
Cru Clasée" in Saint Emilion, "Premier Cru Superieur" in Sauternes,..
eine Fülle von ähnlichen und doch nicht gleichen Bezeichnungen. Das Konzept dahinter: nach romanischer
Vorstellung sind die Lage und das
Weingut bestimmend für die Qualität eines Weines. Man spricht von der "geborenen Qualität", denn was in
einem bestimmten Weinberg wächst, hat Anrecht auf die hohe Auszeichnung, ganz unabhängig davon, wie
der Wein schmeckt. In Deutschland gab es dagegen das Konzept der "Qualität im Glas". Ein Wein sollte
nur beurteilt werden nach dem Geschmack - ganz egal woher er kommt und wer ihn gemacht
hat. Das klingt demokratischer, hat aber den Nachteil, dass das dahinter stehende Qualitätssicherungs-
System faktisch vor allem den
Durchschnitt fördert. Die Spitze hat es schwer, sich davon noch abzuheben. Deshalb haben Winzer mit
höheren Ansprüchen schon lange versucht, das französische System zu integrieren. Erste Ansätze für eine
Klassifizierung der Lagen gab es schon vor 20 Jahren. Sie konnten sich in vielen Fällen auf alte Steuer- und
Lagekarten
stützen.
Die rechtliche Absicherung war ausgesprochen schwierig. Lediglich im Rheingau gab es ab 1999 Weine,
die die Bezeichnung "Erstes Gewächs" auf dem Etikett führen durften. Seit 2002 haben die Winzer, die im
Verband der Prädikatsweinerzeuger VdP zusammengeschlossen sind, dann die ersten "Grossen
Gewächse" für die wichtigsten restlichen Gebiete vorgestellt. An der Mosel wird 2003 die "Erste Lage"
ebenfalls VdP- intern eingeführt.
_Richtlinien_ Voraussetzung für einen solchen Wein ist in jedem Fall, dass er aus einem Weinberg
stammt, der als erstklassig klassifiziert ist. Dazu kommen weitere qualitätssichernde Vorschriften, wie z.B.
niedrige Erträge, Handlese, hohe Mostgewichte.
Ausserdem müssen die Weine aus wenigen klassischen Rebsorten gemacht sein und auch einer Einzel-
Geschmacksprüfung standhalten (damit
versucht man die Nachteile des französischen Systems zu vermeiden).
Solche Weine sind in jedem Fall trocken! Edelsüsse Tropfen werden weiter unter den Lagenamen mit der
klassischen Qualitätsbezeichnung vermarktet (z.B. Trockenbeerenauslese oder Eiswein), um eine klare
Abgrenzung zu bieten. Nur an der Mosel und im Rheingau ist das anders.
Die Richtlinien sind in den einzelnen Gebieten unterschiedlich.
Insofern konnte der VdP seine Absicht nicht durchsetzen, mit diesem Konzept für mehr Klarheit und einen
einfacheren Zugang für die Verbraucher zu sorgen. Allerdings ist das ja in Frankreich ganz ähnlich.
_Die Spitze der Pyramide_ Das Konzept der Grossen Gewächse oder Ersten Lagen stellt nur die Spitze
eines gesamten Qualitätskonzeptes dar. Darunter rangieren "klassifizierte Lagenweine", das sind Weine,
die aus Lagen stammen, die zwar nicht erstklassig sind, aber dennoch einen guten und klaren
Lagencharakter hervorbringen können. So dass es also lohnt, sich den Lagenamen zu merken. Alle übrigen
Weine werden unter dem Namen des Weinguts und der Sorte oder unter dem Ortsnamen, aus dem sie
stammen, etikettiert. Das ist sozusagen die Standardqualität.
_Erkennungszeichen_ Im Rheingau ist der Begriff Erstes Gewächs ja weingesetzlich geregelt und darf
deshalb offiziell geführt werden. Das Zeichen sind drei romanische Bögen auf schwarzem Grund und an
deren Basis der Schriftzug "Erstes Gewächs". Der VdP verwendet eine 1 mit einem kleinen Traubensignet
als Erkennungszeichen und erklärt in der Regel auf dem Rückenetikett, dass es sich um einen Wein aus
einer Lage handelt, die nach den Regeln des Verbands als Grosse Lage ausgesucht worden ist.
Der kleine Unterschied: Weine mit den genannten Bezeichnungen sollen
im Idealfall die Eigenart eines Weinbergs, das Terroir, zum Ausdruck bringen. Das unterscheidet sie z.B.
von trocknen Spitzenweinen mit der allgemein zugelassenen Bezeichnung "Selection". Faktisch scheint es
mir so, dass die Selectionsweine in der Regel wuchtiger, fülliger sind. Die Grossen Gewächse (u.ä.) in der
Tendenz eher feingliedriger.